Liste: §34h GewO Honorar-Finanzanlagenberater
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Schwäbisch Hall und LBS – 12 Bausparverträge waren 12 zuviel

Schwäbisch Hall und LBS

12 Bausparverträge waren 12 zuviel

 

Mein Name ist Kevin Kronauer. Ich verfolge meine Passion für finanzielle Bildung und Gerechtigkeit sowohl als Honorar-Finanzanlagenberater nach §34h Abs.1 GewO und -Versicherungsberater nach §34d Abs. 2 GewO sowie als Stiftungsdozent. Der Sitz meines Unternehmens finsparent Honorarberatung ist in Heppenheim.

 

Einleitung

Sicherlich haben Sie auch schon mal den Spruch „viel hilft viel“ gehört. Bei Finanzprodukten ist dies allerdings meist ein schlechtes Motto. Zumindest für die Kundinnen und Kunden.

Entsprechend staunen musste ich, als ich die Unterlagen einer Mandantin gesichtet – und darin nicht einen, nicht zwei, nein: zwölf (!) Bausparverträge entdeckt habe. Aber fangen wir von vorne an.

 

Ein ungutes Gefühl

Ein Mandant fragte mich, ob ich einmal über die Finanzen und Versicherungen seiner Mutter schauen könnte. Er habe da schon immer ein ungutes Gefühl. Aber seine Mutter hatte sich bis jetzt immer auf den Bekannten aus dem Freundeskreis verlassen. Der sei Versicherungsmakler und regele das alles für sie. Jetzt sei dieser Bekannte aber in Rente gegangen. Daher bräuchte die Mutter ohnehin einen neuen Berater.

Das erste Treffen mit der Dame, schon seit ein paar Jahren Rentnerin, war sehr freundlich. Entgegen den Befürchtungen ihres Sohnes freute sie sich regelrecht, dass ihr jetzt einmal jemand einen strukturierten Überblick verschaffte. Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie diesen nämlich verloren.

 

12 Bausparverträge

Nachdem ich alle ihre Finanz- und Versicherungsorder erhalten hatte, begann ich, die gewünschte Übersicht über ihre finanzielle Gesamtsituation zu erstellen. Den Gesamtüberblick kann ich aus Platzgründen hier nicht darstellen Die zwölf Bausparverträge aber schon!

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Sofern Sie Ihr Wissen zu Bausparverträgen nochmal auffrischen möchten, finden Sie am Ende des Beitrags den Exkurs „Was Sie über Bausparverträge wissen sollten“.
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Bekannte Bausparkassen in Deutschland sind die Schwäbisch Hall, die LBS und die BHW. Diese werden vor allem über die

  • Volksbanken (Schwäbisch Hall),
  • Sparkassen (LBS) und
  • die Deutsche Bank (BHW)

vertrieben.

Die Bausparverträge meiner Mandantin stammen ausschließlich von der Schwäbisch Hall und der LBS. Sie wurden ihr alle über die Hausbank/en vermittelt.

Begonnen hat die Sammlung an Bausparverträgen meiner Mandantin im Jahr 1992 mit der Schwäbisch Hall. Elf weitere Bausparverträge später endete die Sammlung dann schließlich im Jahr 2020.

In Summe wurden 97.700 DM und 220.000 Euro Bausparsummen vermittelt. Für diese hat die Mandantin allein ca. 2.600 Euro reine Abschlussgebühren gezahlt. Die Darlehensphase der Bausparverträge hat die Mandantin nie in Anspruch genommen.

Die 12 Bausparverträge auf einen Blick:

12 Bausparverträge auf einen Blick

 

Um die bestehenden Lücken zu füllen und mögliche Umwandlungen oder Tarifwechsel zu identifizieren und damit Doppelzählungen zu vermeiden, wurden die LBS und Schwäbisch Hall schriftlich kontaktiert. Die Antworten führten aber inkl. der aktuellen Kontoauszüge des Girokontos der Mandantin nur dazu, dass wir identifizieren konnten, welche Bausparverträge im September 2020 noch existierten.

Das mag für einige von Ihnen banal klingen. Allerdings hatte die Mandantin auch diese Übersicht nicht. Das stimmt mit meiner überwiegenden Beratererfahrung überein – einen Gesamtüberblick gibt es oft nicht.

