Dividendenzeit
Für Aktionäre ist im Frühjahr Erntedankfest

In diesen Wochen des Jahres ist für Aktionäre mal wieder Erntezeit, denn die meisten Unternehmen schütten in den Monaten April bis Juni ihre Dividenden aus.

In 2025 fällt die Ausschüttung der in 2024 erwirtschafteten Ernte erneut erfreulich üppig aus.

Ob ein neuer Dividendenrekord bei den DAX-Werten erreicht oder minimal verfehlt wird, steht noch nicht ganz fest. Aber beeindruckend ist sowohl die Höhe als auch die im Verhältnis zu den Aktienkursen geringe Schwankung der Dividenden allemal.

Allein die Werte von DAX®, MDAX® und SDAX® schütten aus den in 2024 erzielten Gewinnen im Frühjahr 2025 rund 62.500.000.000 (in Worten: 62,5 Milliarden!) Euro aus.

Davon entfallen auf die DAX-40-Werte bereits über 54 Mrd. Euro[1].

Weltweit wird ein neuer Ausschüttungs-Rekordwert von 1,83 Billionen US-$ erwartet. Und damit ein globales Dividendenwachstum von rund 5% gegenüber dem Vorjahreswert von ca. 1,75 Bio. US-$.

Grund genug, ein paar nützliche Überlegungen rund um Dividendeneinkünfte und Dividendenstrategien zu diskutieren.

 

Dividenden – ein paar technische Details vorab:
6 kurze Fragen – 6 kurze Antworten

1.     Wer legt die Dividendenhöhe fest?

In der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft beschließen die Aktionäre auf Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand der AG die Höhe der Dividende pro Aktie. Formal gesehen eine klare Sache – in der Realität ist die Dividendenhöhe jedoch meist stark „vorabgestimmt“, so dass der eigentliche Hauptversammlungsbeschluss zur Formsache wird.

2.     Wer ist dividendenberechtigt?

In Deutschland gilt: Wer die Aktie am Tag der Hauptversammlung bei Handelsschluss besitzt (also im Depot hat). Im Ausland können geringfügig abweichende Regeln gelten (meist aber nicht).

3.     Wann erfolgt die Trennung von Aktie und Dividendenanspruch?

Bereits am Tag nach der Hauptversammlung. Hier wird die Aktie mit dem Zusatz „ex. Div.“ oder „xD“ (also ohne Dividendenanspruch) notiert. Ab diesem sogenannten Ex-Tag wird die Aktie ohne die herausgerechnete Dividende gehandelt.[2]

4.     Wann ist der Anspruch auf die Dividende fällig?

Bei deutschen Aktiengesellschaften liegt der Fälligkeitstag am dritten Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung (§58 Abs.4 S.2 AktG). Bei ausländischen Aktien sind die Regelungen häufig abweichend[3].

5.     Wie ist die steuerliche Regelung bei inländischen Aktien?

Nach aktueller Rechtslage gehören Dividenden zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§20 Abs.1 Nr.1 EStG) und unterliegen der Kapitalertragsteuer (KESt). Somit werden, unabhängig vom persönlichen Grenzsteuersatz 25% plus Soli plus Kirchensteuer bereits von der depotführenden Bank einbehalten.

Der Sparerfreibetrag für Kapitalerträge (sog. Sparer-Pauschbetrag gemäß §20 Abs.9 EStG , für Singles 1.000 Euro, für zusammen veranlagte Ehegatten 2.000 Euro) kann der depotführenden Bank per Freistellungsauftrag mitgeteilt werden. Ist dies nicht erfolgt bzw. hat der Steuerpflichtige nur geringe Zugänge aus anderen Einkunftsarten und somit noch einen steuerlich nutzbaren Grundfreibetrag, kann die von der Bank automatisch abgeführte KESt im Rahmen der Steuererklärung zurückgeholt werden.

6.     Wie ist das bei ausländischen Aktien?

Was ist mit im Ausland einbehaltener Quellensteuer?

Grundsätzlich unterliegen ausländische Dividenden von inländischen Steuerpflichtigen exakt den oben beschriebenen Regelungen, denn die Steuerpflicht in Deutschland gilt grundsätzlich für das Welteinkommen. Ob und wie ausländische Quellensteuer angerechnet bzw. zurückgeholt werden kann, ist von Land zu Land sehr verschieden und hängt z.B. von bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen ab. Eine „schnelle Antwort“ kann es hier nicht geben.

 

Dividendenrendite verstehen und richtig interpretieren                  

Bei der Diskussion von Dividenden wird meist sofort mit der Dividendenrendite argumentiert. Sie errechnet sich aus aktueller Bruttodividende * 100 / aktuellen Aktienkurs des Unternehmens:

Einige Aktien bringen es auf eine Dividendenrendite von über 3%. Was sofort zu Vergleichen mit der Rendite von (Staats-)Anleihen führt, die in Niedrigzinsphasen schnell mal niedriger als die Dividendenrendite ist.

