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Wie sicher ist Ihr Geld in ETFs? – Gastbeitrag Prof. Dr. Stefanie Hehn

GASTBEITRAG PROF. DR. STEFANIE HEHN
Wie sicher ist Ihr Geld in ETFs?

ETFs gelten als vorteilhaft gegenüber vielen anderen Anlageformen und als „absolut“ ausfallsicher. Aber bestehen wirklich keine Ausfallrisiken für den Anleger?

 

 

Auf den allerersten Blick erscheinen ETFs einfach, transparent, kosteneffizient und absolut (ausfall-)sicher. Aber wie das bei Absolut-Aussagen häufig der Fall ist: hier sollten wir hellhörig werden. Wie so oft lohnt sich der zweite Blick.

Sind ETFs wirklich so ausfallsicher oder besteht für den Anleger nicht doch ein Ausfallrisiko? Gemeint ist damit die Gefahr, dass der ETF-Anbieter die vom Anleger eingezahlten Beträge nicht oder nicht vollständig vertragsgemäß zurückgewähren kann.

Zwei relevante Punkte möchte ich hierfür beleuchten: die synthetische Nachbildung sowie die Wertpapierleihe bei ETFs.

 

Den ersten Unterschied macht die Replikationsmethode

Bei ETFs gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, wie die Nachbildung eines Index erfolgen kann. Diese Varianten nennt man Replikationsmethode. Die Gretchenfrage lautet: physisch oder synthetisch?

 

physisch oder synthetisch?

 

Während physische ETFs zur Nachbildung von Indizes alle oder zumindest eine repräsentative Teilmenge der im Index enthaltenen Wertpapiere direkt kaufen und sich diese dann im zugunsten des Anlegers geschützten Sondervermögen des ETFs befinden, nutzen synthetische ETFs zur Nachbildung von Indizes Tauschgeschäfte – in der Fachsprache als Swaps bezeichnet.

Der ETF-Anbieter tauscht die im Index enthaltenen Wertpapiere an den Swappartner gegen eine Vergütung. Über den Swap verpflichtet sich der Swappartner (sog. Kontrahent), die Indexrendite an den ETF zu zahlen. In diesem Konstrukt besteht eine hohe Abhängigkeit des ETF-Anbieters vom Swappartner und somit ein sog. Kontrahentenrisiko.

Dieses Risiko gibt es bei physisch replizierenden ETFs nicht. Wer als Anleger also Wert auf eine weniger komplexe und damit transparentere Konstruktion legt, sollte bei ETFs auf eine physische Nachbildung achten.

Womit die Frage verbleibt, ob physische ETFs, die direkt in Aktien oder sonstige Wertpapiere investieren und diese in einem geschützten Sondervermögen halten, absolut sicher sind.

Ein möglicherweise verbleibendes Risiko könnte die sogenannte Wertpapierleihe sein.

 

Das Positive an der Wertpapierleihe:
An ihr kann man verdienen.

Um den Prozess der Wertpapierleihe zu verstehen, sollten Sie wissen, dass Aktien oder Anleihen – auch wenn sie sich in einem Sondervermögen befinden – durch den ETF-Anbieter für einen bestimmten Zeitraum an eine Drittpartei (Entleiher) verliehen werden können. Der ETF-Anbieter kann damit Leihgebühren vereinnahmen, ohne dass die Anleger gesondert zustimmen müssen.

 

Wertpapierleihe

 

Dieses Finanzgeschäft, das rechtlich ein Sachdarlehen darstellt, wird als Wertpapierleihe bezeichnet. Es geht dabei global um einen 2,5 Billionen US-Dollar großen Markt, an dem hauptsächlich große Finanzhäuser, Emittenten von Rentenfonds, Versicherer, aktiv gemanagte Investmentfonds oder auch ETF-Anbieter teilnehmen. Diese Praxis ist beliebt, da sie eine einfache Möglichkeit bietet, zusätzliche Einnahmen mit (fremdem) Anlagevermögen zu erzielen.

Das ist also die gute Nachricht: da ETFs ja je nachdem, welcher Index nachgebildet wird, hunderte oder gar tausende Wertpapiere in großem Volumen halten, können sie zusätzliche Einnahmen aus Leihgebühren und der Reinvestition von Sicherheiten erzielen.

