Schöne neue Geldpolitik – Wie eine junge Wirtschaftstheorie die Welt verbessern will
Gastbeitrag Benedikt Hausmann, Ludwigshafen a.Rh.
Ein kritischer Blick auf die Modern Monetary Theory und erste Umsetzungsschritte in den USA
Prolog
Der nachstehende Gastbeitrag gibt einen grundlegenden Überblick der wichtigsten Thesen und Ansatzpunkte der Modern Monetary Theory (MMT).
Er zeigt auch erstmalige Ansätze zu ihrer Umsetzung in den USA auf sowie hochaktuelle Indizien für Vorboten resultierender Inflation.
Auch in der Eurozone wird – insbesondere seitens der EZB – über die Anwendung von Instrumenten der MMT nachgedacht. Daher erscheint der Blick über den Teich als wertvolle Information, was – mit etwas zeitlicher Verzögerung – auch auf die Länder der Eurozone zukommen könnte.
Inflationsgespenst?
Egal, ob Sie tagtäglich Fachzeitschriften nach den neuesten ökonomischen Entwicklungen durchforsten oder nur gelegentlich den Wirtschaftsteil Ihrer Tageszeitung durchblättern: Sicher sind Sie in den letzten Wochen auf reißerische Überschriften wie „Die Rückkehr des Inflationsgespenstes“ oder „US-Inflation auf höchstem Stand seit 13 Jahren“ gestoßen.
Die Sorgen vor einer deutlich steigenden Inflation, die viele namhafte Ökonomen bereits im Zuge der Verabschiedung der Billionen schweren Konjunkturpakete zu Beginn der Corona-Krise im vergangenen Jahr äußerten, scheinen sich allmählich in der Realwirtschaft widerzuspiegeln.
So stieg im Juli 2021 der Verbraucherpreisindex (VPI), der die Preise eines durchschnittlichen Warenkorbes aus Gütern und Dienstleistungen eines US-Haushalts abbildet, auf 5,4 Prozent. Dem höchsten Wert seit der Finanzkrise 2008.
Auch die Kerninflation, die volatile Elemente wie Energiekosten und Lebensmittel aus dem Warenkorb ausnimmt, stieg auf 4,5 Prozent. Was den höchsten Anstieg seit 1992 bedeutet.
Wer hätte auch schon ahnen können, dass das Einflößen von insgesamt mehr als drei Billionen US-Dollar (in Zahlen: $3.000.000.000.000) in die US-Wirtschaft inflationäre Konsequenzen haben würde? 😊
Modern Monetary Theory (MMT)
Ökonomen der klassischen Schulen raten hinsichtlich dieser Entwicklung zu einer Zügelung der von Nullzinsen und ständigen Konjunkturstimuli geprägten Geldpolitik.
Jedoch dominiert in den USA die Anhängerschaft einer jungen Geldtheorie, die Nullzinsen und Stimuli fortsetzen wollen. Da sie dies als stetigen und notwendigen Bestandteil einer modernen und wachstumsstarken Ökonomie ansehen.
Den ansteigenden inflationären Druck interpretieren sie dabei als unproblematische Begleiterscheinung. Inflation könne ein Staat mit einer autonomen Zentralbank (oder eine Staatengemeinschaft wie die Eurozone) nämlich jederzeit steuern – also im Griff behalten.
Die Rede ist von der Modern Monetary Theory (MMT), zu Deutsch: moderne Geldtheorie.
Begründet wurde sie von einer kleinen Gruppierung gleichgesinnter Ökonomen, die ihre Gedanken und Thesen hauptsächlich über das Internet verbreiteten. Die Theorie erlangte insbesondere seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie immer mehr Relevanz in der US-amerikanischen Wirtschaftspolitik.
Das wohl bekannteste Gesicht der MMT ist Stephanie Kelton, die während der US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 als wirtschaftliche Beraterin des demokratischen Kandidaten Bernie Sanders fungierte.
Doch was repräsentiert diese Wirtschaftstheorie, die in ihrem Fundament nachweislich fest in der marxistischen Theorie verwurzelt ist?
Turmhohe Schulden? Egal!
Das Statement, welches oft im Zusammenhang mit MMT angeführt wird und die Theorie am prägnantesten zusammenfasst, lautet „deficits don´t matter“ (Schulden sind egal).
Es beschreibt die Kernthese der MMT. Welche besagt, dass Staaten, die ihre eigene Währung und volle Kontrolle über ihre Zentralbank besitzen, Haushaltsdefizite stets durch das Drucken von neuem Geld ausgleichen können.
Die einzige Beschränkung liege hierbei in der resultierenden Inflation. Da die stetige Erhöhung der Geldmenge durch den Staat schnell zu einer Überhitzung der Wirtschaft führen kann.
Folglich sei der Staat in der Gestaltung seines Haushalts nicht mehr auf die Besteuerung von Unternehmen und Bürgern angewiesen. Besteuerung diene lediglich zur Regulierung der Geldmenge, der ökonomischen Aktivität und letztlich insbesondere der Inflationsrate.
Diese Konstellation ermögliche es dem Staat, fortlaufende Investitionen in Konjunktur und Infrastruktur zu tätigen, ohne vorher über die nötige Liquidität zu verfügen.
Grundsätzlich bedient sich die MMT primär den Instrumenten der Fiskalpolitik. Also der Anpassung der staatlichen Investitionstätigkeit und der Höhe von Steuern. Während die Geldpolitik durch ein grundsätzliches Festlegen der Zinsen auf null beiseitegeschoben wird.