In Summe waren noch fünf Bausparverträge aktiv. Drei davon wurden noch monatlich bespart und zwei waren beitragsfrei.

Leider konnte sich die Mandantin nicht mehr genau erinnern, wie es zu dieser Aufstellung gekommen ist. Jedoch kann es gut sein – wenn auch nicht beweisbar –, dass Verträge auf Rat des Vermittlers beitragsfrei gestellt wurden, nur um neue abschließen und besparen zu können.

 

Viel hilft nicht immer viel…

Doch die entscheidende Frage lag noch vor uns: Erfüllen die 12 Bausparverträge überhaupt die finanziellen Bedürfnisse meiner Mandantin?

Dafür erarbeiteten wir in einem ganzheitlichen Beratungsprozess vier Themengebiete:

  1. Funktion, Vor- und Nachteile eines Bausparvertrages
  2. Einnahmen-/Ausgaben-Übersicht
  3. Vermögens-/Verbindlichkeiten-Übersicht, inkl. Definition und Aufbau eines Notgroschens
  4. Finanzplanung und Festlegung der finanziellen Ziele, inkl. Berücksichtigung der noch aktiven Bausparverträge

Durch unsere gemeinsame Analyse und Besprechung wurde der Mandantin während des Beratungsprozesses schnell klar, dass die angeblichen „Beratungen“ in den letzten Jahrzehnten eher ein reiner Produktverkauf waren.

  • Nachteile eines Bausparvertrages waren nie ein Thema bei den fast jährlichen „Servicegesprächen“ der Banken.
  • Schon die „Basics“ einer Beratung fehlten, um die finanziellen Bedürfnisse der Mandantin zu verstehen. So fehlte z.B. eine Analyse ihrer Einnahmen und Ausgaben.
  • Auch alternative Sparformen wurden laut der Mandantin nicht erwähnt. Bis ins Jahr 2020 – da wurde ihr ein kostenintensiver defensiver Mischfonds der Union Investment verkauft.

Die Mandantin hatte sich aber auch immer sehr wohl gefühlt in den Gesprächen und ein großes Vertrauen in die altbekannte Bank. Deswegen hatte sie die obigen Punkte nie infrage gestellt.

 

So sollte es weiter gehen

Bei unserer Beratung identifizierten wir gemeinsam die folgenden Prioritäten der Mandantin:

  1. Aufbau eines Notgroschens: Abgesehen von den Bausparverträgen besaß sie keinerlei finanzielle Rücklagen, z.B. Instandhaltungsrücklagen für das Eigenheim.
  2. Vermögenserhalt: Werterhalt nach Inflation für das über den Notgroschen hinaus bestehende Kapital.
  3. Vermögensaufbau: Monatliche Investition einer festgelegten Sparrate für ihre Enkelkinder.

 

Was sollte man nun aber mit den noch aktiven Bausparverträgen machen?

Passend zu den Zielen der Mandantin entwarfen wir folgenden Plan:

  • Notgroschen: Die beitragsfreien LBS Bausparverträge aus den Jahren 2000 und 2006 mit je 1,50% Sparzins bestehen lassen als Alternative zum Tagesgeldkonto. Dies, da die Bauspargebühr ja ohnehin schon bezahlt und verloren war (versunkene Kosten).
  • Vermögenserhalt: Da der noch aktive LBS Bausparvertrag aus dem Jahr 2014 mit 0,50% Sparzins und mit einer nominalen Rendite nach Kosten von durchschnittlich 0,02% p.a. bis 2024 zum Vermögenserhalt (nach Inflation) ungeeignet ist, bat die Mandantin um eine Beratung zu alternativen Sparformen.
  • Vermögensaufbau Enkelkinder: Auch die noch aktiven LBS Bausparverträge aus den Jahren 2016 und 2020 mit 0,50% und 0,10% Sparzins sind für einen Vermögensaufbau nicht geeignet. Deshalb bat die Mandantin um eine Beratung zu alternativen Sparformen für die Enkelkinder.

 

Kurzfristige Plananpassung

Für den Notgroschen und die Instandhaltungskosten kam allerdings alles etwas anders als geplant: Die Mandantin informierte mich im Laufe des Beratungsprozesses, dass nun das Dach und die Heizung bei ihrem Eigenheim neu gemacht werden und sie aufgrund zu niedriger Rücklagen auf dem Girokonto auf die Bausparverträge zugreifen müsse.