Alles in allem können derartige Zusatzerträge genutzt werden, um die Fondskosten zu senken, den Index besser nachzubilden und so die Performance zu steigern. Und dies zum Teil in erheblichem Umfang: Die Erträge aus Wertpapierleihegeschäften machen nach Branchenangaben typischerweise rund ein Drittel der durch den ETF- Anbieter erzielten Gesamterlöse aus; es gibt Fälle, bei denen die Kostenersparnis bezogen auf die Gesamtkosten bis zu 60% beträgt. Das erklärt vielleicht, warum die Wertpapierleihe in der regulatorischen Praxis sehr wohlwollend als „Efficient Portfolio Management Technique“ bezeichnet wird.

Das klingt gut. Aber nichts, und schon gar nicht in der Finanzwelt, gibt es „for free“. Über allem steht der unausweichliche Zusammenhang von Rendite und Risiko! So können den Anlegern durch die Wertpapierleihe auch Risiken entstehen, auch wenn die Anleger nicht explizit gefragt worden sind, wie sie diese Risiken einschätzen bzw. ob sie diese überhaupt eingehen wollen.

 

Das Negative an der Wertpapierleihe:
Es gibt keine Erträge ohne (gewisse) Risiken.

Ein gewisses Risiko für den Anleger besteht darin, dass der Entleiher zahlungs- bzw. leistungsunfähig wird. Dann kann zwar der Fonds die hinterlegten Sicherheiten verkaufen und die verliehenen Wertpapiere zurückkaufen. Aber was, wenn die Sicherheiten von schlechter Qualität, im Ernstfall schlecht liquidierbar und bewertbar sind? So erwiesen sich etwa Collateralized Debt Obligations als äußerst schlechte Sicherheiten während der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise und haben deren dramatische Entwicklung maßgeblich befördert.

Daraus haben die Aufsichtsbehörden ihre Konsequenzen gezogen: die europäische Fonds-Richtlinie UCITS regelt inzwischen die Anforderungen an die Sicherheiten, ihre Bewertung und schreibt Risikostreuung vor. Akzeptable Sicherheiten sind etwa Staatsanleihen der G-10-Staaten, Unternehmensanleihen mit mindestens A+ Rating oder Aktien aus anerkannten OECD-Märkten. Zudem prüfen die meisten ETF-Anbieter täglich den Marktwert der erhaltenen Sicherheiten, fordern eine Übersicherung (also einen Sicherheitspuffer) und stellen Nachforderungen, falls der Wert der Sicherheiten zu stark sinkt.

 

In normalen Marktphasen und bei sorgfältigen ETF-Anbietern sind somit etwaige Risiken aus der Wertpapierleihe eher als gering einzuschätzen.

 

Schaut man in die Vergangenheit, ist es seit 1981 bei BlackRock – Muttergesellschaft von iShares – dreimal zu einem Ausfall bei einem Leihpartner gekommen. Dank der hinterlegten Sicherheiten ist den Anlegern kein Schaden entstanden.

Dennoch verbleibt ein operatives Restrisiko, das in turbulenten Marktphasen und bei der Auswahl von Leihpartner und Depotbanken den Anleger treffen kann. Dies beinhaltet vor allem Abwicklungsrisiken, steuerliche und rechtliche Risiken, die der Anleger meist nicht abschätzen kann.

 

Was helfen kann: Transparenz und eine gute informierte Entscheidung

Also gilt auch hier der Rat: Achten Sie auf Transparenz und prüfen Sie unbedingt die Richtlinien zur Wertpapierleihe der ETF-Anbieter um sicherzustellen, dass diese Ihrem eigenen Risikoprofil entsprechen. Neben dem KIID eignen sich der Verkaufsprospekt, die Halbjahres- und Jahresberichte der Fonds als Informationsquellen. Schauen Sie dabei bitte genau hin.

 

Fragen Sie sich dabei insbesondere

  • wie die Auswahl der Entleiher erfolgt,
  • wieviel an einen Entleiher verliehen werden darf,
  • wie hoch der Anteil der verliehenen Positionen am Nettoinventarwert sein darf; je höher, desto höher ist das Ausfallrisiko.
  • welche Anforderungen an die Sicherheiten gestellt werden (Qualität, Maß der Übersicherung, Bewertung)
  • ob es Garantien gibt, die einen Ausfall abdecken würden (falls ja, von wem?)
  • wie die Netto-Erlöse aus der Leihe zwischen Fonds und Kapitalanlagegesellschaft aufgeteilt werden. Denn hierbei unterscheiden sich die ETF-Anbieter z.T. erheblich. Zumeist werden die (Netto-)Erlöse geteilt: bei iShares, Lyxor, StateStreet und UBS fließen ca. 60-70% der Sondererträge aus der Wertpapierleihe in den Fonds. Bei Vanguard kommen 100% der Zusatzerträge den Anlegern zu Gute.

