Sind die Immobilienkäufer verrückt geworden?
Scheinbar irrationale Immobilienpreise und die Angst vor einer großen Immobilienblase
In letzter Zeit schreiben mir BlogleserInnen vermehrt, dass sie eine angeblich „verrückte“ Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt beobachten. Oder gar das Platzen einer Immobilienblase in Deutschland erwarten.
Mehrere berichteten von einer Verdoppelung des Preises einer konkreten Immobilie zwischen Kauf und Verkauf binnen der letzten zehn Jahre.
In manchen Fällen sei der Preis gar ums Zweieinhalb- oder Dreifache gestiegen. Diese Angaben beziehen dann jedoch häufig auf längere Zeiträume (wie man erst bei intensivem Nachfragen erfährt).
Sind die Immobilieninvestoren also verrückt geworden?
Handeln immer mehr Marktteilnehmer irrational? Entfernen sich die Immobilienpreise von jeglicher ökonomischen Vernunft? Und entsteht – wie in vielen reißerischen Veröffentlichungen behauptet – eine gigantische Immobilienblase, die bald zum Zusammenbruch des Immobilienmarktes führen muss?
Eine gigantische Immobilienblase?
Gerne möchte ich die These von einer gigantischen Immobilienblase näher beleuchten.
Das Ergebnis vorab: Natürlich kann niemand in die Zukunft sehen. Daher ist auch ein scharfer Preisrückgang auf dem Immobilienmarkt nicht völlig auszuschließen.
Versachlicht man jedoch die Beobachtungen, so wird aus der Immobilienblase bestenfalls ein Bläschen. Und ihr Platzen in naher Zukunft und auch überhaupt ist keineswegs unausweichlich oder „höchst wahrscheinlich“.
Versachlichung tut not
Zunächst ein wenig Rechnerei und dann die Interpretation…
Rechnerei
Beginnen wir mit dem Beispiel der Preisverdoppelung einer Immobilie binnen der letzten zehn Jahre. Das klingt zwar spektakulär, entspricht jedoch einer schon nicht mehr ganz so spektakulären Wertsteigerung von ca. 7% pro Jahr.
Das ist schnell und einfach wie folgt errechnet:
Die Verdoppelung der Preise bedeutet einen kumulierten Wachstumsfaktor von Zwei. Die zehnte Wurzel von 2 beträgt 1,0718 – woraus sich ein Prozentsatz von 7,18 ableiten lässt. Oder umgekehrt. Wenn ein Wert 10 mal hintereinander mit 7,18% wächst, dann hat er sich verdoppelt.
Ein hundertprozentiges Wachstum binnen zehn Jahren bedeutet aufgrund des Exponentialeffektes nämlich keinesfalls 10% durchschnittlich pro Jahr, wie die unten stehende Abbildung verdeutlicht.
Bei der noch spektakulärer wirkenden Vervierfachung eines Immobilienpreises binnen 20 Jahren ergibt sich exakt der gleiche Prozentsatz pro Jahr.
Dies überrascht nur auf den ersten Blick, da es sich per Saldo lediglich um eine Verdoppelung der Verdoppelung in der zweiten Hälfte der 20-Jahres-Frist handelt. Und der Taschenrechner bestätigt, dass die 20. Wurzel aus Vier eben wieder exakt zu dem obigen Prozentsatz von 7,18% führt.
Bei (lediglich) einer Verdreifachung der Preise im 20-Jahres-Zeitraum ergeben sich nur noch 5,46%. Das wirkt schon gar nicht mehr spektakulär.
Zu Ihrer Bequemlichkeit finden Sie nachfolgend eine Tabelle, die aus dem Faktor der kumulierten Preissteigerung und der zugehörigen Dauer auf die jährliche prozentuale Steigerung schließen lässt.