Also kündigte die Mandantin notgedrungen die Bausparverträge der LBS aus dem Jahr 2000, 2006 und 2014, um die Instandhaltungskosten zu decken. Zumindest ein zusätzlicher Kredit oder die Nutzung des (zudem noch nicht zuteilungsreifen) Bauspardarlehens war nicht notwendig.

Es blieben die Bausparverträge der LBS aus dem Jahr 2016 und 2020 übrig, die sie für die Enkelkinder angelegt hatte. Auch diese kündigte meine Mandantin wegen der geringen Sparzinsen.

Das daraus freiwerdende einmalige Kapital nutzte sie als neuen Grundstein für ihren Notgroschen.

Die freiwerdende monatliche Sparleistung aus den beiden Bausparverträgen investiert meine Mandantin nach eingehender Beratung, Wissensvermittlung und Besprechung der Risiken sowie der Erstellung eines psychometrischen Risikoprofils nun zu 100% in einen globalen streuenden Aktien-ETF für die Enkel.

Einen Bausparvertrag möchte sie auf jeden Fall nicht mehr abschließen 😊

 

Ergebnisoffene Beratung statt Verkauf

Aufgrund ihrer bisherigen finanziellen Aufstellung hatte ich fälschlicherweise zunächst vermutet, dass die Mandantin Aktieninvestments kritisch gegenübersteht.

Doch ganz im Gegenteil: Sie war sehr wissbegierig, aufgeschlossen und überhaupt nicht abgeneigt. Sie fragte gezielt nach und verstand sehr schnell, dass der globale Aktienmarkt eine sehr attraktive Möglichkeit ist, langfristig Vermögen aufzubauen. Und sich deutlich besser dazu eignet, als ein Bausparvertrag.

Auch hier hatte also ihre bisherige „Beratung“ versagt: Entgegen meiner Vermutung, dass die Kundin von ihrer grundsätzlichen Einstellung her dem Aktienmarkt eher kritisch gegenübersteht, wurde sie lediglich nie neutral und ergebnisoffen dazu beraten und hatte vor allem deshalb diese Anlageform überhaupt nicht in Betracht gezogen. Am Ende war ich vor allem sehr beeindruckt von ihrer Wissbegierde, ihrer Offenheit und ihrer Flexibilität.

 

Ein Leben ohne Bausparverträge: nicht nur möglich, sondern meistens sinnvoll 😊

Heute bespart die Mandantin also monatlich jeweils einen globalen Aktien-ETF für ihre Enkelkinder. Zudem hat sie ein Tagesgeldkonto eröffnet und einen Dauerauftrag angelegt, um den Notgroschen weiter aufzubauen und Instandhaltungsrücklagen für das Eigenheim zu bilden. Sie konnte darüber hinaus ihre Ausgaben reduzieren und kommt auch ohne Bausparverträge sehr gut zurecht.

 

Was bedeutet das für Sie?

Schließen Sie bitte keinen Bausparvertrag ab, um einfach nur Geld anzusparen. Bedenken Sie auch, dass ein Bausparvertrag nicht automatisch die beste Lösung für eine Eigenheimfinanzierung ist und viele versteckte Nachteile und Risiken aufweist.

Sehen wir uns das konkret an:

   1.   Geldanlage

Dazu ist ein Bausparvertrag kein sinnvolles Instrument.

Sofern Sie mir nicht glauben, können Sie auch einfach den Bausparrechner der Schwäbisch Hall nutzen. Nachdem Sie ihre Rahmendaten festgelegt haben und auf „Online abschließen“ klicken, können Sie sich die Rentabilität Ihres Bausparvertrages unter „Sparplan“ genau anschauen.

Hier ein kleines Beispiel:

Beispiel Rechnung Bausparrechner der Schwäbisch Hall Guthaben unter Beiträgen

Der Bausparrechner zeigt, dass das Guthaben klar unter der Summe der Beiträge liegt – was nur an einem negativen Effektivzins liegen kann. Von Inflationsausgleich reden wir hier noch überhaupt nicht.

Und diesen Verlust rechnet Ihnen sogar der Bausparrechner der Bausparkasse Schwäbisch Hall aus!

