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Investieren in deutsche Aktien

Investieren in deutsche Aktien – auch bei drohendem Gas-Stopp?
Lassen Sie sich durch Crashpropheten nicht verunsichern

Die schlechten Nachrichten vorab

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine bedeutet schlimmste Verbrechen, tausende Tote, Verletzte, Vertriebene, Verschleppte, die brutale Bombardierung von Städten und Dörfern – unermessliches Leid, sinnlose Zerstörung. Wir verdrängen das nicht und dürfen nicht abstumpfen. Ein dunkler Schleier liegt über allem, was wir in diese Tagen tun.

Trotzdem darf das nicht dazu führen, dass wir unseren Aufgaben und Pflichten nicht mehr nachkommen. Wenn ich Arzt wäre, würde ich trotzdem meine Patienten behandeln. Wenn ich Bäcker wäre, würden meine Kunden trotzdem täglich ihr Brot bekommen.

Nun bin ich Wissenschaftler und Ökonom. Deshalb versuche ich angesichts eines möglicherweise drohenden Lieferstopps von russischem Erdgas nachfolgend ein paar konstruktive Orientierungen zur Bewertung des Investitionsstandortes Deutschland zu geben.

Aktuell lesen und hören wir Sätze wie diese:

***
„Der drohende längerfristige Lieferausfall von russischem Gas aus der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 bedroht das Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft grundlegend!“ „Das Geschäftsmodell der hiesigen Wirtschaft hat seine Grenzen erreicht!“ „Die Zukunft der deutschen Unternehmen ist düster und die Investoren wenden sich von Deutschland ab!“
***

Soweit eine kurze Zusammenfassung von Prognosen und Meinungen, die Anfang Juli 2022 in den hiesigen Medien zu lesen waren. Danach werden also nicht nur die Wohnungen im Winter kälter, sondern es gehen auch – bildlich gesprochen – die Lichter in Deutschland aus.

WIRKLICH?

 

Die gute Nachricht

Totgesagte leben länger. Der Niedergang des Geschäftsmodells der deutschen Wirtschaft wurde seit der Zeit des Wirtschaftswunders nach Ende des Zweiten Weltkrieges schon vielfach vorausgesagt.

Mit etwas Besonnenheit und Abstand erinnern wir uns z.B. an zwei Ölpreis-Schocks, die unsere Wirtschaft umbringen sollten. Den Anschlag auf das World-Trade-Center in New York, welcher angeblich das Ende unserer exportorientierten Wirtschaft einläuten sollte. Wir erinnern uns an die weltweite Finanzkrise 2008/2009, welche der deutschen Wirtschaft den Garaus machen sollte. Ebenso wie die europäische Staatsschuldenkrise 2011/2012. Beim Dieselskandal sollte der Niedergang der deutschen Automobilindustrie durch Domino-Effekte die gesamte deutsche Wirtschaft in den Abgrund reißen. Auch die Folgen der Corona-Epidemie sollten uns wirtschaftlich das Genick brechen. Und nun eben der drohende Lieferausfall von russischem Gas.

In keinem bisherigen Fall ist die deutsche Wirtschaft längerfristig zu Schaden gekommen oder gar zusammengebrochen. Kurze Einbrüche und Rezessionen sind für Volkswirtschaften ebenso normal wie eine Erkältung beim Menschen.

 

Selbstgefälligkeit sicherlich unangebracht …

Selbstgefälligkeit und Behäbigkeit sind mit Sicherheit nicht angebracht. Panikmache jedoch ebenso wenig.

Wenn man hinterfragt, warum die düsteren Prognosen hinsichtlich des „deutschen Geschäftsmodells“ in all den Fällen nicht eingetreten sind, gibt es eine durchgängige Antwort:

Unsere Wirtschaft ist eben viel wandlungsfähiger und passt sich schneller an, als sich das die meisten Menschen vorstellen können.

 

… aber eine grundsätzlich optimistische Einstellung berechtigt.