Lesebeispiel
Gelb unterlegter Fall: Eine Immobilie wurde vor 30 Jahren für umgerechnet 100.000 Euro erworben und in diesem Jahr mit 400.000 Euro Gewinn weiterveräußert. Der Verkaufspreis von 500.000 Euro entspricht einem Faktor von 5 (Verfünffachung) und damit einer jährlichen Steigerung von 5,51%.
Orange unterlegter Fall: Die Verdreifachung (Faktor 3) nach einer Haltedauer von 40 Jahren wirkt zunächst auch noch attraktiv. Jedoch entspricht der durchschnittliche jährliche Steigerungsfaktor von 2,78% mehr oder weniger der jährlichen Inflationsrate im Betrachtungszeitraum – wenn man annimmt, dass sich das Ganze in Deutschland abspielt.
Zwischenergebnis
Wenn Sie im Bekanntenkreis öfters mal Geschichten von einer unglaublichen Wertentwicklung einer Immobilie hören, weil jemand berichtet, wie „billig“ die Großmutter ein Haus erworben habe und mit wie viel Gewinn es dann 50 Jahre später verkauft worden sei, dann beziehen Sie die Möglichkeit ein, dass die Betroffenen sich einfach von der kumulativen Wirkung der Exponentialfunktion täuschen ließen.
Und Sie wissen es (spätestens jetzt) besser.
„Richtige“ Bewertung von Immobilien
Wenn man die These von „völlig überzogenen“ Immobilienpreisen überprüfen möchte, dann müsste man „richtige“ oder „angemessene“ Immobilienpreise kennen. Daher ein versachlichender Blick auf Möglichkeiten zur Bewertung.
In der Praxis gibt es hierzu drei Verfahren, nämlich das
- Vergleichswertverfahren
- Substanzwertverfahren
- Ertragswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren mag im Einzelfall hilfreich sein, um die Angemessenheit des Preises einer Immobilie in Relation zu anderen, ähnlichen und somit vergleichbaren Immobilien zu bestimmen. Zur Identifikation einer Preisblase – also des massenhaften Auftretens einer Überbewertung – taugt es nicht. Und wird folglich nicht weiter vertieft.
Nicht viel besser ist das Substanzwertverfahren zur Beantwortung unserer Fragestellung geeignet. Hier erfolgt die Wertermittlung auf Basis des Bodenwertes plus der Herstellungskosten (also Löhne und verbauter Materialien). Wobei bei gebrauchten Immobilien Wertabschläge für die bereits erfolgte Abnutzung erfolgen können.
Am besten geeignet – und bei makroökonomischen Analysen meistens genutzt – ist das Ertragswertverfahren. Es baut auf dem Grundsatz auf, dass der ökonomisch korrekte Wert eines jeden Gegenstands sich aus dem Barwert seiner künftigen Erträge ergibt.
Sobald eine Person einen höheren Preis als den Ertragswert bezahlt, handelt sie – vordergründig gesehen – ökonomisch irrational.
Sie könnte jedoch spekulieren (z.B. auf in der Zukunft steigende Erträge oder auf die Irrationalität Dritter). Oder es liegen emotionale Gründe (z.B. Liebhaberei) vor, die subjektiv einen höheren Preis rechtfertigen.
Ertragswertverfahren
Die Ertragswertmethode erscheint als Hinweis auf den „richtigen“ Wert sofort plausibel. Ihre technische Anwendung ist auch kinderleicht. Denn die künftigen Erträge müssen einfach jeweils für den Zeitraum zwischen ihrem Eintreffen und heute mit einem angemessenen Zinssatz diskontiert (abgezinst) und dann aufsummiert werden.
Fertig ist der Ertragswert.
Jedoch steckt der Teufel im Detail. Zur Ermittlung der Datengrundlage für die Errechnung des Ertragswertes müssen drei Annahmen getroffen bzw. Fragen geklärt werden.
- Wie hoch sind die zukünftig eintretenden Erträge?