 

   2.   Eigenheimfinanzierung

Auch wenn Sie sich noch unsicher sind, ob Sie einmal ein Eigenheim finanzieren möchten, müssen Sie keinen Bausparvertrag abschließen.

Ein einfacher ETF-Sparplan und ein Tages- oder Festgeldkonto können ebenfalls sehr gut und vor allem flexibler und rentabler für den Eigenkapitalaufbau genutzt werden.

Durch das wahrscheinlich höhere angesparte Eigenkapital benötigen Sie dann auch nur ein geringeres Darlehen. Und können sich dadurch notfalls auch höhere Darlehenszinsen leisten. Damit schlagen Sie in Summe den Bausparvertrag.

Eine Alternative zur Zinssicherung kann aber auch ein Forward-Darlehen sein.

Hinterfragen Sie also dringend beim Verkaufsgespräch in der Bank, ob Sie diesen Bausparvertrag wirklich benötigen. Lassen Sie Angebote von Ihrer Hausbank unbedingt extern und unabhängig prüfen. Also nicht von der Bausparkasse oder Ihrer Hausbank. Sondern z.B. von Verbraucherschutzzentralen oder HonorarberaterInnen – also Stellen, bei denen Sie sich sicher sein können, dass Ihre Interessen und nicht eine Vermittlungsprovision im Vordergrund stehen. Ihren kritischen Geist sollten Sie aber auch hier nicht daheimlassen.

Sofern ein Bausparvertrag in seltenen Fällen doch sinnvoll für Ihre Eigenheimfinanzierung, Modernisierung oder Renovierung ist, schließen Sie bitte nur einen und nicht alle paar Jahre wieder einen neuen Vertrag ab.

Um die Abschlusskosten niedrig zu halten, sollten Sie dann eher Bausparverträge mit geringen Bausparsummen (< 30 50.000 Euro) nutzen. In Kombination mit der Wohnungsbauprämie und dem Trick 17 von Herrn Walz (zum Beitrag) kann der Bausparvertrag in wenigen Fällen auch eine sinnvolle Alternative sein.

Achten Sie des Weiteren auf eine realistische und sinnvolle Zuteilungsreife. Manche Bausparverträge meiner Mandantin wären aufgrund zu hoher Bausparsummen und zu niedriger Sparbeiträge teilweise erst nach mehr als 20 Jahren zuteilungsreif gewesen. Hier liegt leider die Vermutung nahe, dass die Bank wohl einfach möglichst viel Provision bei gegebenen Sparbeitrag rausholen wollte.

Sofern Sie jemanden aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis kennen, der ähnlich aufgestellt ist, wie es meine Mandantin war und Bausparverträge unreflektiert als Ansparprodukte nutzt, weisen Sie diese Person doch gern freundlich auf diesen Gastbeitrag hin.

 

Fazit

Hätte man meine Mandantin 1992 und in den Jahren danach ganz einfach nach ihren finanziellen Zielen (in ihrem Fall „vermögenssicherndes Sparen“) gefragt und über die verschiedenen Möglichkeiten unabhängig informiert, hätte sie wahrscheinlich niemals auch nur einen einzigen Bausparvertrag abgeschlossen. Sondern finanziell attraktivere Anlageformen genutzt.

Leider hat sich ihre Hausbank allerdings Jahr für Jahr dazu entschieden, sie zu verraten, statt sachgerecht zu beraten. Und es vorgezogen, über einen reinen Produktverkauf einfache und schnelle Provisionseinnahmen zu kassieren. Einen weiteren ähnlichen Fall finden Sie übrigens auch in einem Beitrag des NDR. Mein Fall scheint also leider kein Einzelfall zu sein, aber mit ihrer Hilfe und zunehmendem Verbraucherwissen hoffentlich einer von immer wenigeren.

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Das ist ein Beitrag aus der Serie „Verraten statt Beraten“. Echte, unabhängige Berater berichten über echte Fälle, wie sie ihnen von geprellten Verbrauchern vorgelegt wurden. Alle Fälle sind auf ihre Wahrheit und sachliche Richtigkeit geprüft. Wo immer es geht, werden Vertragsname und Gesellschaft genannt.

