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ELTIF

ELTIF – die neuen Wunderfonds? 
Das neue Fondsprodukt und seine Tücken

Investieren wie die Reichen“, jubelt das Handelsblatt. „Ihr Investment in die Unendlichkeit“ – „Wo es unendliche Ressourcen gibt, da warten auch unendliche Chancen“, trommelt die Commerzbank für ihr Produkt klimaVest.

Als Privatanleger schon mit wenig Geld – zum Teil ab 25 Euro im Monat – in Infrastrukturprojekte wie Solar- und Windparks einsteigen: Auf den ersten Blick scheint eine Investition in ELTIF – Abkürzung für „European Long-Term Investment Funds“, auf Deutsch: „Europäischer Langfristfonds“ – viele Vorteile zu haben.

Wird ELTIF der neue ETF?“, fragt bereits die Frankfurter Allgemeine Zeitung und unterstellt damit indirekt eine Massentauglichkeit des Produkts.

ELTIFs sind für Privatanleger jetzt deutlich leichter zugänglich. Doch sie bergen Risiken und Tücken.

 

Was genau sind ELTIFs?

Das sind Fonds, die langfristig in Sachwerte investieren, etwa Wind- bzw. Solarparks, nicht börsennotierte Unternehmen (Private Equity), Infrastrukturprojekte wie Flughäfen oder Straßen oder Kreditfonds (Private Debt – das sind Kredite von Fondsgesellschaften an Unternehmen).

 

Was heißt langfristig?

Bei geschlossenen ELTIFs kann die Laufzeit bis zu 30 Jahren betragen. Bei offenen ELTIFs gilt meist eine Mindesthaltedauer der Anteile von 24 Monaten und eine einjährige Kündigungsfrist. Ein Verkauf an der Börse ist nicht möglich.

Die Haltefristen und Regeln für die Rückgabe von Anteilen können die Anbieter unterschiedlich ausgestalten – bis hin zu vereinzelt auch börsentäglicher Rücknahme. Hier müssen Anleger also sehr genau hinschauen.

 

Eher schwächere Diversifikation

Ein ELTIF darf bis zu 20 Prozent seines Vermögens in eine einzelne Anlage investieren. Damit gibt es eine gewisse Streuung auf mindestens fünf Objekte, was das Risiko eines Totalverlustes ein Stück weit reduziert.

In der Praxis werden es in der Regel mehr als fünf Objekte sein. So ist beispielsweise der klimaVest in mehr als 40 Anlagen investiert. Doch ein ELTIF ist längst nicht so breit gestreut wie ein Aktien-ETF, also ein börsengehandelter Indexfonds. So ist beispielsweise ein ETF, der den simplen Index MSCI World abbildet, in rund 1.500 Unternehmen von 23 Industrieländern investiert. Und Indizes, die zusätzlich Aktien aus Schwellenländer umfassen, kommen auf rund 2.800 (MSCI All Countries World) oder sogar rund 4.300 FTSE All-World Index) Unternehmen.

 

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Renditeversprechen oder -ziele bei einem ELTIF sind keine verbindliche Zusage wie beispielsweise ein vereinbarter Zins beim Festgeld.

Und wie bei jeder Geldanlage sollte man auch bei ELTIFs auf die Kosten achten. Die jährlichen Managementgebühren bei Anlagesummen unter 100.000 Euro liegen ungefähr zwischen 0,95 bis 2,6 Prozent, so das Fondsanalysehaus Scope. Zusätzlich berechnen viele Fonds eine Erfolgsgebühr. Zudem kann für Privatanleger ein Ausgabeaufschlag bis zu fünf Prozent fällig werden.

Auch Dachfonds sind möglich, die in mehrere ELTIFs investieren. Da hier nochmals Kosten anfallen, sind Dachfonds oft besonders teuer.

ELTIF Infrastrukturanlagen

ELTIFs für Privatanleger?

ELTIFs gibt es schon seit 2015, aber der Gesetzgeber hatte diverse Hürden eingezogen. So mussten Anleger mindestens 10.000 Euro investieren und mehr als 100.000 Euro Vermögen besitzen. Viele Privatpersonen waren damit außen vor.

Doch seit Januar 2024 erlaubt eine neue EU-Verordnung den Verkauf von ELTIFs ohne Mindestanlagesumme und Vermögensnachweis.

Die neue Situation führt zu offensiver Werbung für ELTIFs. Einige  Anbieter werben, mit ihrem ELTIF könne man die Energiewende unterstützen. Oder sie locken mit attraktiven Renditechancen durch den Investitionsstau bei Infrastruktur in vielen EU-Staaten.

Manche versprechen für die kommenden Jahre und Jahrzehnte zweistellige jährliche Renditen und verweisen darauf, dass Sachwerte besonders stabil seien und damit weniger anfällig für Krisen oder Crashs auf dem Kapitalmarkt.

Wir bei der Verbraucherzentrale NRW warnen allerdings davor, solchen Aussagen unkritisch Glauben zu schenken und diese gar zur Basis einer Anlageentscheidung zu machen.  