 

Generell gilt, dass Sie beim Vergleich von ETFs also nicht nur auf die reinen Kosten schauen sollten. So kann es praktisch vorkommen, dass ETFs mit höheren Gesamtkosten eine bessere Gesamtrendite erzielen als günstigere Vergleichsprodukte.

Empfehlenswerter ist der Vergleich der tatsächlichen Rendite. Denn dann gilt: je höher, desto besser. In der tatsächlichen Rendite der Vergangenheit sind sämtliche Faktoren – Kosten, Zusatzerträge aus der Wertpapierleihe, Qualität der Indexabbildung – enthalten. Darüber können Sie Ihre Einstellung zur Wertpapierleihe in die Auswahlentscheidung einfließen lassen.

  

Denkanstöße

Wie Sie zu Wertpapierleihgeschäften stehen, ist jedoch nicht nur auf das wirtschaftliche Risiko begrenzt. Es gibt auch noch eine moralische Ebene.

Mit der Leihe verleihen Fondsmanager Wertpapiere aus dem ihnen anvertrauten Sondervermögen. Und recht häufig kommt ein Teil der Einnahmen nicht den Anlegern zu Gute. Ist das mit dem Verständnis eines guten Treuhänders vereinbar?

Die Leihe verhilft professionellen Anlegern zum Short selling und begünstigt so den kurzfristigen Handel und die Spekulation. Warum? Institutionelle Marktteilnehmer leihen sich Kunden- bzw. Fonds-Wertpapiere, um diese als Grundlage für Leerverkäufe weiterzuverwenden und setzen so auf fallende Kurse. Short selling, das Profitieren am Kursrückgang der Aktie von Unternehmen, nimmt man also damit zumindest in Kauf.

Widerspricht dies nicht dem ursprünglichen Zweck von Kapitalmärkten und der Investition in Fonds, dem Markt und den Unternehmen Kapital für langfristiges Wachstum zur Verfügung zu stellen?

ESG Produkte, die ein verantwortungsvolles Investieren postulieren, müssten sehr kritisch gegenüber der Wertpapierleihe sein, da diese professionellen Anlegern zum Short selling verhelfen kann. Dabei sollte insbesondere auf eine gute „Governance“ geachtet werden: also das „G“ in dem ESG. Mit Governance ist ja gemeint, dass langfristige Anleger ein Interesse am langfristigen Erhalt des Unternehmens und einer guten Führung haben sollten.

Dazu können sie ihre Stimmrechte bei der Hauptversammlung ausüben. Über die Wertpapierleihe gehen typischerweise aber diese Stimmrechte auf den Entleiher über; und wenn diese nicht rechtzeitig zum HV-Termin zurückgefordert worden sind, würde der kurzfristig interessierte Entleiher über die langfristigen zukunftsorientierten Fragen des Unternehmens entscheiden. Und im Gegensatz zu den Anlegern setzen diese auf fallende Kurse.

 

Die obengenannten Überlegungen gelten übrigens für alle Fonds, für passive wie aktive.

 

Prof. Dr. Stefanie Hehn - Profil mit Weblink

Erschienen am 22. Mai 2020.

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24 Gedanken zu „Wie sicher ist Ihr Geld in ETFs? – Gastbeitrag Prof. Dr. Stefanie Hehn“

  1. Einen schönen guten Tag an alle,

    der letzte Beitrag zum Thema „Wie sicher ist Ihr Geld in ETFs?“ liegt ja bereits lange zurück, aber ich denke, dass meine Frage inhaltlich vielleicht am besten hierher passen könnte, da es auch bei mir um mögliche Risiken von Anlagen in ETFs geht.
    Es kommt ja gelegentlich vor, dass der Fondsanbieter gleichzeitig auch Verwahrstelle ist bzw. zumindest mit dieser in Verbindung steht. Z.B. werden die SPDR-ETFs in Irland bei State Street Custodial Service verwahrt. Sowohl der ETF-Anbieter State Street Global Advisors wie auch die Verwahrstelle gehören zur State Street Bank.
    Mich würde interessieren, ob Sie, Frau Professor Hehn, oder Sie, Herr Professor Walz, darin ein mögliches erhöhtes Risiko für den Anleger sehen. Schließlich gibt es hier im Falle einer Pleite des Anbieters keine strikte Trennung zwischen Fondsgesellschaft und Depotbank (beide unter dem Dach der State Street Bank). Sind die gesetzlichen Regularien, denen die Verwahrstellen unterliegen, streng genug?