- Über wie viele Jahre werden die Erträge fließen? Hier ist eine Lebensdauerschätzung erforderlich, denn auch Immobilien sind endlich
- Welche Höhe des Diskontierungszinssatzes ist angemessen?
Die Frage nach Höhe und Dauer der Erträge wird hier nicht weiter vertieft. Bei vermieteten Immobilien dürfen natürlich nur Netto-Kaltmieten angesetzt werden. Und bei selbstgenutzten Immobilien wäre die ersparte Netto-Kaltmiete zugrunde zu legen.
Auch die Lebensdauer sollte individuell bedacht werden. Jedoch steckt in ein paar Jahren veränderter Lebensdauer kein großer Hebel, wie die untenstehende Tabelle zeigt. Und Szenario-Betrachtungen sowohl hinsichtlich Ertragshöhe wie auch Lebensdauer geben bei Datenunsicherheit einen guten Überblick des Ergebnisspektrums.
Jedoch wird erkennbar, dass dem Zinsniveau, also der Höhe des Diskontierungszinssatzes eine ganz enorme Hebelwirkung zukommt.
Diskontierungszinssatz
Das Zinsniveau ist in den letzten Jahren ganz enorm gesunken und befindet sich aktuell auf Tiefstständen. Selbst für langfristige Immobiliendarlehen sind Zinssätze von um und unter 1% p.a. völlig marktüblich.
Die nachstehende Tabelle verdeutlicht den enormen Einfluss unterschiedlicher Zinssätze auf den Ertragswert.
Die Daten stammen von einer qualitativ hochwertigen Immobilie mit langer Lebensdauer (Nutzungsdauer) und jährlicher Kaltmiete nach allen Kosten i.H.v. 10.000 EUR. Es werden keine Mietsteigerungen angenommen. Die Berechnung in Euro wird für drei alternative Nutzungsdauerannahmen nämlich 50 Jahre, 100 Jahre und unendliche Laufzeit durchgeführt.
Zinsen sind starker Werttreiber
Folgende wesentliche Erkenntnisse lassen sich aus den Ergebnissen der kleinen Modellrechnung ableiten:
Erstens: Der an Ertragswerten (Barwerten) errechnete „faire Preis“ der Immobilie steigt durch sinkende Zinsen enorm. Diese Erkenntnis ist zwar grundsätzlich bekannt, wird jedoch in weiten Kreisen der Bevölkerung völlig unterschätzt. Gerade das derzeit extrem niedrige Zinsniveau führt zu hohen Ertragswerten.
Im Buch „Einfach genial entscheiden im Falle einer Finanzkrise: Konstruktive Crashgedanken“ beleuchte ich, warum ein Ende der Niedrigzinswelt unwahrscheinlich ist und welche Folgen diese Null- und Niedrigzinspolitik der Notenbanken haben.
Zweitens: Je länger die unterstellte Nutzungsdauer der Immobilie, desto stärker der Effekt. Eine Immobilie mit langer Nutzungsdauer (z.B. Neubau mit sehr solider Bauweise) profitiert im o.g. Beispiel durch eine Wertsteigerung um Faktor sieben bis acht. Während die Immobilie mit 50-jähriger Nutzungsdauer (z.B. Fertighaus oder Haus in Holzbauweise) etwa um den Faktor drei im Wert steigt.
Um präzise zu sein, müssten die Berechnungen für die Immobilie und das Grundstück separat erfolgen, da Grund und Boden ja stets eine unbegrenzte Nutzungsdauer aufweisen. Hierauf wurde im Demonstrationsbeispiel verzichtet.
Drittens: Während eine Veränderung der angenommenen Nutzungsdauer bei hohen Zinssätzen nur einen marginalen Unterschied im Ertragswert ausmacht, wird diese bei sinkenden Zinssätzen immer größer. Das liegt einfach daran, dass weit in der Zukunft liegende Erträge bei höherem Zinssatz erheblich stärker abgewertet (diskontiert) werden als bei geringerem Zinssatz. Extremfall: Bei einem Zinssatz von Null entsprächen die Zukunftswerte den Gegenwartswerten.