Somit erheben die modernen Monetaristen in ihrer Theorie die in den letzten Jahren schleichend eingeführte Nullzinspolitik der Zentralbanken zum fortwährenden Standardmodell – einer neuen Normalität.
Wohlstand für alle!
Die Vertreter der MMT propagieren mit ihren Empfehlungen nicht weniger als einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Geld- und Wirtschaftspolitik: Weg vom sparsamen Staat, der stets nur auf die Schuldenbremse drückt. Hin zu einer Wohlfühlgesellschaft, in der ein großzügiger Staat mithilfe seines frisch gedruckten Geldes vor allem den ärmeren Gesellschaftsschichten in verschiedensten Formen unter die Arme greift.
So fordern die modernen Monetaristen unter anderem
- eine kostenlose Krankenversicherung für alle,
- eine staatlich subventionierte Jobgarantie mit einem Mindestlohn von $15 für jeden, der gerne einen Job haben möchte sowie
- umfassende und ständige Investitionen in die Infrastruktur, etwa zur Sanierung von Krankenhäusern, Schulen und Straßen.
Das zugrunde liegende Modell, das von Fachleuten nach seinem Begründer Michal Kalecki benannt wurde, klingt so einfach wie erstrebenswert:
Der Staat mit einer autonomen Zentralbank druckt sein eigenes Geld, wann immer er es für seine umfassenden Investitionen benötigt. Droht die Wirtschaft als Folge der steigenden Geldmenge zu überhitzen, fährt der Staat seine Investitionstätigkeit zurück. Und entzieht dem Markt durch die gezielte Erhebung von Steuern das Geld wieder.
Das Ergebnis ist – so die Theorie – neben einer florierenden und stabilen Wirtschaft eine glückliche Bevölkerung, in der es keine wachsende Schere zwischen Arm und Reich mehr gibt. Und dank der Jobgarantie jeder einen Beitrag zur Gesellschaft leistet.
…oder etwa doch nicht?
Wie so oft im Leben hat alles, was so einfach und schön klingt, gewaltige Haken. Denn: die modernen Monetaristen machen es sich in vielen Aspekten ZU einfach.
Indem sie entscheidende ökonomische Schlussfolgerungen auslassen oder vorab völlig unrealistische Annahmen treffen, um ihrem utopischen Ziel einer stets prosperierenden Wirtschaft und Gesellschaft auf Schuldenbasis gerecht werden zu können.
So setzt bereits das Kalecki-Modell im Herzen der MMT voraus, dass der Staat zu jedem Zeitpunkt exakt weiß, auf welchem Auslastungsniveau die heimische Wirtschaft produziert. Um somit die eigene Investitionstätigkeit und Besteuerung entsprechend regulieren zu können.
In Zeiten, in denen selbst Institutionen wie die Federal Reserve (kurz FED, US-amerikanische Zentralbank) komplizierte mathematische Schätzmodelle (siehe: NAIRU) bemühen müssen, um eine einigermaßen realistische Einschätzung zum Stand des Arbeitsmarktes abgeben zu können, ist das eine sehr ambitionierte Annahme.
Schwerer noch wiegt in diesem Zusammenhang das Ignorieren des Gesetzes der Knappheit von Ressourcen. In der MMT hat die Erhöhung der Investitionstätigkeit des Staates stets eine unmittelbare Verbesserung der ökonomischen Aktivität zur Folge. – Die Begrenztheit von essenziellen Ressourcen wie Rohstoffen und qualifizierter Arbeitskraft wird hierbei nicht berücksichtigt. Was hinsichtlich des aktuellen Fachkräftemangels und der globalen Ressourcenknappheit besonders fatal ist.
Sind diese endlichen Ressourcen nur unzureichend verfügbar oder gar aufgebraucht, nutzt alles künstlich erzeugte Geld der Welt nichts, um die Produktion anzukurbeln. Diese Problematik wurde im Zuge der Corona-Pandemie insbesondere hinsichtlich der lahmenden Produktion aufgrund fehlender Impfstoffe deutlich.
Annahmen wenig realistisch
Generell bedienen sich moderne Monetaristen einer extrem vereinfachten Ansicht auf die moderne Ökonomie:
- die heimische Produktion besteht im Grunde nur aus einem einzigen Sektor,
- Sachressourcen sind jederzeit vorhanden,
- multi-laterale Beziehungen spielen lediglich eine untergeordnete Rolle.
Dieser Prämissen-Mix ist in unserer gegenwärtigen, globalisierten Weltwirtschaft höchst unrealistisch. Denn ein sich beschleunigender technologischer Fortschritt führt schnell zur Verknappung verschiedenster Sachressourcen (von Sand, über Industriemetalle, über Nahrungsmittel, bis hin zu Computer-Chips). Und komplexe internationale Handelsbeziehungen, von geopolitischen Erwägungen beeinflusst, definieren die sich kurzzyklisch verändernden Rahmenbedingungen des Welthandels.
Die Modern Monetary Theory verspricht simple Lösungen zu komplexen wirtschaftlichen Problemen. In einer tatsächlichen Umsetzung der Theorie ist jedoch zu befürchten, dass die Folgen nicht – wie von modernen Monetaristen propagiert – soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stabilität und konstantes Wachstum wären. Sondern eher ein Kontrollverlust über die Inflation.