    Vielen Dank vorab!
    Martin P.

    Antworten
    • Guten Tag Herr P.,

      das ist eine wichtige Frage. In solchen Fällen besteht tatsächlich die, wenn auch geringe, Möglichkeit, dass es im Falle einer Insolvenz des Anbieters keine vollständige und damit strikte Trennung zwischen Fondsgesellschaft und Depotbank gibt. Im Insolvenzfall würden die Sondervermögen grundsätzlich aus der Insolvenzmaße isoliert werden, aber im Falle eines Instituts ist einfach das Risiko größer als wenn es sich um einzelne, rechtlich vollständig voneinander getrennte Einheiten handelt.
      Die gesetzlichen Regularien für Verwahrstellen sollen sicherstellen, dass die Vermögenswerte der Anleger geschützt sind. Allerdings kann die Wirksamkeit dieser Regularien von Land zu Land variieren. Es ist wichtig, dass die Regulierungsbehörden mittels Prüfung und Überwachung sicherstellen, dass die Vorschriften robust genug sind, um die Unabhängigkeit und Sicherheit der Verwahrung zu gewährleisten und vor allem diese auch eingehalten werden. Eine genaue Analyse der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen ist erforderlich, um die Stärke der Schutzmechanismen zu beurteilen. Aus meiner Sicht sind die Regularien in der Sache ausreichend streng – deren Überwachung ist jedoch aus meiner Sicht der Engpass.

      Antworten
  2. Sehr geehrte Frau Professor Hehn,

    Frohes Neues Jahr und Danke für Ihren Beitrag!

    Zum Jahreswechsel habe ich festgestellt, dass „mein“ MCSI World in 2020 die Wertpapierleihe eingeführt hat – das Auswahlkriterium war ursprünglich der Ausschluss der WPL.
    Gibt es irgendwelche gesetzliche Limits für die WPL bei replizierenden ETFs oder kann jeder Anbieter das selbst festlegen und auch beliebig einfürhren?
    Verstehe ich dieses Dokument (https://www.etf.hsbc.com/etf/attachments/de/hsbc_nachtrag_msci_world.pdf) richtig, dass nicht nur 30% verliehen werden sondern auch darüber hinaus auch 10% in „Total Return Swaps“ und Differenzkontrakten angelegt/verliehen werden kann, es defakto also 40% sind?
    Ich habe auch versucht solche Limits bei Vanguard zu finden, leider konnte ich aber dies in den Informationen zum ETF nicht finden. Hätten Sie hier weitere Quellen?
    Sind Ihnen darüber hinaus Anbieter bekannt die nicht mehr als 10% Wertpapierleihe (meine Schmerzgrenze) betreiben, denn soweit ich recherchieren konnte gibt es sonst nur noch einen ausschüttenden MSCI World gänzlich ohne Wertpapierleihe.

    Mit freundlichen Grüßen
    Michael Schruter

    Antworten
  3. Sehr geehrter Frau Prof. Hehn,
    vielen Dank, nicht nur der Beitrag, sondern auch die Antworten auf die Fragen sind außergewöhnlich klar und aufschlussreich.
    Als Einsteiger stellt sich für mich eine Frage zum Risiko bei den Swap-Etfs.
    An anderer Stelle habe ich gelesen, dass das Ausfallrisiko bei Swap-Etfs auf 10% begrenzt ist, da maximal dieser Betrag „geswapt“ werden darf. Was geschieht mit dem Rest des Swap-ETFs Vermögens? Kauft der Swap-ETF davon beliebige Aktien und können diese dann wie beim physischen ETF ebenfalls verliehen werden, mit ebensolchen Absicherungsvorgaben? Gibt es also bei Swap-Etfs ein doppeltes Risiko (Swap-Kontrahent insolvent und Ausleihender mit ausfallenden Sicherheiten insolvent)?
    Vielen Dank, M.A.

    Antworten
    • Guten Tag,

      vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Rückfragen, die ich gerne zu beantworten versuche.

      Sie sind richtig informiert, dass typischerweise die Swappartner eine Ausgleichszahlung (meist in bar) vereinbaren, wenn der Wert des Swaps 10% übersteigt. Das bedeutet, dass der Swap ab einem Wert von zehn Prozent zurückgesetzt werden muss. Damit ist das sog. Kontrahentenrisiko bei UCITS-ETFs begrenzt; d.h. bei einem Ausfall bzw. der Insolvenz des Swappartners sind max. 10% des Wertes verloren. Diese 10%-Marke ist in den gesetzlichen Fondsrichtlinien gesetzlich verankert. In der Praxis erfolgt eine derartige Rücksetzung (Swap-Reset) bereits vor Erreichen des Maximalanteils von 10%.