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Kevin Kronauer Gastbeitrag Todsünden finsparent Honorarberatung Profil

 

 

Hintergrundinformation: Was Sie über Bausparverträge wissen sollten

Der Bausparvertrag ist eines der beliebtesten Finanzprodukte der Deutschen, auch wenn die Gesamtanzahl in den letzten Jahren rückläufig ist (Ende 2021 gab es 23,8 Millionen Bausparverträge in Deutschland, also ca. 28% weniger als Ende 2000).

Er nutzt das Prinzip des sogenannten „kollektiven Sparens“: Die Sparer:innen begnügen sich in der Ansparphase mit einem vergleichsweisen geringen Zins, damit die Darlehensnehmer:innen (vorher selbst Sparer:innen) dadurch günstig finanzieren können – so zumindest die Theorie…

Der Bausparvertrag teilt sich in zwei Phasen auf, die Sparphase und die Darlehensphase. Im Zentrum steht die Bausparsumme, die gleichzeitig auch die Basis für die Provisionierung des Vermittlers darstellt.

  • Sparphase: Meist müssen erst 30-50% der Bausparsumme (die sogenannte Zuteilungsreife) angespart werden, bevor einem die restliche Summe als Darlehen zur Verfügung gestellt wird.
  • Darlehensphase: Das Versprechen des Bausparvertrages ist, immobilienbezogenen Kreditbedarf günstiger zu finanzieren als mit einem normalen – also marktüblichen – Immobilienkredit dank der niedrigen Darlehenszinsen.
    • Aber Achtung: Dabei handelt es sich um eine Zinswette und nicht wirklich um ein Versprechen. Sinkt der allgemeine Marktzins für Immobilienfinanzierungen bis zum Darlehensbezug finanziert der Bausparer teurer, als wenn er einen klassischen Immobilienkredit genutzt hätte. Er wird vernünftigerweise entscheiden, auf den Bausparkredit zu verzichten und sich günstiger am Markt finanzieren. Seine Zinsverluste in der Ansparphase waren in diesem Fall vergebens.

 

Mögliche Vorteile eines Bausparvertrages

  • Zinssicherheit: Kalkulationssicherheit, denn die Spar- aber vor allem Darlehenszinsen stehen mit Abschluss des Bausparvertrages fest. Als Alternative kann hierzu aber auch ein Forward-Darlehen genutzt werden.
  • Staatliche Förderung und Boni: Durch bspw. Arbeitnehmersparzulage, Wohnungsbauprämie, Wohnriester, Bonuszinsen, oder Junge Leute Bonus – allerdings immer an bestimmte Voraussetzungen und Bedingungen geknüpft und in der Höhe sehr „überschaubar“.
  • Keine Grundschuldeintragung: Kein Eintrag der Grundschuld im Grundbuch bei Bausparkrediten unter 30 50.000 Euro (schauen Sie sich hierzu den „Trick 17“ aus dem Beitrag von Herrn Walz an).
  • Anlagemöglichkeit: Nutzung als Ersatz für Tages- oder Festgeld bei alten Bausparverträgen mit im Marktvergleich hohen Zinsen möglich (Kündigungsfristen und/oder -gebühren beachten!)

 