Mietsteigerungen machen Ertragswert-Unterschiede noch größer
Würde man im obigen Beispiel noch zusätzlich Mietsteigerungen annehmen, so führen sinkende Zinsen zu einem vergleichsweise noch größeren Anstieg der Ertragswerte.
Anhand der Immobilie mit 50-jähriger Nutzungsdauer aus der obigen Tabelle lässt sich das beispielhaft zeigen. Sinkt der Bewertungszins von 6% auf 1% p.a., so steigt der Ertragswert von 157.819 Euro auf 391.961 Euro – also etwa das Zweieinhalbfache (exakter Faktor: 2,48).
Würde man durchschnittliche Mietsteigerungen von z.B. 3% p.a. unterstellen, so wächst dieser Faktor auf 3,3 – der Ertragswert profitiert also nochmals stärker von der Zinssenkung.
Marktteilnehmer sind rationaler als mancher denkt
Vergleicht man den tatsächlichen Anstieg der Marktpreise von Immobilien mit den rechnerischen Ertragswertpreisen, wird folgendes deutlich:
Von wenigen Extremfällen abgesehen, spiegelt die Veränderung der Marktpreise die Veränderung der Ertragswerte von Immobilien nicht vollständig wieder.
Die Marktteilnehmer sind also weder „verrückt geworden“, „ausgeflippt“ noch haben sie kollektiv den „Verstand verloren“.
Sie folgen – mit Sicherheitsabstand – der ökonomischen Logik einer zum Dauerzustand werdenden Nullzinswelt.
Die Immobilienpreise müssten in der breiten Masse eher noch höher liegen
Rein rechnerisch und bei Unterstellung dauerhafter Mini-Zinsen für langfristige Anlagen müssten die Immobilienpreise in der breiten Masse eher noch höher liegen.
Dass das nicht so ist, könnte folgende Gründe haben:
Erstens: Ein Teil der Marktteilnehmer glaubt (noch) nicht daran, dass die Zinsen wirklich dauerhaft so niedrig bleiben. Denn wenn die Zinsen ansteigen, gehen die Ertragswerte eben auch mit der gleichen Logik wieder nach unten. Also kalkulieren die Entscheidungsträger lieber mit einem höheren Durchschnittszins und nicht den aktuellen Marktzinsen.
Zweitens: Marktteilnehmer fügen den Zinsen eine Risikoprämie hinzu. Sie rechnen aktuell also z.B. nicht mit reinen Finanzierungskosten von unter 1%, sondern lieber mit 2,5 oder 3% p.a. – um einen gewissen Risikopuffer zu haben.
Beide Argumentationen sind ökonomisch absolut vernünftig und schützen vor euphorischen Übertreibungen.
Immobilieneigentum als Zinsspekulation?
Es klingt krass, ist aber leider Tatsache: Es gibt kaum eine Anlageklasse, die so zinssensibel ist wie Immobilien.
Der oft übersehene Grund: Immobilien weisen eine vergleichsweise sehr lange Nutzungsdauer und im Verhältnis zur Kapitalbindung vergleichsweise geringe laufende Cash-Flows auf. Woraus sich eine hohe durchschnittliche Kapitalbindungsdauer (Duration) ergibt.
Und das macht die Bewertung von Immobilien extrem zinsabhängig.
Kurz gesagt: Immobilieninvestitionen profitieren von sinkenden bzw. niedrigen Zinsen – präziser gesagt: Realzinsen, also Zins minus Inflationsrate.
Hohe bzw. steigende (Real-)Zinsen sind hingegen Gift für Immobilieninvestments.