Die aktuellen Entwicklungen in der US-Wirtschaft könnten ein erstes Indiz dafür sein.
Joe Biden – ein Modern Monetarist?
Mit dem Wahlsieg von Joe Biden im November 2020 und der gleichzeitigen Erlangung der Mehrheit im Senat durch die Demokraten haben viele Merkmale der MMT Einzug in die US-amerikanische Wirtschaftspolitik gehalten.
So finden sich einige der vorab erwähnten Forderungen der modernen Monetaristen nahezu identisch im „American Jobs Plan“ der Biden-Administration wieder. Wie etwa der Mindestlohn von $15. Oder die umfassenden Investitionen in die Infrastruktur.
Auch die Ernennung von Janet Yellen als Finanzministerin sendet ein deutliches Signal. Yellen ist bekannt dafür, sich eher um Arbeitslosigkeit als um Inflation zu sorgen. Und gilt als starke Befürworterin von umfassenden Konjunkturstimuli.
Gleichzeitig bleibt die Federal Reserve ihrem Kurs der vergangenen Jahre treu: Ganz im Sinne der MMT verharren die Zinsen bei null. Während die Konjunktur durch ständige Zuschüsse und den Zukauf von Wertpapieren weiter angekurbelt wird.
Übrigens: Das Balance Sheet (Bilanz) der FED hat mittlerweile die Marke von acht Billionen US-Dollar überschritten. Ich erspare Ihnen und mir an dieser Stelle, diese Zahl erneut auszuschreiben.
Wohin geht die Reise?
In den kommenden Wochen muss die Entwicklung der Kennzahlen zur Inflation in den USA genauestens beobachtet werden, um die Aussagekraft des aktuellen Trends der steigenden Inflation sinngemäß einordnen zu können.
Zentrale Institutionen wie die FED oder auch die EZB üben sich derweil in Beschwichtigung. Und versichern, die Inflation unter Kontrolle zu haben.
Gleichzeitig wird der Zielwert der angestrebten Inflation von 2% p.a. nach oben korrigiert. Getreu dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht.
Bereits jetzt zeigt sich: Die Zufuhr von historisch unvorstellbar hohen Mengen an Geld in die Wirtschaft in Form von Konjunkturpaketen und das gleichzeitige Fixieren der Zinssätze auf null im Sinne der MMT resultiert in einem ansteigenden inflationären Druck.
Das mag keine bahnbrechende Erkenntnis sein, muss angesichts der gegenwärtigen Entwicklung jedoch erneut betont werden.
Zumal es aktuell keinerlei Hinweise auf eine baldige Abkehr von der Geldpolitik á la MMT gibt. Weder von Joe Biden und seiner Administration, noch von Jerome Powell und der Federal Reserve.
Negativbeispiele zu ausufernder Inflation, also Hyperinflation, gibt es aus der Vergangenheit genug. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese nicht schon sehr bald in einem Atemzug mit der „modernen Geldpolitik“ der USA genannt werden müssen.
Erschienen am 23. Juli 2021.
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Ihr lieben, klugen Leute. Prof. Köpf hat natürlich recht. Paul Krugman argumentiert ebenso, der Nobelpreisträger in der NYT. Alles Marxisten, oder was? Die Bilanzsumme einer ordentlich gemanagten Zentralbank einer liquiden Währung ist völlig irrelevant. Das ist ein reines Angstmache Argument in unsicheren Zeiten. Denn bevor es zu nachhaltig hoher Inflation käme (eine niedrige ist ja sogar wünschenswerter als Deflation), können Zentralbanken etwas tun, das „mopping up liquidity“ heisst. Vielleicht schauen wir ein bisschen über den iangelsächsischen Tellerrand der Freunde der völlig absurden Schuldenbremse hinaus? Das erste Industrieland ohne Inflation und Zinsen, nämlich Japan seit mehreren Jahrzehnten, zeigt, das ein Szenario ohne Zinsen und Inflation nicht das Ende der Welt bedeutet. Japan ist in seiner eigenen Währung hauptsächlich bei seiner eigenen Bevölkerung verschuldet. Und das nachhaltig mit 200% des BIP. Inflation gibt es kaum, die Zinsen sind negativ. Dieses praktische Beispiel, wie es in einer alternden Gesellschaft auch gehen kann, wäre doch die Erwähnung in einer herablassenden Betrachtung der NMT wert. Die Republik Österreich, ein Euroland, hat vor 2 Jahren erstmals einen Century Bond aufgelegt. Die Staatsanleihe wurde bei 2% Zinsen auf 100 Jahre vom Markt sofort aufgesogen und hat ihren nominalen Handelswert inkürzester Zeit vervielfacht. Der britische Economist, der zwar ideologisch eher nicht so keynesianisch tickt, Theorie und Praxis dieses Wirtschaftsmodells aber im Gegensatz zu manchen Zeitgenossen versteht und mit offenen Augen analysiert, widmete diesem First einen ganzseitigen Artikel voller Staunen. Offenbar liegt das Geld auf der Strasse, und man sollte Schulen, Krankenhäuser, Infrastruktur und Altersheime bauen. Ja, und gute, billige Wohnungen. Vor hundert Jahren hatte Österreich noch (fast) einen Kaiser und gezahlt wurde in Gulden. Also, das müssen auch die Kindeskinder nicht zurückzahlen. Ein Staatswesen ist eben keine schwäbische Hausfrau und auch kein Privatunternehmen. Dieser Unfug vernebelt den Freunden der Schuldenbremse und der ebenfalls von deutscher Seite angerichteten Maastricht Kriterien die Sicht. Ich hoffe auf eine Änderung dieser verfassungsmässigen Arroganz. Man kann aus Schulden rauswachsen. Und, ja, man kann Schulden auch weginflationieren. Mit Mass und Ziel (und immer einer Hand auf der Notbremse in Regierung UND Nationalbank), aber bitte ohne ideologische Scheuklappen. Was Joe Biden gerade tut, war höchst an der Zeit. Und dass sich ein reiches Land wie Deutschland eine derart miserable Infrastruktur leistet, erstaunt mich immer wieder.