Jede der oben genannten Krisen und Umbrüche hat zu Lern- und Anpassungseffekten geführt. Diese waren zwar kurzfristig schmerzhaft, ermöglichten jedoch – auch unter disruptiv veränderten Bedingungen – ein weiterhin erfolgreiches Wirtschaften.

Es ist ja überhaupt nicht so, dass sich die deutsche Wirtschaft noch heute auf den Spielregeln des Wirtschaftswunderdeutschlands ausruhen würde. Das exakte Gegenteil ist der Fall.

Und so dürfen wir aus gutem Grund zuversichtlich sein, dass wir auch in einer Zukunft ohne preisgünstigem russischen Gas weiter vorne mitspielen.

Wenn wir nur unsere bisherigen Tugenden nicht aufgeben und behäbig und bürokratisch werden.

 

Warum wir uns aus DAX® & Co. nicht verabschieden sollten

Fakten versus Stimmungen

Es gibt Situationen, in denen die Stimmung besser ist als die Fakten. Und es gibt den umgekehrten Fall. Derzeit ist – und das ist psychologisch gut verständlich – die Stimmung schlechter als die Faktenlage.

Lassen Sie mich das veranschaulichen.

 

Ein doppelter Blick auf das Bewertungsniveau deutscher Aktien

Die Aktienmärkte handeln Zukunft. Und preisen mögliche zukünftige Szenarien heute bereits ein. Ein Blick auf die Entwicklung des DAX®40 als Leitindex des deutschen Aktienmarktes zeigt zweierlei.

Von den Höchstständen zum Jahreswechsel 2021/2022 aus betrachtet, ist der Index um rund 3.000 Punkte gesunken. Das zeigt einerseits, dass reduzierte Erwartungen, ebenso aber auch Zinserhöhungen bereits „eingepreist“ sind.

Es zeigt andererseits aber auch, dass die Märkte – selbst unter Berücksichtigung der Möglichkeit eines Lieferstopps von russischem Gas – keine wirklich bedrohliche Entwicklung für die deutsche Wirtschaft erkennen. Sondern vielmehr eine zwar unangenehme Disruption, welche die betroffenen Unternehmen jedoch ganz überwiegend einmal mehr z.B. durch kluge Anpassungsmaßnahmen, „Walk-around-Lösungen“ und Innovation verkraften werden.

 

Starke Erholungspotentiale überraschen immer

Sollten die schlimmsten Szenarien nicht eintreten, so wird es früher oder später zu „völlig überraschenden“ Erholungseffekten kommen. Diese lassen sich weder vom Timing noch von der Stärke her voraussagen.

Die einzige seriöse Möglichkeit, an solchen Erholungseffekten teilzuhaben besteht darin, dass man investiert ist und investiert bleibt.

Wenn Ihnen diese Argumentation nicht sofort verständlich erscheint, empfehle ich den nachstehenden Blogbeitrag Ihrer vertiefenden Lektüre. In ihm weise ich faktenbasiert nach, wie stark die Minderrenditen von Anlegern gegenüber meiner Empfehlung des ruhigen Durchhaltens sind, wenn sie in den letzten 33 Jahren nur die 10, 20 oder 30 Tage verpassten, an denen sich die Aktienkurse am stärksten erholt haben.

Zum Beispiel gilt: Ist der Anleger in den letzten 33 Jahren auch nur an den 10 besten Erholungstagen nicht dabei gewesen, verschlechtert sich seine jährliche Rendite von 8,45% auf 5,70%.

Die zentrale Erkenntnis lautet also:

Es ist langfristig risikoreicher, nicht an den Aktienmärkten investiert zu sein

 

Und das gilt auch für den deutschen Aktienmarkt. Lesen Sie den Blogbeitrag: An der Börse wird nicht geklingelt: Unsere besten und unsere schlechtesten Tage, Market Timing – Teil 2

 

Es gibt – vielleicht abgesehen von einem vollständigen Weltuntergang, bei dem ohnehin alles egal ist – keinen Grund, warum das Phänomen der plötzlichen und völlig überraschenden Kurserholungen sich nicht auch nach Abkühlung des aktuellen Konfliktes wiederholen sollte.