      Bei der synthetischen Nachbildung der Indexentwicklung durch den ETF (Swap-ETF) hält der Fonds meist ein „Träger-Portfolio“ aus Wertpapieren. Die Zusammensetzung des Träger-Portfolios wird eher unter Gesichtspunkten der Kostenminimierung und Steuervermeidung vorgenommen. Dann wird die Wertentwicklung des Träger-Portfolios im Rahmen des Swaps mit einem Tauschpartner, meistens einer Bank, gegen die eigentliche Wertentwicklung des nachzubildenden Index getauscht. Das Risikos des Ausfalls des Swappartners (Kontrahent) ist wie eben dargestellt auf höchstens 10% des Fondsvermögens begrenzt und es werden des weiteren meist Sicherheiten (sogar Übersicherheiten verlangt). Das Kontrahentenrisiko ist somit eher klein, aber dennoch vorhanden.
      Grundsätzlich können auch die Wertpapiere des Träger-Portfolios in Wertpapierleihegeschäfte eingebracht werden. Hierzu gelten meine Ausführungen im Gastbeitrag. Auch wenn diverse Fangnetze gespannt sind, um einen Vermögensschadens des Fonds und damit des Anlegers abzuwenden bzw. abzumildern, verbleibt ein Restrisiko: bei SWAP-ETFs wie auch bei physisch replizierenden ETFs, die Wertpapiere nutzen, gibt es einen Dritten, der potenziell ein Risiko darstellen kann.

      Beste Grüße und bleiben Sie gesund!
      Stefanie Hehn

      Antworten
        • Liebe Frau Kollegin,
          auch von mir ein herzliches DANKE!!!
          Ihre Antwort ist nicht nur schnell, sondern auch äußerst kompetent und umfassend. Und das ehrenamtlich! …um Interessenten bei ihrer Geldanlage und Vorsorge zu unterstützen.
          Vielen Dank!
          Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

          Antworten
  4. Sehr geehrte Frau Professorin Hehn,

    herzlichen Dank für diese Ausführungen, zur Wertpapierleihe habe ich bisher nichts Besseres gelesen. In dem Kontext habe ich eine Frage zu Pensionsgeschäften bei Investmentfonds bzw. ETFs: Warum genehmigt sich Blackrock lt. Verkaufsprospekt diese mit bis zu 100 % des NAV, geht aber einen Satz später davon aus, dass sie zu 0 %, also gar nicht, anfallen werden? Warum machen Fonds das überhaupt? Welche Risiken liegen in Pernsionsgeschäften und worauf sollten Anleger achten?

    Antworten
    • Sehr geehrter Herr J.,
      ich gehe davon aus, dass sich in dem von Ihnen beschriebenen Fall Blackrock optional die Möglichkeit eingeräumt hat, Pensionsgeschäfte für diese(n) Fonds eingehen zu können, dann aber in dem relevanten Zeitabschnitt tatsächlich keine derartige Geschäfte im Namen des Fonds getätigt wurden. Die Verkaufsprospekte stecken ja den Rahmen bzw. die Handlungsfelder allgemein ab, erst im Jahresbericht oder KIID sehen Sie dann die tatsächlich umgesetzten Aktivitäten. Verkaufsprospekte ändern bzw. anpassen zu lassen ist recht aufwendig und kostspielig für die Kapitalanlagegesellschaften, da dies der jeweiligen Aufsichtsbehörde angezeigt und z.T. genehmigt werden muss. Die Risiken sind identisch mit den Risiken, die wir bei Leihegeschäften beobachten können.
      Herzliche Grüße,
      Stefanie Hehn

      Antworten
  5. Sehr geehrte Frau Hehn,
    vielen Dank für den interessanten Beitrag. Bei der Recherche zu ETFs ist mir aufgefallen, dass es neben den beiden Idealtypen „physisch repliziert“ und „synthetisch nachgebildet“ auch entsprechende Mischformen gibt. So wird in manchen Prospekten von einem „optimierten Sampling“ gesprochen, d.h. es werden scheinbar nur einige wenige im Index enthaltene Wertpapiere erworben (oder vielleicht sogar ganz andere Wertpapiere?), die historisch die Wertentwicklung des Index abbilden.
    Wie ist eine solche Konstruktion zu bewerten? Besteht hierbei nicht das Risiko, dass es in Zeiten hoher Volatilität oder in Krisensituationen bei dem ETF zu einem, für den Anleger signifikanten Tracking Error kommen kann.
    Vielen Dank – Andreas C.