Liebe Helga Flüeler, Ihre Auffassung veröffentliche ich natürlich mit Respekt. Und erbitte auch Ihren Respekt für die Gegenmeinung 😉
Denn es gibt eben auch unzählige kluge Köpfe und renommierte Makrökonomen, die das revolutionäre Rezept der MMT für eine fragile Modeerscheinung halten.
Vielleicht haben Sie ja Recht und ein intelligentes Mikro-Management der immer höheren Schuldentürme gelingt.
Jedoch haben stark wachsende Schulden bislang noch immer früher oder später – jedoch zumeist früher – das Ende einer Währung eingeläutet und „Platz für Neues“ geschaffen. Kritik an der MMT muss erlaubt sein und die Kritiker stark steigender Verschuldung sind ja keine Weltuntergangspropheten. Sondern zweifeln lediglich an der langfristigen Werthaltigkeit einer Währung, bei der die Geldmenge so zügellos anwächst.
Vielen Dank für Ihren engagierten Kommentar!
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Sehr geehrter Herr Walz,
auch, wenn Sie nicht der Verfasser dieses Beitrages sind, bitte ich Sie freundlichst darum, die folgende Gegenanzeige von jemandem zu veröffentlichen, der die Thesen der MMT grundsätzlich teilt:
1) “Wer hätte auch schon ahnen können, dass das Einflößen von insgesamt mehr als drei Billionen US-Dollar (in Zahlen: $3.000.000.000.000) in die US-Wirtschaft inflationäre Konsequenzen haben würde?”
-> Die Inflationsrate korreliert historisch und statistisch eher weniger mit der Veränderung der Geldmenge M3 oder der Veränderung des Staatsdefizits, dafür hingegen sehr sichtbar mit der Veränderung der unternehmerischen Lohnstückkosten (weitreichende Datenreihen gibt es etwa für die USA auf der Seite der Federal Reserve Bank of St. Louis). Da der größte Teil der Erwerbstätigen einer Volkswirtschaft aus abhängig Beschäftigten besteht, ist das ein Hinweis darauf, dass nicht die Geldmenge an sich, sondern die Verteilung der Geldmenge innerhalb der Bevölkerung für das Beobachten von Inflation entscheidend ist: Wenn die gesamte Geldmenge nur bei einem einzigen Privathaushalt konzentriert ist, haben wir gesamtwirtschaftlich zu wenig Nachfrage und daher eine Deflation – wenn dann an diesen einen Haushalt noch mehr Geld ausgegeben wird, dann steigt zwar die Geldmenge, aber eine Inflation kann daraus logischerweise nicht resultieren.
Im Übrigen ist es zweifelhaft, die aktuellen Inflationstendenzen einzig auf das Ansteigen der Geldseite zurückzuführen. Es könnte ja auch womöglich sein, dass durch die mangelnde Verfügbarkeit realwirtschaftlicher Ressourcen (Stichwort: Lieferkettenprobleme) eine Güterknappheit verursacht wurde, die zu steigenden Preisen führt.
2) “Es beschreibt die Kernthese der MMT, welche besagt, dass Staaten, die ihre eigene Währung und volle Kontrolle über ihre Zentralbank besitzen, Haushaltsdefizite stets durch das Drucken von neuem Geld ausgleichen können.”
-> Das ist definitiv nicht die Kernthese der MMT. Kernthese ist eher, dass Haushaltsdefizite in eigener Währung vollkommen unproblematisch sind, weil sie nicht die Schulden der Bevölkerung, sondern den Teil des privaten Geldvermögens darstellen, der auf die staatliche Geldschöpfung zurückzuführen ist. Das ist reine Logik – niemand kann Geldvermögen aufbauen, ohne dass sich irgendjemand im Wirtschaftskreislauf verschuldet (das nennt sich Saldenmechanik, der Unidozent Michael Paetz klärt darüber hervorragend in seinem Online-Blog „Was ist Geld?“ auf). Haushaltsdefizite *müssen* daher nicht ausgeglichen werden, weil sie keinen Nachteil, sondern einen Vorteil der Bevölkerung darstellen, der nur dann zu beobachten ist, wenn der Staat mehr Geld ausgibt bzw. schöpft, als er durch Steuern wieder einnimmt.
3) “dass der Staat zu jedem Zeitpunkt exakt weiß, auf welchem Auslastungsniveau die heimische Wirtschaft produziert.”
-> Solange es unfreiwillige Arbeitslosigkeit gibt, produziert die Volkswirtschaft de facto unterhalb ihrer Auslastungskapazität. Ein Staat, der sich ob seines Währungsmonopols seiner monetären Souveränität sicher ist, kann daher problemlos das nötige Geld dafür bereitstellen, um unfreiwillig arbeitslose Personen wieder in Arbeit zu bringen (Jobgarantie) und auf diese Weise das Angebot knapper Güter und Dienstleistungen (etwa im Pflege-, Bildungs- und Verwaltungssektor) zu erhöhen. Das kommt der gesamten Volkswirtschaft zugute und steigert den gesamtwirtschaftlichen materiellen Wohlstand, um den es uns doch seit Ludwig Erhards Zeiten geht.