 

Deutschland AG – globaler als gefühlt

Gerade deutsche Privatanleger unterschätzen die Globalität vieler hiesiger Aktiengesellschaften – und überschätzen damit die aktuellen Risiken.

Eine ausführliche Darstellung der Auslandsanteile an den Umsätzen deutscher Aktiengesellschaften würde den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen. Jedoch fällt sofort ins Auge, dass allein vier der DAX®40-Unternehmen Auslandsumsatzanteile von über 90% besitzen.

Und auch bei TecDAX®, MDAX® und selbst dem SDAX® gibt es einige. Insgesamt liegen zehn Unternehmen der DAX®-Familie bei über 90% Auslandsumsatzanteil.

 

Frühere Anlegerfehler rächen sich

Nach den obigen Argumenten wird schon deutlicher, dass zu einer angstgetriebenen Flucht aus deutschen Titeln kein sachlicher Anlass besteht. Jedoch kann es gut sein, dass manche Blogleser aktuell unter den Folgen historischer Fehlentscheidungen bzw. Entscheidungsverzerrungen leiden.

Eine durchgängige Empfehlung dieses Finanzblogs lautet ja: Betreiben Sie eine möglichst weitgehende globale Diversifikation. Ich bezeichne sie auch humorvoll als Tausendfüßler-Strategie.

Obwohl dies theoretisch klar ist, scheitert die Umsetzung häufig an zwei systematischen Verzerrungen, die jeweils emotionale Ursachen haben. Nämlich der Heimatliebe (Home Bias) und der bewussten Inkaufnahme von Klumpenrisiken (Concentration Risk).

 

Heimatliebe (Home Bias)

Sowohl die gefühlsmäßige Verbundenheit zum Heimatland als auch die Tatsache, dass man automatisch mehr und leichter Informationen über Unternehmen „vor der Haustür“ bekommt, führen bei manchen Anlegern zu einer systematischen Abweichung vom Grundsatz der maximalen Streuung.

Der Home Bias liegt bei Menschen aller Länder vor, ist also kein deutsches Problem. Er wird hier jedoch nur aus Sicht deutscher Leser beschrieben.

Ganz „heimatverbunden“ übergewichten manche Deutschen also deutsche oder europäische Aktientitel in ihrem Portfolio. In den letzten Jahren wurden einige Studien veröffentlicht, die im Wesentlichen eine durchschnittliche Minderrendite von knapp einem Prozent bei identischem Risiko aufgrund des Home Bias nachweisen.

Bei Ereignissen mit primär regionalen bzw. nationalen Auswirkungen wie dem aktuell drohenden Lieferstopp für russisches Gas in Deutschland kann der Home Bias jedoch erheblich stärkere Auswirkungen haben und wird für die Betroffenen nun zum ernsthaften Problem.

 

Klumpenrisiken (Concentration Risk)

Klumpenrisiken bzw. hohe Einzelrisiken, die „eigentlich“ unnötig sind und vermeidbar gewesen wären, fallen manchen Anlegern aktuell ebenso auf die Füße.

Der Schreiber dieser Zeilen lehrt ja an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein – also sozusagen mit Blick auf die BASF. Dieses Unternehmen wäre von einem Gas-Lieferstopp besonders stark betroffen. Anleger, die – meist ganz ohne spekulativen Hintergrund, sondern – im Glauben an einen seriösen und substanzstarken Dividendenzahler ganz bewusst wesentliche Teile ihres Finanzvermögens auf diesen Einzeltitel gesetzt haben, müssen nun nachträglich erkennen, dass ihr Verhalten doch sehr spekulativ war.

Und wenn es sich bei diesen Anlegern noch gleichzeitig um BASF-Mitarbeiter handelt, werden sogar gleich zwei Risiken (Arbeitsplatzrisiko und Anlagerisiko) gleichzeitig geklumpt.

