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BaFin bekämpft Kostenexzesse bei Lebensversicherern

BaFin geht Exzesse im provisionsgestützten Vertrieb an
Merkblatt zu kapitalbildenden Lebensversicherungen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat kürzlich ein Merkblatt zu kapitalbildenden Lebensversicherungen veröffentlicht.

Zu kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten in diesem Sinne werden hier (klassische und fondsgebundene) Lebensversicherungsprodukte mit Sparkomponente gezählt.

Hier geht es zur Pressemitteilung der BaFin.

Hier geht es zum „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ .

 

BaFin-Merkblatt – wozu?

Mit ihrem Merkblatt möchte die BaFin (eigentlich) sicherstellen, dass kapitalbildende Lebensversicherungen

  • einen angemessenen Kundennutzen bieten und
  • Interessenkonflikte beim Vertrieb dieser Produkte vermieden werden.

 

So sagte der BaFin-Exekutivdirektor der Versicherungsaufsicht Dr. Frank Grund:

Es geht darum, Exzesse im provisionsgestützten Vertrieb zu verhindern.“

Na denn! Wenn es schon kein Provisionsverbot gibt, dann zumindest keine Exzesse mehr…

Aber keine Sorge – millionenteure Einladungen von Robbie Williams und anderen Sternchen bei DVAG und ähnlichen sind hiervon nicht betroffen. Das sind keine Exzesse, sondern Fortbildungsaufwendungen, die in die Verwaltungskosten eingehen dürfen…  🙁

 

Bemerkenswert ist, dass die BaFin ganz klar die Interessenkonflikte im provisionsbasierten Vertrieb anspricht:

„Dem Interesse des Versicherungsvermittlers an der Provision für den Vertragsabschluss steht das Interesse des Kunden gegenüber, bestmöglich beraten zu werden.“

 

Die BaFin formuliert in ihrem Merkblatt:

„Ein Fehlanreiz kann sich also auch aus der Höhe einer Provision für den einzelnen Vertragsabschluss ergeben.“

… und spricht konkret Abschlussprovision sowie Bestandsprovision/Folgeprovision an sowie Stornoquoten und die Erreichung bestimmter Verkaufsvolumina u.ä.

BaFin-Merkblatt Provisionen

 

BaFin-Merkblatt – für wen?

Das Merkblatt richtet sich an Versicherungsunternehmen, die kapitalbildende Lebensversicherungsprodukte in Deutschland vertreiben. Die BaFin möchte also in- als auch ausländische Lebensversicherungsunternehmen erreichen. Inwieweit sich diese hehren Erwartungen der BaFin erfüllen, wird sich zeigen.

Die BaFin will vor allem die Versicherer näher prüfen, bei denen

  •        die Effektivkosten im Branchenvergleich sehr hoch sind bzw.
  •        die Aufwendungen für Versicherungsvermittler auffällig hoch sind.

Bei drei Unternehmen hat die BaFin nach eigenen Angaben bereits mit einer Prüfung begonnen. Sie hat für dieses Jahr sechs weitere Unternehmen bestimmt, die sie ebenfalls näher prüfen wird. Ach, wüssten wir alle doch so gern, welche das sind…  🙂

 

Was soll geprüft werden?

Achtung: Eine Produktregulierung erfolgt nicht. Die BaFin prüft letztlich (nur), ob die Vorgaben des Merkblatts beachtet werden.

Nach deren Vorstellung sollen bei den kapitalbildenden LV-Produkten folgende Punkte geprüft[1] werden:

  • die Art und Weise der Prämienkalkulation
  • die Art und Weise der Durchführung der Überschussbeteiligung
  • Vertriebsvergütungen (Provisionen, Gebühren, Entgelte oder sonstige Zahlungen, wirtschaftliche oder nichtfinanzielle Vorteile oder Anreize) und Interessenkonflikte
  • bei fondsgebundenen LV die Fonds, die der Kunde wählen kann
  • bei fondsgebundenen LV, die Rückvergütungen von Fondsgesellschaften an das Versicherungsunternehmen sowie dessen Vertriebspartner
  • bei fondsgebundenen LV, das Portfoliomanagement während der Vertragslaufzeit (Auswahl und gegebenenfalls Umschichtung der Fonds)
  • bei Rentenversicherungen das Verhältnis zwischen dem am Ende der Ansparphase zur Verfügung stehenden Kapital und den vom Kunden voraussichtlich bezogenen Rentenleistungen
  • die Beachtung von Nachhaltigkeitszielen
  • die vertraglichen Optionen und Serviceleistungen des Versicherungsunternehmens

 

Was heißt „angemessener Kundennutzen“?