4) “Schwerer noch wiegt in diesem Zusammenhang das Ignorieren des Gesetzes der Knappheit von Ressourcen. ”
-> Wer die MMT aufmerksam studiert, weiß, dass genau das der Punkt ist, auf den sie immer wieder aufmerksam macht: Es ist in der Tat die Knappheit realwirtschaftlicher Güter, die für staatliches Wirtschaften die höchste Relevanz besitzt – aber für einen Staat mit einem Fiatwährungssystem ist Geld gerade kein knappes Gut, sondern steht im prinzipiell unbegrenzt zur Verfügung. Geld ist ein unbegrenztes Hilfsmittel, um begrenzte realwirtschaftliche Güter möglichst effizient zu verteilen – und dass wir bei der gerechten Verteilung wichtiger Güter und Dienstleistungen wie Wohnraum, Bildung, Gesundheitsversorgung und Mobilität große gesellschaftliche Probleme haben, kann doch niemand ernsthaft bestreiten.
5) “Doch was repräsentiert diese Wirtschaftstheorie, die in ihrem Fundament nachweislich fest in der marxistischen Theorie verwurzelt ist?”
-> Der Name von Marx scheint hier verwendet zu werden, um einen wissenschaftlichen Ansatz ökonomischer Theoriebildung auf den ersten Blick diskreditieren zu wollen – und mit dieser polemischen Vorgehensweise soll ernsthaft ein Text eingeleitet werden, der seinerseits wissenschaftliche Neutralität zu beanspruchen behauptet? Wer wirklich ein Interesse daran hat, was marxistische Wirtschaftstheorie leisten will und was nicht, dem sei die Lektüre des Marxismus-Artikels auf exploring economics (die Seite wird vom Netzwerk Plurale Ökonomik betrieben) empfohlen. Auf dieselbe Wirkung zielt übrigens auch die in polemischer Absicht gebrauchte Bezeichnung der MMTler als “Monetaristen” ab, obwohl die MMTler wohl kaum eine These so sehr ablehnen würden wie die, dass man “nur aufs Geld” achten müsse.
6) “Somit erheben die modernen Monetaristen in ihrer Theorie die in den letzten Jahren schleichend eingeführte Nullzinspolitik der Zentralbanken zum fortwährenden Standardmodell – einer neuen Normalität.”
-> Hier wird unterstellt, dass alle MMTler das Niedrigzinsniveau für ein wünschenswertes Phänomen erachten – dem ist aber nicht so. Wie in jeder lebendigen Theorieströmung gibt es hierzu disparate Meinungen. Da niedrige Zinsen offensichtlich an den Märkten für Vermögenswerte für große Verzerrungen sorgen, gibt es gute Gründe dafür, unsere Welt der allzu niedrigen Zinsen wieder schnellstmöglich zu verlassen. Aber um mögliche Auswege aus unserer Misere zu begreifen, muss man verstehen, warum überhaupt die EZB die Notwendigkeit sieht, durch die Aufkäufe europäischer Staatsanleihen das Zinsniveau gering zu halten – und man sollte der Frage nachgehen, warum eine Handvoll Banken darüber entscheiden dürfen, wie und wofür demokratisch gewählte Regierungen ihr Geld ausgeben, obwohl ja das Währungsmonopol allein in den Händen des Staates liegen soll.
Der hier vorgelegte Text ist leider in keinster Weise ein “kritischer Blick” auf die MMT – er bestätigt lediglich die argumentatorischen Schwächen, die die neoklassisch geprägte Wirtschaftstheorie aufweist und die dazu führen, dass die MMT seit einigen Jahren zurecht immer populärer wird.
Lieber Maximilian Runge, haben Sie vielen Dank für Ihren Kommentar, der sicher einer sachlichen Diskussion weiterhelfen kann.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Es ist doch interessant, dass das Kernstück der MMT sein soll, Zitat:
„Der Staat mit einer autonomen Zentralbank druckt sein eigenes Geld, wann immer er es für seine umfassenden Investitionen benötigt.“
???
In meiner Definition widerspricht sich das. Ist eine ZB autonom, ist sie unabhängig vom Staat, agiert also nach eigener Satzung und damit Zielen wie zumindest auf dem Papier die EZB und die FED.
Ein Staat, der die Geldmenge selbst bestimmt (gedruckt+geprägt wird Geld ja nur zu etwa 10% in der Eurozone), hat deshalb eine abhängige, also eben gerade keine autonome ZB.
Der Kern dieser Theorie beruht also auf einem Widerspruch. Was übersehe ich hier? Oder werden hier Worte anderes benutzt, als sie allgemein definiert sind?
Liebe Dani Parthum, diese Frage legt den Finger völlig zu Recht in eine offene Wunde!
Die Anhänger der MMT verwenden das Wort „unabhängig“ in einem herrlich doppeldeutigen Sinne: Die Zentralbank ist unabhängig von anderen Staaten und Regierungen bzw. deren Wirtschafts- und Geldpolitik. Aber sie spielt ganz brav den Doppelpass mit der eigenen Staatsführung bzw. den Trägern politischer Macht, d.h. sie ist keineswegs unabhängig, so wie wir das in Deutschland von der Deutschen Bundesbank seit 1948 gewohnt waren.