 

Nachträgliche Korrektur im Verlust tut weh

Dass die nachträgliche Korrektur der Folgen von Heimatliebe und Klumpenrisiken in der aktuellen Situation den Betroffenen große Schmerzen bereiten kann, ist klar. Eine allgemeine Lösungsempfehlung hierfür gibt es nicht.

Denn einerseits sollten uns ja bereits eingetretene Verluste als „versunkene Kosten“ nicht davon abhalten, noch zu retten, was zu retten ist.[1]

Andererseits: Wenn sich Anleger die eingetretenen Verluste sowie das verbliebene Schadenspotential im persönlichen Gesamtkontext „leisten“ können, ist auch das Aussitzen in der berechtigten Hoffnung auf baldige Erholung und eine Rückkehr zum Mittelwert grundsätzlich vertretbar.[2]

Zumindest mittelfristig sollten jedoch die Heimatliebe als auch Klumpenrisiken abgebaut werden.

 

Und was bedeutet das nun konkret für Sie?

 

  • Zunächst prüfen Sie, ob Sie „Altlasten“ in Form von Klumpenrisiken oder einem unangemessen hohen Anteil deutscher Aktien in ihrem Portfolio haben und entscheiden, wie Sie dies bereinigen.
  • Bauen Sie auch bei solchen Positionen bestehende Klumpenrisiken ab, die aktuell vergleichsweise hoch bewertet (idealerweise sogar hoch im Gewinn) sind. Damit reduzieren Sie Risiken, die vom Markt nicht prämiert werden und können Ihr Risiko-Rendite-Verhältnis verbessern, indem Sie lieber breiter in den deutschen Markt investieren. Dies natürlich nur ergänzend zu Ihrem Weltportfolio, das den Kern (Core) Ihrer Gesamtanlage darstellt (s.u.).
  • Wenn solche Altlasten nicht vorliegen, prüfen Sie, ob Ihr Anteil deutscher Aktien insgesamt angemessen ist oder sogar einen leichten Ausbau verträgt, z.B. allein schon aus Gründen des Rebalancing.
  • Bedenken Sie hierbei, dass deutsche Aktien in allen globalen Index-ETFs und Indexfonds, die sich am Grundsatz der Marktkapitalisierung orientieren, zu schwach gewichtet sind. So haben deutsche Werte in Weltindizes nur einen Anteil von gut 2,5%, während der Anteil Deutschlands am Weltbruttosozialprodukt nahezu doppelt so hoch ist. Der Grund für diese Untergewichtung liegt unter anderem darin, dass der gesamte deutsche Mittelstand kaum börsennotiert ist. Denken Sie nur an ein zukunftsfähiges Weltunternehmen wie Bosch, von dem wir keine Aktien erwerben können.
  • Machen Sie sich den Vorteil bewusst, dass bei Ihren Index-Investments für die vergleichsweise geringe fortlaufende Gebühr (TER, Ongoing Charges) auch der Service geboten wird, dass Veränderungen in der Relevanz der Aktiengesellschaften durch entsprechende Anpassungen der Indizes abgebildet werden. Ihre Anlage modernisiert sich also sozusagen „automatisch“.
  • Bedenken Sie bei Investitionen in deutsche Aktien, dass der DAX®40 kein ausreichend breit streuender Index ist. Vorzugswürdig wäre eine Mischung, die DAX®40, MDAX®, SDAX® und auch TecDAX® vereint.
  • Der sogenannte HDAX® umfasst zumindest die 110 größten deutschen Aktien im Prime Standard von DAX®, MDAX® und TecDAX®. Leider existiert derzeit kein ETF auf diesen Index.
  • Jedoch gibt es einen preiswerten ETF mit einer TER von 0,1% auf den FTSE Germany All Cap-Index, der zusätzlich zum HDAX® sogar noch Werte des SDAX® einschließt und so auf ca. 170 Aktien kommt. Wer also seinen Deutschland-Anteil etwas aufstocken und/oder bestehende Klumpenrisiken in deutschen Einzelwerten durch Umschichtung abbauen möchte, könnte hier fündig werden.
  • Trotzdem gilt, dass ein weltweit diversifiziertes Portfolio der Kern (Core) Ihrer Aktienanlage sein sollte und die Tausendfüßler-Strategie am besten erfüllt. Ergänzende Investments wie das oben genannte Beispiel sind lediglich die Satelliten einer optimierenden Core-Satellite-Strategie.
  • Und last but not least: konstruktiver Optimismus ist Pflicht!