    Antworten
    • Guten Abend,

      Ja, genau. Beim optimierten Sampling handelt es sich um eine Art der physischen Nachbildung. Jedoch werden nur die repräsentativsten Titel gekauft (zumeist die Titel mit der höchsten Korrelation, der größten Gewichtung oder der höchsten Liquidität zum Index). Ziel ist die Geringhaltung der Transaktionskosten. Da es sich bei der Methode um eine Annäherung handelt, nimmt man tatsächlich in besonders volatilen Marktphasen kurzfristig einen etwas erhöhten Tracking Error in Kauf. Diese Abweichung sind meist sehr gering (wenige Basispunkte) und gleichen sich schnell an. Werden die Abweichungen zu groß, tauschen die ETF-Anbieter die gewählten Titel aus. Denn auch die ETF-Anbieter sind an einer geringen Abweichung zum Index interessiert, da sie daran gemessen werden.

      Beste Grüße und noch einen schönen Abend,
      Stefanie Hehn

      Antworten
  6. Sehr geehrte Frau Professor Hehn,
    vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag! Motiviert durch die Lektüre der Bücher von Herrn Prof. Walz habe ich Anfang des Jahres einen ETF-Sparplan gestartet. Durch die All-World-Zusammensetzung und die physische Replikation des besparten ETFs ist hoffentlich bereits eine brauchbare Risikodiversifizierung gegeben.
    Ich weiß zwar, dass ETFs Sondervermögen sind, stelle mir aber nach wie vor die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, mittelfristig noch einen zweiten ETF von einer anderen Gesellschaft zu besparen, um eine weitere Risikodiversifizierung zu erreichen. Wie ist denn Ihre Einschätzung hierzu?
    Besten Dank!

    Mit freundlichen Grüßen
    M. Baur

    Antworten
    • Sehr geehrter Herr Baur,

      ganz herzlichen Dank für Ihr Feedback. Zu Ihrer Frage: mit Ihrem ETF-Sparplan haben Sie bereits eine sehr gute Streuung und Risikoreduktion erreicht; zum einem durch den Cost-Average-Effekt (bei höheren Kursen erwerben Sie weniger und bei niedrigeren Kursen mehr Wertpapieranteile) und zum anderen über das breit gestreute Anlageuniversum Ihrer All-World-Zusammensetzung.

      Die Wertpapiere des ETFs liegen, wie Sie richtig schreiben, in einem separaten Sondervermögen, auf welches im Falle einer Insolvenz der Kapitalanlagegesellschaft niemand zugreifen kann. Dies ist reguliert und wird streng überwacht.

      Aus meiner Sicht ist eine weitere Diversifikation hinsichtlich der ETF-Anbieter nicht weiter erforderlich. Eher könnten Sie über eine weitere Diversifikation des Investitionsschwerpunktes nachdenken (z.B. Anleihen, Rohstoffe oder Währungen).

      Beste Grüße und weiterhin viel Erfolg mit Ihrer Kapitalanlage,
      Stefanie Hehn

      Antworten
  7. Ihr absolut lesenswerter Beitrag – danke dafür – fokussiert schon im Titel auf die Risiken von ETFs. Ich leite draus mal ab, dass Sie vor ETFs warnen wollen.
    Am Ende steht dann aber: „diese Risiken gelten für alle Fonds…“. Hm, was insoweit etwas verwirrend für mich ist: In welchen Punkten hab ich als privater Anleger denn irgend ein zusätzliches Risiko bei ETFs gegenüber den aktiven Fonds, die mir rund ein zehnfaches an Kosten in Rechnung stellen würden? Sollt ich diese (heftigen) Mehrkosten bei aktiv gemanagten Fonds in Kauf nehmen, um diese Risiken zu vermeiden? Was würden Sie als Expertin mit Ihrem eigenen Geld tun? Danke.