Mögliche Nachteile eines Bausparvertrages

  • Hohe Kosten: Abschlusskosten von 1 bis 1,6% der Bausparsumme – Sie starten also im Minus. Zusätzlich kommt meist noch ein Jahresentgelt von 6-20 Euro hinzu.
  • Geringe Sparzinsen: In der Ansparphase nach Abzug von Kosten und Inflation fast immer eine negative Rendite. Sie vernichten also Vermögen, statt es aufzubauen.
  • Ungewissheit – Fehlen einer Zuteilungsgarantie: Der Zuteilungszeitpunkt des Darlehens kann sich verschieben, was die Planung über den Haufen werfen kann. Fatal: Gerade wenn die Marktzinsen sehr hoch und das Bauspardarlehen daher besonders attraktiv ist, setzt ein „Run“ auf diese Darlehen ein, welches die Finanzierungskraft des Kollektivs überfordert. Die Bausparkassen verzögern in solchen Situationen einfach die Zuteilung, was dazu führt, dass die zunächst leer ausgehenden Kunden teure Zwischenfinanzierungen – zynischer Weise meist gerade bei der gleichen Bausparkasse – eingehen müssen. Seit dieses Problem bei der Bausparkasse BHW bei einer Hochzinsphase ganz extrem auftrat, ist es ein Branchenwitz, dass BHW die Abkürzung für „Bausparen heißt Warten“ sei.
  • Falsche Anwendung: Der Verkauf von Bausparverträgen findet häufig ohne Rücksicht auf die Lebensplanung und die Bedürfnisse der Kund:innen statt (bspw. zu niedrige oder zu hohe Bausparsummen, Kund:in will gar nicht bauen/kaufen/modernisieren/renovieren).
  • Zwangskündigung: Mögliche Kündigung von Altverträge mit hohen Sparzinsen und Vermeidungsaktionen der Bausparkassen, wie bspw. Tarifwechsel, um Bonuszinsen zu umgehen (siehe Blogbeitrag „Wenn aus Freunden Feinde werden“ von Herrn Walz).
  • Fehlende Regulierung: Bausparverträge unterliegen deutlich weniger Regulierung als andere Finanzprodukte, weswegen sie übermäßig unkompliziert und viel verkauft werden können.
  • Komplexität: Es sind für Kund:innen kaum zu durchblickende Kombinationen möglich, die sehr häufig extrem unvorteilhaft sind (Bausparvertrag + Finanzierung, Bausparvertrag als Tilgungsersatz, Bausparsofortfinanzierung, Wohn-Riester, etc.).
  • Hohe Cash-Belastung: Die hohen Tilgungsbeträge von Bauspardarlehen passen häufig nicht zur Zahlungsfähigkeit der Kunden.
  • Lange Wartezeit auf das Darlehen: Bei hohen Bausparsummen und niedrigem Sparbeitrag ist das Darlehen erst sehr spät zuteilungsreif, d.h. für Kund:innen abrufbar. Die Ursache für dieses Missverhältnis liegt meist darin, dass der Vermittler versucht bei gegebener Sparfähigkeit die erzielbare Abschlussgebühr zu maximieren.

 

Erschienen am 14. Oktober 2022.
Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.

8 Gedanken zu „Schwäbisch Hall und LBS – 12 Bausparverträge waren 12 zuviel“

  1. Ich denke das gerade in Phasen wie dem momentanen Zinsumfeld Bausparverträge wieder eine Renaissance erleben und jetzt erst recht wieder etliche Verträge mit dem üblichen „Horrorszenario Zinswende“ vertrieben werden.

    Ein für mich persönlich besonders perfides Beispiel:
    Bei mir am Ort betreibt die genossenschaftliche Bank auf YouTube einen Kanal der sich vordergründig der finanziellen Bildung verschrieben hat und hierbei gezielt durch hippes Wording und lockeres Auftreten potentielle, junge Kundschaft anspricht um u.a. auch dieses Anlagevehikel massiv mit den üblichen Argumenten zu bewerben.

    Die Zukunft der Bausparkassen dürfte also genau so gesichert sein, wie die sichere Existenz der nächsten Generation verärgerter AnlegerInnen.

    Freundliche Grüße
    Philipp Hansert

    Antworten
    • Lieber Herr Hansert,

      vielen Dank für Ihren Kommentar und den Einblick in die Vertriebstaktik der örtlichen Bank.

      Ich gehe leider auch davon aus, dass durch die steigenden Zinsen das häufig genutzte „Horrorszenario Zinswende“ wieder überwiegend im Marketingmaterial der Banken zu finden sein wird. Dennoch blicke ich optimistisch in die Zukunft, da doch ein Großteil der Kinder- und Jugendlichen Gott sei Dank nicht der örtlichen Bank auf TikTok, Instagram oder YouTube folgt. Bedenken habe ich da eher bei den vielen kostenlosen Steuer- und Bewerbungsseminaren verschiedener Finanzvertriebe in Hochschulen und Universitäten.

      Dem können wir nur mit entsprechender Aufklärungsarbeit unermüdlich entgegenwirken.

      Beste Grüße
      Kevin Kronauer

      Antworten
  2. ….wieder ein „Augenöffner“ aus dem Finanzvertrieb. 🤔
    Leider zu oft wohl noch „schnell wegen der Zielerreichung“ aufgedrückt !?🤷🏼‍♂️….was soll auch schon schief gehen – Kunden-Verkaufsargumente gibt es viele – aber dennoch auch leider zu oft völlig (!) am Bedarf vorbei beraten – also wieder „verraten“.

    Danke Kevin Kronauer für die tolle, wertvolle Darstellung dieser sinnlosen Sparform! Und gewiss kein Einzelfall!