 

Lenken Sie Ihre Gedanken in konstruktive Bahnen und folgen Sie der von mir schon seit langem empfohlenen Strategie des geringsten Bedauerns – auch humorvoll als Tausendfüßler-Strategie bezeichnet  😉

Tausendfüßler-Strategie

 

Wenn Ihnen dieser Blogbeitrag geholfen hat, empfehlen Sie ihn weiter.

Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!

 

[1] Lesen Sie Kapitel 23 „Versunkenen Kosten – Zu viel investiert, um aufzuhören“ in meinem Buch „Einfach genial entscheiden – Die 60 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren Erfolg“.

[2] Lesen Sie Kapitel 9 „Rückkehr zum Mittelwert – Warum die Bäume nicht in den Himmel wachsen und die Welt nicht voller Elvis-Imitatoren sein wird“ in meinem Buch „Einfach genial entscheiden – Die 60 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren Erfolg“.

Erschienen am 15. Juli 2022.
Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.

12 Gedanken zu „Investieren in deutsche Aktien“

  1. Hallo Herr Professor Walz, ich habe gerade Ihr Interview mit dem Finanzrocker angehört – tolles Gespräch! Viele unterschiedliche Themen angesprochen – eine super Rundreise. Bzgl. dem o.g. Blogpost – ich stimme Ihnen voll und ganz zu. Deutschland muss sich einigen gravierenden Herausforderungen stellen, aber ich bin mir sicher dass es Firmen wie BASF, Siemens, BMW, Allianz & Co. gelingen wird diese schwierige Zeit zu überstehen, und mit gehobenen Hauptes da herauszukommen! Ich kaufe weiterhin dt. Werte nach, mein derzeitiges Dividendenportfolio (siehe meine Webseite ***vom Blogbetreiber gelöscht***) hat derzeit einen 35% Europa-Anteil. Wohne in Singapore seit langer Zeit, liebe Europa aber nachwievor. Beste Grüsse, Noah

    Antworten
    • Lieber Noah (WiseStacker), danke für Ihren konstruktiven Kommentar.
      Wir liegen in der Einschätzung dicht beieinander. Deutschland ist inmitten einer disruptiven Situation. Aber mit Innovation, Flexibilität und Anpassung sind die Sachprobleme wie stark verteuerte Energiepreise zu überwinden. Genau so, wie wir schon frühere Disruptionen erfolgreich überstanden haben. Wir dürfen uns nur nicht selbst zerfleischen…
      Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

      Antworten
  2. Sehr geehrter Herr Walz,

    oben schreiben Sie: „Bedenken Sie hierbei, dass deutsche Aktien in allen globalen Index-ETFs und Indexfonds, die sich am Grundsatz der Marktkapitalisierung orientieren, zu schwach gewichtet sind. So haben deutsche Werte in Weltindizes nur einen Anteil von gut 2,5%, während der Anteil Deutschlands am Weltbruttosozialprodukt nahezu doppelt so hoch ist. Der Grund für diese Untergewichtung liegt unter anderem darin, dass der gesamte deutsche Mittelstand kaum börsennotiert ist.“

    So oder so ähnlich liest man das in vielen Publikationen, aber wie kommen Sie zu der Annahme, dass man mit einer Höhergewichtung deutscher Aktiengesellschaften an der Produktivität des deutschen Mittelstandes partizipieren kann? Mir geht diese Logik beim gesamten BIP-Ansatz etwas verloren. Es kann schließlich auch nicht sinnvoll sein ein hypotetisches Land nach BIP zu gewichten, wenn dies den Faktor 10 zur Gewichtung nach Marktkapitalisierung entspräche (Beispiele gibt es sicherlich in Afrika und Asien).