    Antworten
    • Vielen herzlichen Dank! Sie haben vollkommen recht mit Ihrer Anmerkung. Die Wertpapierleihe wird grundsätzlich sowohl bei aktiven wie auch bei passiven Fonds eingesetzt. Insofern gibt es bezogen auf die Leihe keinen nennenswerten Unterschied zwischen aktiven und passiven Fonds; auch wenn aktive Fonds meist nur einen geringeren Anteil ihres Portfolios in Leihgeschäfte einbringen. Bei (indexnachbildenden) ETFs würde man als Anleger jedoch vermutlich noch weniger mit Leihegeschäften rechnen, da man ja „nur einen Index“ nachbilden möchte.
      Die signifikant höheren Kosten bei aktiven Fonds (als Maßstab dient die Gesamtkostenquote) sind in dem aktiven Management (dem damit verbunden Research, der Titelauswahl und dadurch der Inanspruchnahme der Expertise des Fondsmanagements) begründet. In volatilen Marktphasen können aktive Fonds umschichten, um eine bessere Performance als der Markt zu erzielen. So können Fondsmanager bei aktivem Management bei fallenden Kursen eingreifen und gegensteuern.
      Demgegenüber bilden ETFs den Markt ab und versuchen die Wertdifferenz (sog. Tracking Difference) zum Vergleichsindex möglichst minimal zu halten. Sie benötigen dazu kein „aktives“ Management. Das ist zumeist effizienter und somit kostengünstiger.

      Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende,
      Stefanie Hehn

      Antworten
  8. super Artikel, hat mich sehr bereichert, hatte vorher von Leerverkäufen und Wertpapierleihe noch nix gehört
    worauf man nicht alles achten sollte…
    besten Dank, Vera

    Antworten
  9. Sehr geehrte Frau Professor,
    vorab schon vielen Dank für diesen tollen Überblick, der mir gerade angesichts krisenhafter Entwicklungen sehr nützlich erscheint.
    Nun jedoch eine Frage, die sich vielleicht ja viele Leser stellen. Wir wissen, dass unser Leben voller Risiken ist und wir auf Bananenschalen ausrutschen und uns das Genick brechen können. Jedoch können wir nicht alle Risiken vermeiden. Entscheidend erscheint mir die Wahrscheinlichkeit des Risiko und ich sehe nur selten Bananenschalen … Also kurz, wie groß beurteilen Sie denn mein Risiko, wenn ich einen gemanagten Fonds oder ETF mit Wertpapierleihe akzeptiere (es gibt ja auch welche, die das explizit ausschließen).
    Ist das Risiko von Bauspareinlage oder Zertifikat nicht ungleich höher? Oder anders gefragt: Sollt ich mir bei einem Anlagevolumen von einer halben Million lieber selbst ein Aktienportfolio zusammenstellen und Fonds umgehen, um das Risiko der Aktienleihe zu vermeiden?
    Ganz herzlichen Dank sehr geehrte Frau Professor
    Marc S.

    Antworten
    • Sehr geehrter Herr S.,

      herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung und für Ihre netten Worte. Was wäre schon ein Leben ganz ohne Bananenschalen? Mit Ihrer Analogie treffen Sie mitten ins Schwarze.

      Kluge finanzielle Entscheidungen bedürfen immer einem Abwägen von Chance und Risiko. Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie an einer langfristigen Geldanlage interessiert – was bereits eine sehr kluge Entscheidung ist (sowohl bezogen auf den Anlagehorizont als auch die Entscheidung, zu investieren anstelle das Geld unterm Kopfkissen zu bunkern und der Inflation auszusetzen).
      Eine optimale Anlagestrategie – das sagt uns schon die Portfoliotheorie – ist individuell und entscheidend abhängig von der persönlichen Risikoneigung, Ihrem Anlagehorizont, Ihrer Erfahrung aber auch von Ihren kurz-, mittel- und langfristigen Zielen. Diese gründet auf dem Zusammenspiel von Rendite, Sicherheit und Verfügbarkeit der investierten Gelder.
      Die Streuung ist dabei sehr wichtig und sinnvoll und damit aus meiner Erfahrung der Schlüssel zum Erfolg. Ich persönlich bin ein großer Befürworter von Fonds, ob aktiv oder passiv gemanagt, da wir Anleger über Fonds eine smarte Streuung sehr effizient erreichen können. Gleichzeitig minimieren Fonds den laufenden Aufwand, sämtliche Einzelpositionen ständig im Auge behalten zu müssen. ETFs haben aufgrund ihrer geringeren Kosten und der großen Transparenz im Vergleich zu aktiven Fonds die Nase vorn, wenn Sie den Markt oder einen Teilmarkt abbilden möchten, ohne eine starke Meinung zu Einzeltiteln zu haben. Unter Risikogesichtspunkten ist die Anlage in ETFs (es können und sollten ruhig mehrere sein) somit als weniger riskant einzustufen als etwa ein selbst zusammengestelltes Portfolio aus Aktien, Zertifikaten & Co..