Vielen herzlichen Dank für diesen klugen Blick auf einen kleinen aber entscheidenden Unterschied.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Lieber Herr Walz, liebe Frau Parthum,
wenn man sich mit dem Buch von Ulrich Bindseil: „Central banking before 1800. A rehabilitation“ befasst, wird man herausfinden, dass die „Unabhängigkeit“ einer Zentralbank keineswegs etwas Selbstverständliches, sondern historisch gesehen sogar eher etwas sehr Unübliches darstellt. Bindseil zeigt in seinem Buch auf, dass es immer schon zur Aufgabe von Zentralbanken gehörte, die Zahlungsfähigkeit ihrer eigenen Regierung sicherzustellen und als Schatzamt aufzutreten – erst die vorherrschende neoklassische Wirtschaftstheorie hat diese Unterstützungfunktion der Zentralbank in Frage gestellt. Ob man damit eine liberale Demokratie stärkt oder doch eher schwächt – das wäre zu diskutieren.
Denn da die Zentralbank eine staatliche (also auf Grundlage eines Gesetzes arbeitende) Behörde ist, sollte doch offensichtlich sein, dass sie auch staatliche Aufgaben erfüllt. Und in einer Demokratie ist eine wesentliche Aufgabe des Staates, die (finanzielle) Umsetzungsfähigkeit von demokratisch beschlossenen Entscheidungen zu garantieren. Genau diese finanzielle Umsetzungsfähigkeit aber ist seit dem neoliberal turn in den 1980er Jahren in immer weniger Industriestaaten gegeben, da die Mainstream-Ökonomik uns hat vergessen lassen, dass Staaten in einem Fiatgeldsystem finanziell eben nicht abhängig sind von „Einnahmen aus Steuern“, sondern als Währungsmonopolist und -herausgeber grundsätzlich jederzeit neues Geld erschaffen und ausgeben können. Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit von realen Ressourcen wie Arbeitskraft und Rohstoffen ist damit ist nicht gesagt, dass der Staat immer zusätzliches Geld schöpfen und ausgeben *sollte* – es bedeutet nur, dass das Argument, der Staat habe für bestimmte Maßnahmen „kein Geld (mehr) zur Verfügung“, nicht schlüssig begründet werden kann und deshalb als falsch abgelehnt werden muss.
@Frau Parthum: Die meisten Leute, die wie ich selbst die Richtigkeit der Einsichten der MMT anerkennen, fordern nicht, dass der Staat „die Geldmenge selbst bestimmt“. Wir weisen lediglich darauf hin, dass das aktuelle Verhältnis von privater (Buch)Geldschöpfung aus dem Nichts und der staatlichen Geldschöpfung aus dem Nichts extrem aus den Figen geraten ist – der Großteil unseres heutigen Geldes wird von Banken über Kreditverträge (also verteilt nach Kreditwürdigkeit) erschaffen und eben nicht durch demokratische Entscheidungen eines gewählten Parlaments. Die MMT stellt also die für ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen relevante Frage, ob es wirklich im Sinne aller ist, wenn Geldschöpfung nicht demokratisch organisiert wird, sondern vor allem denen überlassen wird, die aufgrund ihrer sozio-ökonomischen Situation bereits ausreichend Geldvermögen haben. Die soziologischen Implikationen einer solchen Fragestellung erforscht etwa der Geld- und Wirtschaftssoziologe Aaron Sahr in seinem Buch: „Die monetäre Maschine. Eine Kritik der finanziellen Vernunft“ (2022).
Mit freundlichen Grüßen
Ein Vertreter der MMT
Prima Artikel! Mir ist nur nicht klar, warum das ganze „Modern Monetary Theory“ heißt. So modern ist Geld drucken nicht (siehe Weimarer Republik oder Simbabwe). 😉
Seit Jahren haben wir nicht nur in Europa, sondern weltweit ein niedriges Zinsniveau. Gleichzeitig steigt die Staatsverschuldung bei fast allen Ländern enorm an. Jetzt kommt die Corona-Krise mit dem umfangreichen Hilfsprogrammen dazu, die die Verschuldung noch steigert und die Geldmenge weiter ausweitet. Dazu kommen die Anleihekäufer der EZB, die wie ein zusätzlicher Stimulus für die Geldmenge wirken. Warum das allen nicht zu steigender Inflation führt, das überrascht selbst die Volkswirte.
Eigentlich müssten die Effekte die Inflation anheizen, tun sie aber nicht. Was sich zeigt, ist eine Vermögenspreisinflation, weil sich die Gelder nicht in den Konsum, sondern in Aktien, Immobilien oder andere Anlageklassen fließen.
Die MMT lässt sich auf Keynes zurückführen und stellt den Staat, bzw. dessen Haushaltspolitik in den Mittelpunkt. Deshalb sollte sie besser Modern Fiscal Theorie heißen. Im Beitrag von Herrn Hausmann sind die Wirkungen der MMT klar heraus gearbeitet. Ein Staat kann nicht insolvent werden, da er bei einer autonomen Währung keine Grenzen der Verschuldung kennt. Private und Unternehmen müssen ihre Kredite irgendwann zurückzahlen, der Staat emittiert neue Anleihen. Deshalb ist die Staatsverschuldung und das Wachsen der Bilanzsumme der Zentralbanken keine verlässliche Kennzahl mehr. Früher wurde vom Mainstream argumentiert, dass die Wirtschaftsleistung und das Steueraufkommen die Verschuldung eines Landes bremsen könnte. Heute gibt es keine Grenzen, weder in Verträgen (siehe Maastricht) noch in Gesetzen (siehe Schuldenbremse).