    Antworten
    • Lieber Philipp, danke für Ihre fachkundige Frage.

      Es ist offensichtlich, dass man auch bei einer Erhöhung des Gewichts deutscher Aktien keineswegs in mittelständische Unternehmen ohne Börsenzutritt investieren kann.

      Jedoch darf man das bequeme Prinzip der Orientierung an der Marktkapitalisierung, dem viele preiswerte Indizes und ETFs in Frage stellen. Beispielsweise gewichten die RAFI-Produkte die Indexzusammensetzung nach dem Kriterium Bruttosozialprodukt und nicht nach Marktkapitalisierung. Die dahinter stehende Logik: Vielleicht sollte man lieber stärker dort investiert sein, wo tatsächlich eine Wertschöpfung erfolgt und nicht dort, wo die höchsten Bankentürme stehen. Der Nachteil der RAFI-basierten ETFs sind m. E. die erheblich höheren Kosten, so dass man auf die Idee kommen könnte, mit viel geringeren Kosten Länder mit negativer Differenz zwischen Marktkapitalisierungsanteil und BSP-Anteil durch entsprechende Länder-ETFs mit vergleichsweise viel geringeren Kosten etwas höher zu gewichten. Die von Ihnen genannten Emerging Markets gehören da eindeutig auch dazu – nur war das im letzten Blogbeitrag nicht mein Thema.

      Bei allem sollte das ETF-Portfolio aber der KISS-Regel entsprechen, also einfach und überschaubar bleiben. Mehr als vier bis fünf ETFs braucht kein seriöser Privatanleger und Vorsorger – alles darüber hinausgehende ist reine Spielerei und Selbstbetrug.

      Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

      Antworten
  3. Sehr geehrter Herr Prof. Walz,
    im Prinzip haben Sie Recht bzgl. „Auslandsanteile“, die den „Home-BIAS“ relativieren.
    Aber: derzeit müssen wir offenbar den „Wertewesten-Anteil“ rausrechnen, wenn wir Risiko „rausrechnen“ wollen – das sieht dann schon etwas umfassender aus. Also: BASF-Anteile des Umsatzes z. B. nach EU und ggf. USA, denn durch die globale Brille betrachtet interessiert sich kaum jemand für die Sanktionsversessenheit des Wertewestens – und das kann leicht zu einem Bumerang-Effekt führen ***Link vom Blogbetreiber entfernt***
    In den USA wird sowas offen diskutiert – dieser Diskurs kommt bei uns erst zaghaft in Gang, leider. Bis dahin ist viel unnützer Schaden entstanden – und wie immer: es bleibt am kleinen Mann hängen. Die Wirtschaft mag sich erholen, aber ob bis dahin der politische Schaden zu extremen Regierungen geführt hat … wir werden sehen. Das macht mir eigentlich mehr Sorgen.

    Es ist jedenfalls interessant zu beobachten, wer auf der Welt sich in welchem Umfang Vorteile von der dort so eingeschätzten „Selbstzerstörung der westlichen Hegemonialmächte“ ausrechnet … Aufbau von Handels-/Bezahlsystemen außerhalb des Dollars z. B.
    Wir werden sehen …

    Antworten
    • Der „Wertewesten“ verhängt Sanktionen nicht aus zu Selbstzweck oder aus Dekadenz heraus, sondern als Reaktion auf einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands. Aber davon kein Wort. Wie bezeichnend.

      Was wäre die Alternative?

      Wer meint man müsse nur hübsch ruhig bleiben, Putin gewähren lassen, dann bliebe es warm und die Wirtschaft würde prosperieren verkennt, dass ein Erfolg Putins diesen nicht „saturieren“ wird sondern im Gegenteil seinen Machthunger weiter vergrößern dürfte.

      Warum sollte er stoppen wenn es gut für ihn gelaufen ist?

      Und dass er Ambitionen hat ganz Europa unter seine Fuchtel zu bringen verkündet er offen und ohne Zurückhaltung.