      Ob Sie bei der Auswahl der ETFs Leihegeschäfte ganz ausschließen, obliegt ebenfalls Ihrer ganz persönlichen Risikoneigung bzw. Moralvorstellung. Bei größerem Anlagevolumen – Sie sprechen von einem Gesamtvolumen von 500.000 € – einer breiten Streuung gepaart mit einer cleveren Auswahl der ETFs, halte ich die Investition in ETFs mit Leihe als vertretbar. Möchten Sie jedoch das Risiko der Leihe gänzlich ausschließen, bietet der Markt auch eine Fülle an Leihe-freien Produkten an.

      Mir ist es ein Anliegen, den interessierten Anleger im Rahmen meines Gastbeitrages darauf aufmerksam zu machen, dass Leihegeschäfte in ETFs vorkommen können und Sie sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden können.

      Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrer Geldanlage und wünsche Ihnen alles Gute.

      Herzliche Grüße,
      Stefanie Hehn

      Antworten
  10. Was würde passieren, wenn der Wertpapier-Entleiher als Sicherheit Anleihen hinterlegt, die auf Euro lauten und der Euro bricht auseinander?
    Dass der Euro auseinanderbrechen könnte, wird auch von Prof. Walz mittlerweile als etwas im Bereich des Möglichen angesehen. Wenn es eine Währungsreform geben sollte wären die hinterlegten Sicherheiten plötzlich nur noch ein Bruchteil ihres ursprünglichen Nennbetrags wert. Wahrscheinlich würden die Aktienkurse in solch einem Szenario eher steigen als fallen, denn alle Anleger würden dann noch verzweifelter als bereits jetzt in Sachwerte fliehen; es wäre also davon auszugehen, dass der auf fallende Kurse spekulierende Entleiher sich dann verzockt hätte.

    Antworten
    • Lieber Herr Schmid,

      herzlichen Dank für Ihren interessanten Kommentar. Als ETF-Anleger partizipieren Sie in erster Linie an der Entwicklung der sich im ETF-Portfolio befindlichen Wertpapiere; also an der Wertentwicklung der Anleihen oder Aktien, die benötigt sind, den gewünschten Index nachzubilden. Käme es zu einer Situation, in der der Euro auseinanderfällt und eine Währungsreform im Euroraum notwendig werden würde – hierbei teile ich übrigens die Ansicht von Herrn Prof. Dr. Walz, das dies keinesfalls ausgeschlossen ist – beeinflusst dies in erster Linie die Performance der Wertpapiere, die das ETF unmittelbar im Portfolio hält. Wären diese Wertpapiere nun im Rahmen einer Wertpapierleihe verliehen und wären als Sicherheiten für die Leihe auf Euro denominierte Anleihen hinterlegt, könnte es natürlich sein, dass die Anleihen drastisch an Wert verlieren würden. Somit wären die Sicherheiten dann weniger wert.
      Welche Wertpapiere, d.h. welche Emittenten, welches Rating, welche Währungen, als Sicherheiten für die Leihe vom ETF-Anbieter akzeptiert werden, wird zwischen dem ETF-Anbieter und dem Entleihern sehr dezidiert verhandelt und individuell festgelegt. Zugleich wird meist vereinbart, dass die Sicherheiten nach spätestens zwei Bankarbeitstagen ausgetauscht werden müssen, sofern sie nicht mehr die vereinbarten Voraussetzungen, wie etwa ein gefordertes Mindestrating oder aber die geforderte Währung erfüllen. Da davon auszugehen ist, dass eine Währungsreform nicht über Nacht kommt, würde der ETF-Anbieter und der Entleiher miteinander vereinbaren, ob die Sicherheiten in der jeweiligen Währung noch akzeptabel sind, ein Sicherheitsaufschlag notwendig wird oder aber die Sicherheiten ausgetauscht werden müssen.
      Alles in allem, gehe ich davon aus, dass hinsichtlich der Wertpapierleihe und einem möglichen Wertverlust der hinterlegen Sicherheiten es in dem Szenario einer Euro-Währungsreform, für den ETF-Anleger zu keinem erhöhten Risiko kommen sollte. Verwerfungen wären eher bei der Gesamtperformance des ETFs zu erwarten.

      Nochmals herzlichen Dank für den von Ihnen aufgeworfenen spannenden Aspekt.

      Beste Grüße und alles Gute,
      Stefanie Hehn

      Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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