Logo_Verbraucherzentrale NRW

 

Es gibt in der Finanzwelt einige Produkte, die aus unserer Sicht in erster Linie für institutionelle und Profi-Anleger geeignet sind, aber nicht für relativ unerfahrene Privatanleger. Hier ordnen wir auch die ELTIFs ein. Das sind die Gründe dafür:

  • Es besteht das Risiko des teilweisen Verlusts der Anlagesumme, falls Projekte in ELTIFs schief gehen.
  • Bei allen Formen von unternehmerischen Beteiligungen braucht man Fachwissen, um die Erfolgsaussichten wenigstens annähernd beurteilen zu können. Private Equity etwa finanziert Unternehmen, die noch nicht börsennotiert sind. Das können auch Start-Ups sein. Solche Investitionen in der Frühphase sind besonders schwer abzuschätzen. Auch die Qualität des ELTIF-Managements können Laien nur schwer beurteilen. Und sich einfach auf die Empfehlung eines Vermittlers zu verlassen, ist keine gute Idee. Denn der verdient in der Regel am Verkauf der Produkte mit.
  • ELTIFs sind als Langfristanlage konzipiert. Daher muss jedem Anleger klar sein, dass er die Anteile in der Regel nicht verkaufen kann, falls er kurzfristig Geld braucht. Denn ein Verkauf an der Börse wie bei ETFs ist nicht möglich. Und ob man Anteile vorzeitig an den Anbieter zurückgeben kann, hängt von den konkreten Bedingungen jedes einzelnen ELTIF ab. Selbst falls eine Rückgabe zugesagt ist, wäre ein solches Versprechen aber nichts wert, falls der Anbieter dazu finanziell gar nicht in der Lage ist.
  • Unternehmerische Investitionen haben Potenzial für attraktive Renditen. Wer höhere Risiken eingeht, will logischerweise mehr verdienen als mit einer sicheren Geldanlage. Hier können ELTIFs Chancen bieten. Aber sicher sind die Renditeprognosen der Anbieter eben nicht, schon gar nicht über Jahre. Und gegen das höhere Risiko sind ELTIFs bei weitem nicht so gut durch breite Streuung abgesichert wie ETFs. Diese ist aber gerade für weniger erfahrene Privatanleger wichtig, um Risiken, die sie selbst nicht oder kaum einschätzen können, systematisch etwas zu reduzieren.
  • Schließlich besteht die Gefahr, dass erfahrene Institutionelle die Projekte mit attraktivem Chance-Risiko-Profil für sich herauspicken, so dass tendenziell die weniger vorteilhaften übrig bleiben, die dann mittels ELTIFs zudem über einen recht kostenintensiven Vertriebsweg an Privatanleger verkauft werden. Folge dieser möglichen Negativselektion könnte sein, dass mit ELTIFs eher mäßige Renditen bei erhöhten Risiken auftreten. Ob diese Befürchtung eintritt, wird sich jedoch erst nach einigen Jahren zeigen.  

 

Fazit

Privatanleger, die trotzdem im Bewusstsein aller Risiken in ELTIFs investieren wollen, sollten dies nur als Beimischung tun. Das bedeutet, bei dem – hoffentlich breit gestreuten – eigenen Vermögen sollte man für ELTIFs einen Anteil von maximal fünf Prozent in Betracht ziehen. Und dies auch nur mit Kapital, das man kurz- und mittelfristig nicht benötigt.

Denn einen möglichen finanziellen Verlust muss man sich leisten können, ohne dass die eigene Lebensplanung gefährdet wird. Und dies wird umso problematischer, je höher die Gewichtung eines einzelnen Anlageprodukts innerhalb des eigenen Portfolios ist.

Auch wenn die Werbe-Offensive etwas anderes suggeriert: Insgesamt sind ELTIFs ein Produkt für institutionelle und professionelle Investoren, wegen der Kosten und Risiken aber nichts für die allermeisten Privatanleger.

Diese sollten sich gut überlegen, ob sie für ein Sachwertinvestment zum Beispiel mit Aktien-ETFs nicht einfacher, besser und sicherer fahren. Teilweise ist es schon für Fachleute nicht leicht, ELTIFs vollständig zu durchblicken. Für Privatanleger ist dies schwer bis unmöglich.

Zudem ist das investierte Geld meist auf Jahre gebunden, zwischenzeitliche Auszahlungen im Krisenfall nicht garantiert. Mit all dem birgt die neue EU-Verordnung die Gefahr, dass Menschen leichteren Zugang zu Finanzprodukten bekommen, die für sie am Ende gar nicht geeignet sind.

 

Profil Stephanie Heise vz NRW ELTIF Gastbeitrag Hartmut Walz Finanzblog

Erschienen am 21. Juni 2024.
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4 Gedanken zu „ELTIF“

  1. Vielen Dank für Ihren Artikel! Als Kleinanlegegrin ohne Branchenwissen werde ich nun einen begründet weiten Bogen um diese Finanzprodukte machen.
    Herzliche Grüße
    Inge

    Antworten
  2. …auf den Punkt gebracht, Frau Heise!
    Vielen Dank für die hervorragende Zusammenfassung, Ihre Beurteilung und dass Sie auch nicht nur die von den Anbietern allzu schön klingenden Vorteile oder Chancen nennen, sondern durchaus auch kritisch einen Blick auf die „zweite Seite der Medaille“ werfen.
    Die Finanzindustrie hat mit ELTIF mal wieder eine neue „Sau, die durchs Dorf getrieben“ werden kann – verbunden mit der Erzielung von neuen Provisionen, logischerweise. Da scheint der Kunde als Mittel zum Zweck?!?
    Daher nochmals DANKE für die Aussage, dass man sich das genau und gut überlegen sollte, ob und wie man hier „investiert“.

    Viele Grüße
    Volker Hildebrand

    Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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