Vergleichen Sie die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer einer Immobilie z.B. mit einer Unternehmensanleihe von drei oder fünf Jahren Laufzeit, so wird das schlagartig deutlich.
Gegenbeispiel: Die im Finanzblog bereits besprochene hundertjährige Staatsanleihe hat ebenfalls eine sehr lange Kapitalbindungsdauer.
Bei Interesse gönnen Sie sich einen Blick auf die Kursentwicklung dieser Anleihe und bestaunen Sie, wie empfindlich der Wert auf selbst kleine Zinsveränderungen reagiert (ISIN: AT0000A1XML2).
Damit etwa vergleichbar ist die Bewertung von Immobilien – nur dass Sie als Eigentümer das (glücklicher Weise) nicht täglich erleben. Da es keine Kursnotiz für Immobilien gibt.
Hohe Immobilienpreise nur Teil der allgemeinen Sachwertinflation
Das viele billige Geld und die konstant niedrigen Zinsen – gepaart mit der überwiegenden Markterwartung, dass eine Rückkehr zu nennenswert höheren Zinsen auf viele Jahre sehr unwahrscheinlich ist, stellen also den wichtigsten Treiber der Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt dar.
Jedoch sind neben Immobilien (in unterschiedlichem Umfang) auch alle anderen Sachanlageklassen von der Nullzinswelt betroffen. Und zwar umso stärker, je größer die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer (Duration) der jeweiligen Anlage ist.
Platzen der Immobilienblase also ausgeschlossen?
Von einem Platzen der Immobilienblase würde ich nicht sprechen, da es – vielleicht abgesehen von einzelnen „Hot-Spots“ (Berlin, München, Hamburg, Köln, …) – keine Blase gibt, die platzen könnte. Sondern lediglich ökonomisch gerechtfertigte hohe Preise.
Trotzdem ist das Szenario eines harten Preisverfalls nicht ausgeschlossen.
Nämlich dann, wenn es im Rahmen eines Deflationsszenarios oder sogar einer deflationären Spirale zu steigenden Immobilienverkäufen bei verhaltener Nachfrage kommt. Und in der Folge z.B. eine Verkaufswelle bzw. Zwangsversteigerungen von Immobilien einsetzen, deren Inhaber mit hohem Kredithebel gearbeitet haben.
Dieses Szenario wird im Blogbeitrag „Cash ist gerade King“ beschrieben.
Und was bedeutet das nun konkret für Sie?
- Da Immobilien wie schon der Name sagt immobil sind, ist ihre Bewertung extrem von der jeweiligen Lage sowie dem Stadt-Land-Faktor abhängig.
- Insgesamt sind die Immobilienpreise in Deutschland in den letzten zehn bzw. zwanzig Jahren schon kräftig gestiegen, während es davor einige Jahrzehnte eher mäßiger Preissteigerungen gab.
- Das Wachstum der Immobilienpreise wird durch „Hörensagen“ jedoch häufig überschätzt, da Schlageworte wie „Verdoppelung“ oder „Verdreifachung“ stark beeindrucken. Die Fehleinschätzung wird auch durch den Exponentialeffekt verursacht. Das heißt, bei Umrechnung auf Jahresbasis wirken die Zahlen meist weniger gewaltig.
- Hinter dem vergleichsweise stärkeren Anstieg der Immobilienpreise in den letzten Jahren steckt insbesondere die Treibergröße „Zinsen“. Immobilien sind aufgrund ihrer langen Lebensdauer (Nutzungsdauer) und folglich hohen durchschnittlichen Kapitalbindungsdauer eine extrem zinsempfindliche Anlageklasse.
- Bei längerem Fortbestand der Nullzinswelt und damit Vergabe billiger Immobilienkredite sind scharfe Preisrückgänge von Immobilien auf breiter Front kaum denkbar.
- Lediglich im unwahrscheinlichen Fall einer Deflationsspirale könnten durch Notverkäufe und Zwangsversteigerung trotz niedriger Zinsen auch Immobilien stark an Wert verlieren.