    Und ganz besonders hilfreich auch die Hintergrundinformationen als Zusammenfassung – „mehr geht nicht“! Klasse…..
    DANKE

    Antworten
  3. Sehr geehrter Herr Kronauer,

    ich freue mich jedesmal, wenn jemand sich ausführlich mit der Thematik beschäftigt, auch wenn diese kritisch beäugt wird.

    Eine grobe Falschberatung sehe ich jetzt hier nicht im Bestand, die Bausparsummen sind klein und kritisch gibt es anzumerken, warum bestehende Verträge stillgelegt wurden. Nimmt man jetzt den kleinen aktiven Vertrag mit 6.000 Euro Bausparsumme, so wird dieser mit 54 Euro bespart. Somit erhält die Kundin ca. 2,5% Verzinsung mit Hilfe der Wohnungsbauprämie und das sicher, plus die Option eines kleinen Blankodarlehens.

    Sollte Sie die anderen Verträge wieder aktivieren, dann sind das ca. 3,5% in der Ansparphase plus evtl. Bonus in den Altverträgen.

    Ihr Argument mit der Schwäbisch Hall hinkt ein bißchen, das ist ein Finanzierungstarif, kein Ansparvertrag. Natürlich macht der Kunde hier Verlust, sofern er die WoP nicht erhält. Die Frage ist ja eher darin, wie hoch sein tatsächlicher Grenzzins ist wenn er das Bauspardarlehen dann tatsächlich aufnehmen sollte.

    Zur Blankogrenze noch. Diese beträgt inzwischen 50.000 Euro

    Ihrem Argument, dass Bausparverträge sich für Eigenkapitalaufbau nicht eignen, möchte ich entschieden abweisen. Sie zitieren gleich zweimal den „Trick 17“ und sagen gleichzeitig das ein ETF besser geignet ist. Wenn man auf evtl. Geldvermehrung aus ist, dann haben Sie Recht. Allerdings ist diese nach zum Beispiel 10 Jahren auch mit einem ETF nicht sicher. Beim Bausparvertrag haben Sie keine Geldvermehrung, dass ist ja auch nicht die Intention. Auch die gewünschte Zinssicherung der Kunden ist mathematisch Quatsch. Die Option der Hebelung vom Eigenkapital (Leverage Effekt) ist aber real und insofern wird die Rendite durch den besseren Beleihungsauslauf erzeugt. Bis 50.000 Euro ist der Darlehensanspruch blanko, d.h. Einkommen reicht aus zur Beantragung. Super wichtig ist hier ein Tarif, der die niedrigst mögliche Tilgung ermöglicht, da der Kunde noch ein großes Bankdarlehen benötigt.

    Zur Rücklagenbildung. Nehmen wir an ein Kunde spart einen ETF an für 7 Jahre und dieser erwirtschaftet 5% Rendite. Bei 200 Euro wären das ca. 20.065 Euro. Im Bausparvertrag sind es 17.365 Euro (mit WoP). Der ETF ist um ca. 2.700 Euro besser. Unterstellt man jetzt eine Auszahlung von 41.320 Euro in 7 Jahren, so müßte der Kunde ein Privatdarlehen aufnehmen. Beim Bausparvertrag das Bauspardarlehen. Laut meinem Taschenrechner komme ich hier auf einen Grenzzins von 7% im Tarif Neo der Alten Leipziger mit 1,35% Sollzins. Hört sich viel an, der Kunde ist aber in einem Bauspardarlehen, wo er jederzeit ablösen kann und er ist NICHT in einem Privatdarlehen. Kleine Bausparverträge eignen sich meiner Meinung nach sehr wohl zur Rücklagenbildung, wenn man eine eigene Immobilie hat, da man jederzeit (nach Aufbau der Bewertungszahl) einen optionalen Hebel hat um Liquidität zu erzeugen. Man weiß nie was kommt oder ansteht.

    Gruß
    Christian Andreas

    Antworten
    • Lieber Herr Andreas,

      vielen Dank für Ihren differenzierten Input. Es freut mich, dass Ihnen der Beitrag gefällt, auch wenn wir an einigen Stellen wohl unterschiedlicher Auffassung sind.