Solange das Vertrauen in eine Währung vorhanden ist, steht der neue geldpolitische Ansatz nicht vor einer Bewährungsprobe.
Für Politiker ist dies ein Ansatz, der Freude bereitet, denn Ausgaben sind in, Sparen ist out. Staatliche Defizite sind keine Katastrophe. Finanzpolitik hat Vorrang vor Geldpolitik. Gefährlich werden langfristig eher die aktuellen Defizite im Sozialsystem, bei der Bildung und der Infrastruktur.
Sorry Herr Prof. Köpf,
Aber Ihre Aussage, es zeige sich keine Inflation, ist schlichtweg falsch!
Ich bin seit 30 Jahren Großhändler (Güter des täglichen Bedarfs).
Noch nie haben wir derart viele (unterjährige) Preiserhöhungsankündigungen von unseren rund 200 Lieferanten bekommen wie dieses Jahr. Und zwar nicht nur 2 oder 3 Prozent wie in normalen Jahren sondern 10, 20 oder sogar bis zu 30 Prozent !!!
Die Inflation kommt…und zwar mit Macht !!!
Das werden wir spätestens im 2. HJ. sehen!
Ich kann nur jedem raten:
Leute, kauft Aktien und ETFs…oder wenn Ihr Händler seid investiert in Ware !!!
Sorry M. Zeiher,
aber die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen ein anderes Bild. Mit eine Steigerungsrate zum Vorjahr von 2,3% ist das im historischen Umfeld nur ein geringe Inflation. Vielleicht sehen Sie Ihre Situation und übertragen Ihre Erfahrungen auf den Gesamtmarkt.
Ich bin nicht so pessimistisch bezüglich der zukünftigen Inflation, denn die Zentralbanken habe noch ein paar Instrumente in der Hinterhand. Ihr Hinweis auf den Kauf von Aktien, in Form von globalen ETFs, kann ich aber uneingeschränkt unterstreichen. Die Crashpropheten, die es immer wieder neu versuchen, haben bisher mit ihren Vorschlägen nur Verluste eingefahren.
Man sollte auch mal einen neuen Ansatz in Betracht nehmen, ohne die politischen Hintergründe zu hoch einzustufen.
Ich halte mich bewusst mit Zukunftsprognosen zurück, denn als Betriebswirt kenne ich die Probleme. Aber wir haben seit über 13 Jahren eine weltweite Ausweitung der Geldmenge und in den entwickelten Ländern keinerlei Hyperinflation.
Guten Tag Prof. Köpf,
die Situation der Zentralbanken sehe ich weitaus weniger entspannt als Sie. Das Hauptinstrument zur Regulierung der Inflation, nämlich das Erhöhen der Zinsen, stellt aktuell keine Alternative dar, da die Nullzinswelt wie im Artikel beschrieben mittlerweile zum Standardmodell mutiert ist und die Kapitalmärkte gar nichts anderes mehr kennen. Eine Erhöhung der Zinsen würde kurz – bis mittelfristig einen massiven Einbruch der Kurse bedeuten. Zumal die Zentralbanken durch das fortlaufende „Quantitative Easing“ seit der Finanzkrise 2008 selbst völlig aufgeblähte Bilanzen aufweisen. Ich sehe die Zentralbanken, allen voran die FED, viel eher in die Ecke gedrängt, da ihnen allmählich die Handlungsalternativen zur Rückführung der Märkte auf „normale“ Niveaus ausgehen, ohne dabei einen umfassenden Crash auszulösen.
Liebe Grüße aus Ludwigshafen!
„Solange das Vertrauen in eine Währung vorhanden ist, steht der neue geldpolitische Ansatz nicht vor einer Bewährungsprobe.“
Das ist der springende Punkt und könnte dem neuen geldpolitischen Ansatz den Garaus machen. Nicht heute und morgen vermutlich auch nicht, eher wird es ein langsames Dahinsiechen. Symptome dafür sind bereits seit der Finanzkrise 2008 zu beobachten und dürften sich absehbar verstärken. Die Frage, mit der sich Notenbanken rechtzeitig beschäftigen sollten, ist wie man verloren gegangenes Vertrauen eigentlich jemals wieder zurückgewinnen möchte?
Vielen Dank für den (sehr verständlichen) Artikel und vor allem für den Hinweis, dass die MMT „in ihrem Fundament nachweislich fest in der marxistischen Theorie verwurzelt ist“. Das ist nämlich für mich schon Grund genug der Lehre zumindest skeptisch gegenüber zu stehen bzw. sie grundweg abzulehnen.
Was bleibt ist die Frage „Und was bedeutet das nun konkret für Sie?“ (im Original natürlich von Prof. Dr. Harmut Walz)
1. Sparen (nach korrekter Definition lediglich weniger Geld ausgeben und nicht notwendigerweise „auf dem SPARbuch“ anlegen!)
2. Anlegen in Sachwerte, denn diese trotzden der steigenden Inflation schon seit langem aber wohl auch zukünftig
2a. Edelmetalle
2b. Immobilien
2c. Aktien (gerne über ETFs)
Ergänzungen?