Jedoch ist die Dividendenrendite mit Vorsicht zu interpretieren.

Eine Steigerung kann sich nämlich sowohl durch höhere Dividendenzahlungen, als auch durch sinkende Kurse ergeben. Daher haben Aktien nach starken Kurseinbrüchen eine besonders hohe Dividendenrendite, was jedoch einen reinen „Nenner-Effekt“ darstellt.

Die Kurseinbrüche haben jedoch in der Regel „gute Gründe“. So zeigen sie vielleicht an, dass das Unternehmen in den kommenden Jahren nicht an die erfolgreiche Vergangenheit anknüpfen kann.

Der Fehler, Aktien nur nach der Dividendenrendite auszuwählen und damit die „Verlierer von morgen“ ins Portfolio zu kaufen, wird als Dividendenfalle bezeichnet.

 

Zusammenhang zwischen Dividendenrendite und Dividendenwachstum

Abgesehen vom obigen Fall einer hohen Dividendenrendite nach erlittenem Kursverfall lässt sich ein gegenläufiger Zusammenhang zwischen aktueller Dividendenrendite einerseits und erwartetem Dividendenwachstum bzw. Wachstum des Unternehmens andererseits beobachten.

Denn an den Börsen wird Zukunft gehandelt. Und wenn die Marktteilnehmer einem Unternehmen ein starkes Wachstum zutrauen, dann steigt der Kurs bereits in Erwartung dieses Wachstums.

Und dies führt wieder zu dem oben erklärten Nenner-Effekt, nur eben in umgekehrter Weise.

Das heißt, in der obigen Formel wird der Nenner größer (Aktienkurs steigt) – allein dadurch sinkt die Rendite. Je höher das vom Markt erwartete Dividendenwachstum einer Aktie ist, desto geringer wird die aktuelle Dividendenrendite sein.  Lesen Sie auch den Blogbeitrag: Der Kuchen wird nicht größer, wenn man ihn anders schneidet.

 

Dividendenhistorie, Dividendenkontinuität

Folglich sollte die Dividendenrendite niemals isoliert interpretiert werden. Neben einem Blick auf die Kursentwicklung nutzt es, die Dividendenhistorie der Aktie zu betrachten:

• Wie zuverlässig wurden in der Vergangenheit Dividenden bezahlt?
• Gab es in den letzten Jahren Steigerungen der Dividende (pro Aktie und als Gesamtvolumen)?
• Wie hat sich das Gesamtvolumen der Ausschüttungen im Verhältnis zur Dividendenhöhe pro Aktie entwickelt?
• Wurde z.B. durch Rückkauf von Aktien am Markt die Anzahl der dividendenberechtigten Aktien vermindert?

 

Ausschüttungsquote und Kurs-Gewinn-Verhältnis            

Von dem im Vorjahr erwirtschafteten Gewinn schütten Aktiengesellschaften im Durchschnitt nur ein gutes Drittel (so rund 36 – 40%) als Dividende aus. Es gibt starke Abweichungen in beide Richtungen.

So gibt es Wachstumswerte, die über Jahre hinweg überhaupt keine Dividendenzahlungen leisten. Sondern ihren Aktionären erfolgreich kommunizieren, dass es für diese das Beste sei, ihr Geld im Unternehmen zu belassen, um weiteres Wachstum finanzieren zu können.

Und es gibt das krasse Gegenbeispiel von Unternehmen, die mehr als 100% des Vorjahresgewinns ausschütten und die Differenz aus der Unternehmenssubstanz bereitstellen. Letzteres funktioniert natürlich nicht auf Dauer, sondern kann nur ausnahmsweise erfolgen.

Die sehr unterschiedliche Ausschüttungspolitik von Unternehmen macht die einfache Kennziffer „Ausschüttungsquote“ sichtbar. Sie gibt an, welcher Prozentwert des jeweiligen Vorjahresgewinns als Dividendensumme ausgeschüttet wurde – und kann beispielsweise als gleitender Mittelwert der letzten fünf oder zehn Jahre berechnet werden.

Regel: Je höher die Ausschüttungsquote bei gegebenem Gewinn und gegebenem Kursniveau, desto höher auch die Dividendenrendite.

Oder mit anderen Worten: Eine ordentliche Dividendenrendite ist umso mehr wert, je geringer die Ausschüttungsquote ist, bei der sie erbracht wurde.

Letztlich münden diese Überlegungen auch im Kurs-Gewinn-Verhältnis, welches ausdrückt, um welchen Faktor der Preis der Aktie höher ist, als der letzte bekannte Jahresgewinn pro Aktie. Also Formel:

 

Dividendenaristokraten

Als Dividendenaristokraten (auch Dividenden-Adel) werden Aktiengesellschaften bezeichnet, die sich durch langjährig mindestens stabile, meist jedoch sogar steigende Dividendenzahlungen ausgezeichnet haben.