      Wie bei den vorherigen Echtfällen gesehen, ist auch dieser Fall beratungstechnisch legal. Jede/r Berater:in sollte allerdings gelernt haben, die Wünsche und Bedürfnis der Kund:innen zu erfragen und ergebnisoffen zu beraten. Dies war hier definitiv in 30 Jahren nicht der Fall. Dass Finanzprodukte erst durch Prämien, Steuerersparnisse oder sonstige Zuwendungen (bspw. Wohnungsbauprämie) einigermaßen akzeptabel werden können, zeigt doch sehr deutlich, dass es sich hierbei nicht um per se rentable Anlagen handelt. Ein Finanzprodukt sollte ohne jegliche Prämien, Steuerersparnisse oder sonstige staatliche Zuwendungen rentabel und produktiv sein.

      Das Argument mit der Schwäbisch Hall hinkt eben nicht, da ich als Bedarf „Ich möchte sparen“ bei der Schwäbisch Hall angeben kann und genau diesen Tarif vorgeschlagen bekomme (IT-Fehler der Schwäbisch Hall?). Es wird also sehr pauschal suggeriert, dass der angebotene Tarif ein gutes Sparprodukt ist. Das ist bei Betrachtung der Sparphase nicht der Fall.

      Auch aus der Praxis kann ich und sicher viele meiner Kolleg:innen bestätigen, dass viele Bausparverträge als reine Geldvermehrung verkauft werden, ohne ein Interesse der Kund:innen, jemals das Darlehen in Anspruch zu nehmen. Zumindest wurde beim vorgestellten Echtfall meiner Mandantin in 30 Jahren kein einziges Mal gesagt, dass es hier nicht um Geldvermehrung geht.

      Dass ein ETF in Kombination mit einem Tagesgeld- oder Festgeldkonto eine sinnvolle und aus meiner Sicht in diesem Fall auch bessere Alternative ist, sollte Teil einer ergebnisoffenen Beratung sein – bei der man die Mandant:innen übrigens befähigt eigenständige Entscheidungen zu treffen, statt die Beratung von Beginn an in eine bestimmte Richtung zu lenken, um die eigenen Produkte zu verkaufen. Die Aufteilung des Anlagebetrags in ETF, Tagesgeld- und Festgeldkonto kann dann je nach finanzmathematischen und finanzpsychologischen Risikofaktoren individuell gewählt werden und auch mit einem Bausparvertrag verglichen werden (inkl. Szenario-Analyse).

      Sofern ein Bausparvertrag dann in Betracht kommt, ist es sicherlich sinnvoll, die Konditionen verschiedener Anbieter zu vergleichen. Das scheinen Sie ja auch beruflich zu tun. Den Bausparvertrag aber als einzig sinnvolle Option und das vor allem schon zu Beginn der Beratung zu präsentieren (egal, um welches Ziel es geht – Rücklagen bilden, Sparen für die Enkelkinder, Sparen für die Immobilie, vermögenssicherndes Sparen, etc.) wie es hier über 30 Jahre geschehen ist, halte ich allerdings sehr wohl für eine Falschberatung, auch wenn es leider offensichtlich legal ist.

      Vielen Dank auch für den Hinweis zur Blankogrenze, das ist mir leider durchgerutscht. Ich werde dies noch anpassen lassen.

      Beste Grüße
      Kevin Kronauer

      Antworten
    • Hallo Nadja,

      sofern es sich um echte Honorarberater:innen handelt, dann ist eine Vereinnahmung von Provisionen untersagt. Diese erkennen Sie an folgenden Registrierungen bzw. Berufsbezeichnungen: „Honorar-Finanzanlagenberater“, „Honorar-Anlageberater“ und „Versicherungsberater“. Die Registrierung können Sie immer in der Erstinformation oder dem Impressum nachlesen.

      Leider gibt es aber auch Berater:innen, welche sich als Honorarberater:innen ausgeben, allerdings unter einer anderen Registrierung (bspw. „Versicherungsmakler“) aktiv sind und somit auch Provisionen vereinnahmen dürfen. Es gibt Fälle, in denen dies ausgenutzt wird und sowohl ein Honorar als auch eine Provision für den Abschluss eines Finanzproduktes vereinnahmt wird. Wenn Sie sich sicher sein wollen, sollten Sie also immer die Registrierung der Berater:innen prüfen.

      Beste Grüße
      Kevin Kronauer

      Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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