      Wer daher jetzt über den „Wertewesten“ lästert muss sich fragen lassen, ob er ein Leben unter Putins „Werten“ bevorzugt.

      Antworten
  4. Sehr geehrter Herr Professor Walz,
    die Schlussfolgerungen Ihres Kommentars bzgl. Investitionen in Deutschland haben in den vergangenen Krisen gestimmt. Man konnte sich eigentlich immer darauf verlassen, dass es am Ende wieder irgendwie aufwärts ging. Mittlerweile ist allerdings eine Gruppierung in die Regierung gelangt, deren Ziel es ist, die Industrie in diesem Staat zu zerstören. Bei der Energieversorgung haben sie es ja schon fast geschafft. Insofern könnte es dieses Mal anders ausgehen.
    Mit freundlichen Grüßen

    Antworten
    • Lieber Martin, das Ergebnis Ihrer Meinung kann ich respektieren. Ja – es könnte anders und damit schlechter kommen. Und aus diesem Grund ist ja meine Tausendfüßler-Strategie ein prognosefreier Ansatz und nicht spekulativ.
      Bitte machen Sie sich aber bewusst, dass Ihre Interpretation der Dinge, dass die Regierung die Industrie Deutschlands zerstören wolle (und nicht z.B. für eine Zeit nach disruptiven Veränderungen positiv vorbereiten will), schon ganz schön extrem ist.
      Und Sie sollten sich auch im Klaren darüber sein, dass eine Investitionsstrategie, die auf einen Niedergang der deutschen Wirtschaft setzt, keineswegs prognosefrei, sondern eindeutig stark spekulativ ist.
      Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

      Antworten
      • Wie wollen Sie denn die Abschaltungen von Kraftwerken der Grundlastversorgung und deren Ersatz durch „ Zappelstrom“ Anders bezeichnen? Bei gleichzeitiger Einführung von sinnlosen Abgaben ( CO2 Steuer)? Warum geben Firmen wie Villeroy und Boch , die seit 1806 in D produzieren oder Ford in Saarlouis auf? Ihre Tausendfüsslerstrategie ist richtig, der Anteil Deutschlands darin wird weiter sinken. Grüße M.

        Antworten
        • Woher kommt eigentlich immer dieses selektive, auf negative Ereignisse einschränkende Sicht? Ja, Ford selbst wird den Standort schliessen, wie es weitergeht bleibt offen. Ja das ist so. Gleichzeitig wird der Standort Köln mit Summen von um die 2 Mrd. Euro gestärkt und zur Zentrale der E-Auto-Sparte von Ford in Europa. Komischerweise ist das Geheule über Saarlouis deutlich größer und lauter als das Echo der Nachrichten über den Standort Köln. Dazu kommt noch dass jedes Unternehmen seine eigenen Umstände hat. Ford hat z. B. auch mit sinkenden Verkäufen zu kämpfen und hatte einige Zeit in im Europgeschäfte Verluste gemacht, im UK gab es 2019/2020 bereits eine Fabrikschliessung und generell einem angekündigten Stellenabbau von über 10.000+ in Europa. Übrigens auch im Werk, dass gegen Saarlouis den internen Wettbewerb gewonnen hat. Ohne Verbesserungen der Erträge wird sowas auch mittelfristig weiterhin zum Stellenabbau führen. Aber Kontext ist bei Debatten, in der Positionen bereits eingenommen sind meistens nicht vorhanden.

          Wer in der Industrie arbeitet wird auch generell das gleiche Problem kennen: Personal fehlt an vielen Stellen. Vom Elektroniker zum Maschinenanlangeführer bis zum Industriemechaniker. Einerseits natürlich gut, weil das heißt das deren Produkte gefragt sind, andererseits heißt das eben auch, dass man schon etwas über der eigentlichen Personalkapazität arbeitet und es sozusagen sogar zu viel Produktionsbetriebe gibt für die Mitarbeiterzahl. Das sind auch oft keine Berufe, für die Headhunter im Ausland eingesetzt werden sondern klassische Ausbildungsberufe. Über Kurz oder Lang wird auch sowas in Rationalisierungen enden. Typischerweise würden die margenschwachen Betriebe verkleinert werden um den Personalbedarf der größeren, margenstarken Betriebe zu decken. Natürlich sehr theoretisch gedacht. Allein schon dadurch, dass beide Werke nicht in Nähe sein müssen und Menschen nicht unbegrenzt wohnlich flexibel sind.