Ergänzungen? Gerne…
Wie wäre es mit durch die Mathematik begrenzte Werte, wie zum Beispiel Bitcoin: deflationärer Charakter, dezentraler Ansatz, gesellschaftspolitisch zunehmend mehr im Fokus – Stichwort El Salvador. Für MMT-kritische Geister ist die österreichische Schule mit Sicherheit ein Besuch wert.
„Zahlen lügen nicht“ oder „Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken (Leonard Henry Courtney, britischer Politiker)
Ein spannendes Thema – zu dem es sicher nicht nur eine Meinung gibt, die richtig oder falsch ist.
Betrachtet man das Geldmengenwachstum (M3) und zieht das Bruttoinlandsprodukt hiervon ab, entsteht derzeit eine deutlich höhere Inflation (Geldmenge: 10,1% BIP D: -3,3%) = 13,4% . Verbraucherpreisindex in Deutschland: 2,0%
Die Geldentwertung hängt demnach nicht von einem Warenkorb oder vom Ölpreis ab, sondern von einer übermäßigen Ausweitung des Geldumlaufs im Verhältnis zur Produktion, oder – allgemeiner gesagt – zur gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes oder eines Währungsraumes.
Was stimmt nun? Ich weiß es nicht. Gefühlt liegt die Wahrheit sicher irgendwo in der Mitte.
Der Staat kann sich mit einer Inflation seiner Schulden entledigen. Der sparsame Bürger wird durch hohe Inflation immer ärmer.
Mein Fazit: Nur Schulden machen und immer mehr zu konsumieren, ist für mich auf Dauer keine Ideallösung.
In der Finanzmarktkrise 2008 haben wir die Auswirkungen sehr deutlich in Amerika zu spüren bekommen.
Ich selbst nehme in Kauf, dass mein Kapital derzeit auch ein wenig schrumpfen kann und freue mich über die positiven Entwicklungen meiner Sachwerte.
Offensichtlich handelt es sich bei der MMT – anders als von deren Anhänger propagiert – um eine eklatante Umverteilung von Unten nach Oben, da durch den inflationären Druck insbesondere das Produktivvermögen, Immobilien bzw. allgemein Sachwerte krasse Wertsteigerungen erfahren, während Sichteinlagen mit zunehmender Zeit entwertet werden. Zudem spielt der Cantillon-Effekt bei der Ausweitung der Geldmenge eine wesentliche Rolle für Menschen, die in der Hierarchie weit unten stehen (relative Inflation). Diesen wird es nicht gelingen, ihre Einkünfte um die hohen Inflationsraten zu steigern.
Das ganze System der MMT beruht letztlich auf der Geldwertillusion großer Teile der Bevölkerungen, die partout nicht verstehen können/wollen, welchen destruktiven Einfluss eine hohe Inflation über lange Zeit auf den Geldwert/die Kaufkraft ihres Geldes hat (negativer Zinseszinseffekt). Die MMT wird genau so lange funktionieren, bis großen Teilen der Bevölkerung klar werden wird, dass ihre ökonomische Unkenntnis von staatlicher Seite und den Notenbanken gnadenlos ausgenutzt wurde, um die gegenwärtigen staatlichen Systeme weiter am Leben zu halten. Dass dieses Vertrauen bereits seit der Finanzkrise 2008 erheblich bröckelt, zeigt sich im rasanten Aufstieg der weltweiten Kryptowährungen, die de facto zumindest aktuell noch weitestgehend immun gegen das gegenwärtige MMT-Experiment sind. Die relative Wertentwicklung der Anlageklassen zeigt zudem deutlich, dass die Geldentwertung schneller von statten geht, als es die herkömmliche Inflation suggeriert/anzeigt. Die Folgen könnten dramatisch sein, wenn Vertrauen in die Geldpolitik der Notenbanken unwiderruflich verloren ginge und dann wohl auch sobald nicht mehr wieder käme.
Ich weiß nie so recht, was ich von solchen Artikeln halten soll. Gleiches z.B. auch bei Texten von Daniel Stelter und anderen Ökonomen. Alle reden voller Überzeugung von irgendwas (und dem Gegenteil) und führen plausibel klingende Argumente an. Am Ende ist die Wirtschaft aber ein komplexes System, das macht, was es will. Warum sollte man Artikel wie diesen nicht überspringen? Ernst gemeinte Frage.
In diesem Artikel gehtes darum, die aktuellen Kennzahlen zur Inflation in den USA auf ihren Ursprung zurückzuführen, also der „modernen Geldpolitik“ der Biden Administration und der Federal Reserve. Die Merkmale der MMT kritisch zu beleuchten kann dabei helfen, die momentane Entwicklung dieser Kennzahlen nachzuvollziehen um anschließend entsprechende Maßnahmen abzuleiten. (wie von anderen Kommentatoren bereits angemerkt, können diese Maßnahmen vielseitig sein, sollten aber letztlich in einer Investition in verschiedenen Anlageklassen münden)
In diesem Zusammenhang hilft es allerdings überhaupt nicht, die Wirtschaft pauschal als ein System abzustempeln, das sowieso macht, was es will.
Eine Einstellung wie diese macht im Grunde sämtliche Forschungen und Studien mit wirtschaftlichem Bezug hinfällig.
…eine wirklich ein-/erleuchtende und tolle Zusammenfassung bzw. Erläuterung der „modernen Geldtheorie“, die selbst Fachleuten oftmals als eher „schwere Kost“ erscheint.
DANKEschön hierfür!