- Im Fall eines starken Zinsanstiegs sinkt das Preisniveau von Immobilien mit Sicherheit, da deren Ertragswerte auf breiter Front zurückgehen. Unter der Prämisse des Fortbestands der Eurozone ist dieses Szenario jedoch angesichts der hohen Verschuldung und schlechter staatlichen Haushaltslage sehr unwahrscheinlich.
- Von einem verantwortungsvollen Immobilieninvestment mit ausreichendem Eigenkapitalanteil (Minimum 20% des Kaufpreises plus Kaufnebenkosten) rate ich daher nicht ab. Im Gegenteil: Das Horten von Geldvermögen in der Hoffnung auf Schnäppchenpreise nach einem erhofften Immobiliencrash ist eher als riskante Spekulation anzusehen – die sehr wohl schief gehen kann.
- Von Immobilieninvestments ohne Eigenkapital oder mit hohem Verschuldungshebel rate ich ab. Diese Objekte würden die ersten sein, die im Krisenfall in die Zwangsverwertung gehen und mit dem Angebotsdruck als Brandbeschleuniger für eine Deflationsspirale wirken.
Nun empfehle ich Ihnen noch die beiden Blogbeiträge Immobilien als Anlageklasse.
Und auch den zweiten Teil zu diesem Beitrag – mit topaktuellem Echtbeispiel und ausführlicher Berechnung…
All das passt ja zur allgemeinen Corona-Empfehlung der Stunde, zu Hause zu bleiben. In diesem Sinne bleiben Sie gesund – und zuversichtlich.
Und bitte empfehlen Sie diesen Blogbeitrag weiter.
Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!
Erschienen am 20. November 2020.
Tabelle “Einfluss unterschiedlicher Zinssätze auf den Ertragswert” korrigiert am 23. November 2020.
Link zum 2. Teil ergänzt am 27. November 2020.
Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.
Sehr geehrter Herr Walz,
zunächst einmal möchte ich Ihnen für ihre unermüdliche Aufklärungsarbeit sehr danken. Man findet im Netz selten so spannende und informative Finanzinformationen. Als regelmäßiger Leser ihrer Bücher und Blogs, sind mir die Themen ‘Asset Inflation’ und ‘Wohlstandsillusion’ ja nicht ganz unbekannt. Als Anleger versuche ich das Phänomen für mich einzuordnen und stelle mir immer wieder die Frage, welcher Anteil der Preisentwicklung eines Assets durch den (geringen) Zins verursacht wird, welcher Anteil nur einen Währungsverfall darstellt und wie hoch der reale Wertzuwachs ist. Man findet zu der Frage ‘wie groß ist die Asset-Inflation’ auch nur wenig Studien. Ich würde mich freuen, wenn Sie darüber bei Gelegenheit mal einen Blog machen würden. Ich bin z.B. Ihren Ratschlag des ‘Perspektivenwechsels’ gefolgt und habe die von Ihnen entwickelte Privatbilanz für mich einmal zu verschiedenen Zeitpunkten in die ‘Währung’ Gold umgerechnet, um einen “realen” Vermögenszuwachs zu ermitteln – vielleicht ein Ansatz?
Mit besten Grüßen,
Andreas Cappel
Lieber Andreas Cappel, herzlichen Dank für Ihren Kommentar! Und die darin geäußerte Einschätzung zur Vermögenspreisinflation. Ihre Anregung, die Privatbilanz einmal auf den Goldpreis zu beziehen, ist ganz sicher ein interessanter Perspektivenwechsel für Menschen, die ein wenig Zeit für Ihre künftige Vermögensstrukturierung einsetzen können.
Auf alle Fälle behalte ich das Thema im Blick und werde bei wesentlichen Entwicklungen wieder darauf zurückkommen.
Alles Gute weiterhin und herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!