          Gern denke ich dabei auch an die alte Textindustrie hierzulande oder z. B. Grundig. Ja, beide sind quasi tot oder in die Nische verschwunden. Grundig gibt es so nicht mehr und ging tatsächlich ziemlich zu Grunde. Und was muss darüber heutzutage sagen? Egal ob japanischer, koreanischer, amerikanischer oder deutscher Markenname draufsteht – meistens ist eh alles Made in China. Der bei weitem nicht ungewollte Kostendruck bzw. einsparung hat eben aktuell dazu geführt. Massenware wurde so günstig, dass die Marge verschwindend gering wurde und die Prodution im Inland sinnlos wurde. Entweder gings dann ins High-End-Geschäft (hohe Margen also) / nur noch Kleinserien und Nischenartikel oder eben Schliessungen. Gleichzeitig eröffnen sich wieder andere Tore. Ich nehme jetzt einfach mal Merck. Da gabs dann am Anfang renditestarke Kristalle für den neuaufkommenden LCD-Markt. Das wurde dann zur Massenware, chinesische Anbieter kamen und die Marge war ziemlich dahin. Auch hier in die High-End-Nische gegangen und / oder andere Märke erschlossen. Dann kam OLED-Material, bei denen Merck auch eine größere Rolle und über die letzten Jahre hat man auch den Halbleiterbereich deutlich ausgeweitet.

          Ich bin absolut für weniger ideologische Debatten im Politkraum und für mehr Realismus. Gilt aber für die Doomer-Fraktion genauso. Z. B.

          „Ihre Tausendfüsslerstrategie ist richtig, der Anteil Deutschlands darin wird weiter sinken.“
          Ich will das lieber auf das normale GDP ausweiten – das Humankapital ist in den meisten Fällen der weit größere Faktor im Vergleich zu den Gedanken ob unsere ETFs jetzt 7 % oder 8 % oder 9 % p.a. machen. Das hört sich natürlich dann ganz schrecklich an und vebreitet Angst. Wer kurz den Schaum vorm Mund und den Angstschweiß wegwischt kann drüber hinwegsehen. Allein dadurch, dass die Einwohnerzahl in DE weniger stark gestiegen ist als der globale Schnitt ist muss es schon fast zwangsläufig der Fall sein. Dazu kommt noch, dass einige dieser Geburtenstarken Länder auch in die Phasen eintreten in der die Wirtschaft dann boomt, keines der reicheren Länder wird mit BIP-Wachstum von 6,7 oder 8 % mithalten können. Und ja selbst die USA sanken in diesem Falle über die letzten Jahrzehnte, vor allem wenn man das GDP über Kaufkraftparität betrachtet.

          Dass Aktienmärkte und deren Landanteile nicht die Weltwirtschaft widerspigeln zeigt sich ja z. B. im breiten MSCI China der beu weitem nicht die wirtschaftliche und soziale Entwicklung darstellt. Auch wenn es natürlich gerade im Falle Chinas es einige Indizes gibt mit verschiedenen Regeln und Zulassungen die zum Teil deutlich andere Ergebnisse hervorbringen z. B. den etwas eingeschränkteren CSI 300 mit besserer Perfomance.

          Damit will ich auch aber auch garkein selektives Investment in S-M-DAX empfehlen. Für mich selber bleib ich auch einfach beim MSCI ACWI.

          Antworten
    • Mit Verlaub, aber das ist nach. G. Frankfurt eindeutig bullshit! Wo bleibt da der optimistische und rationale Ansatz und das evidenzbasierten und stringente wie kohärente Argument?
      H.Stahr

      Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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