Die Lebensversicherer sollen gemäß BaFin einen angemessenen Kundennutzen ihrer Produkte gewährleisten.

BaFin-Merkblatt angemessener Kundennutzen

Das heißt, die LV-Anbieter müssen bestimmen, welches ihre Zielkunden (Zielmarkt) sind. Die LV-Produkte müssen den Bedürfnissen dieser Kunden entsprecheninsbesondere die erwarteten Renditeziele mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erreichen.

Und zwar hinsichtlich des

  • nominalen Anlageerfolgs (positive Rendite nach Kosten) und
  • realen Anlageerfolgs (positive Rendite nach Kosten und Inflation).

Achtung: Für die positive Rendite nach Kosten und Inflation sagt die BaFin, dass bei langfristigen Verträgen das mittelfristige Inflationsziel der Europäischen Zentralbank als angenommene Inflationsrate gelten kann. – Doch dieses liegt bei nur 2% p.a.! Mit Blick auf derzeitige Inflationsraten dürfte das für einen LV-Kunden zu keinem wirklich realen Anlageerfolg führen.

Das Merkblatt zieht viele weitere Punkte in Betracht, so die „Stornoerwartung“, „Nettoprodukte“ und nicht zuletzt den sogenannten „sicherheitsorientierten“ Kunden, für den statt der Rendite der Wert einer Garantie im Vordergrund stehen soll.

 

BaFin-Merkblatt – und nun?

Uneingeschränkt glücklich bin ich über dieses Merkblatt nicht. Aber es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt auf einem noch sehr langen Weg!

Aus guten Gründen halte ich kapitalbildende Lebensversicherungen für ein grundsätzlich ineffizientes Instrument. Daher die Empfehlung:

Trennen Sie Versichern und Sparen!

Egal ob Lebens- oder Rentenversicherung. Egal ob mit oder ohne Garantie. Die drei wichtigsten Worte sollten für Sie sein: Nein, nein, nein. Keine Lebens- oder Rentenversicherungsverträge bitte!

Gehen Sie gerne zu einem Versicherer, wenn Sie ein für Sie wichtiges Risiko, z.B. frühzeitiger Tod, Berufsunfähigkeit, Haftpflicht, Hund, Pferd, Krokodil oder ähnliches absichern wollen. Versicherer sind keine geeigneten Institutionen für Ansparprozesse.

 

Allein 3 Leseempfehlungen für die Gründe dafür finden Sie hier:

 

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Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!

 

[1] „Prüfung und Feststellung des angemessenen Kundennutzens für den Zielmarkt im Rahmen des produktindividuellen Produktfreigabeverfahrens und der fortdauernden Produktüberwachung“

 

Erschienen am 26. Mai 2023.
Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.

 

 

2 Gedanken zu „BaFin bekämpft Kostenexzesse bei Lebensversicherern“

  1. Vielleicht sollte die BAFIN erst einmal gegen Exzesse bei ihrem eigenen Namen vorgehen. M.E. ist es irreführend von einer FinanzdienstleistungsAUFSICHT zu reden, deren Präsident traditionell aus dem Finanzsektor kommt und nach seiner/ihrer Tätigkeit auch wieder dahin zurückstrebt. Hier wäre es im Hinblick auf Interessenkonflikte und Kundennutzen ehrlicher von einer Bundesanstalt für FinanzdienstleistungsBETREUUNG (BaBet) zu reden, oder?

    Antworten
    • Lieber Gabriel Hopmeier, ich schätze Ihren Sachverstand – und Ihren Humor. BaBet – you made my day, vielen Dank.
      Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

      Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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