Im strengen Sinne muss eine Dividendenhistorie von mindestens konstanten Zahlungen – ohne Ausfall bzw. Unterbrechung – über wenigstens 25 Jahre vorliegen, damit eine Aktie als Dividendenaristokrat bezeichnet wird. Aber nicht alle selbsternannten Experten sehen das so kritisch und der Begriff ist ja gesetzlich nicht geschützt… 😊

Als Beispiele für deutsche Dividendenaristokraten werden gerne Henkel, Allianz, SAP, Fresenius und MünchenerRück (MunicRe) genannt.

Auf der internationalen Aristokraten-Bühne stehen z.B. Procter&Gamble, CocaCola, ExxonMobil, Johnson&Johnson, McDonalds, Nestlé, Walmart und viele andere im Scheinwerferlicht.

Ein guter Teil der Dividendenaristokraten kann über einen längeren Zeitraum ein durchschnittliches Dividendenwachstum von 5 – 10% p.a. vorweisen. Auch nach Abzug der Inflationsrate ist das ein sehr stattliches Wachstum.

Bevor Sie sich jetzt aber fragwürdige Listen von Dividendenaristokraten aus noch fragwürdigeren Internetseiten herunterladen, möchte ich ein wenig Wasser in den Wein gießen:

1. Einzelbeispiele beweisen überhaupt nichts.
2. (Steigende) Historische Dividendenzahlungen sind vielleicht ein Indikator, jedoch keineswegs ein Garant für künftige Gewinne des Unternehmens. Gerade in einer Zeit der disruptiven Geschäftsmodelle durch Digitalisierung würde ich z.B. der Aktie von Walmart trotz toller Dividendenhistorie mit Vorsicht begegnen. Gleiches gilt beispielsweise für ExxonMobil (wie auch andere große Öl-Gesellschaften), da es gut sein kann, dass die Welt aus Klimaschutzgründen darauf verzichten muss, die verbliebenen Ölreserven zu nutzen, sondern diese lieber genau dort belässt, wo sie gerade lagern[4]…
3. Beeindruckende prozentuale Wachstumszahlen gelingen Unternehmen stets am besten, so lange sie noch klein sind (da ist er wieder, der „Nenner-Effekt“). Mit zunehmendem Alter und wachsendem Nenner, wird es bei den meisten Geschäftsmodellen immer schwieriger, die Wachstumsdynamik aufrecht zu erhalten. Auch diese Überlegung bremst – zu Recht – ein wenig die Euphorie hinsichtlich der Dividendenaristokraten.
4. Schließlich muss man die euphorischen Berichte über Dividendenaristokraten vor dem Hintergrund des „Survivorship Bias“ stark relativieren. In der Rückschau betrachten wir immer die historischen Sieger – also z.B. die Unternehmen, die erstens heute noch am Markt sind und zweitens sich sogar noch positiv entwickelt haben. Dividendenaristokraten sind ausnahmslos solche „Überlebenden“. Um eine korrekte Bewertung zu erhalten, müssten wir aber auch die Unternehmen einbeziehen, da man vor 20 oder 30 Jahren als Dividendenaristokraten bezeichnet hätte… die jedoch dann enttäuscht haben, ihre Dividende senken oder streichen mussten oder sogar ganz vom Markt verschwunden sind.[5]

 

Und was bedeutet das nun konkret für Sie?

• Dividenden sind zwar nicht „der neue Zins“, aber ein passives Einkommen aus Dividenden ist auf alle Fälle nicht zu verachten und kann – ganz nach dem Prinzip der Risikostreuung – ein Baustein Ihrer zusätzlichen Altersversorgung sein.
• Die Schwankungen der Dividendenzahlungen eines breit streuenden Aktien-ETFs sind regelmäßig viel geringer als die Kursschwankungen der Aktien selbst.
• Die Steigerungsraten der Dividendenzahlungen liegen mittel- und langfristig kräftig über den Inflationsraten, d.h. Sie profitieren bei Ihrer „privaten Aktienrente“ über die Zeit von Kaufkraftgewinnen statt unter den Kaufkraftverlusten der fixen Versicherungsrenten zu leiden.
• Interpretieren Sie die Dividendenrendite als Kennziffer zur Bewertung von Aktien mit Vorsicht. Sie sollte bestenfalls gemeinsam mit weiteren Kennziffern als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.
• Wählen Sie Aktien nicht lediglich unter dem Gesichtspunkt der Dividende aus. Erstens ist die Dividendenausschüttung nur ein Teil des Unternehmensgewinns (Ausschüttungsquote). Zweitens ist der langfristig gesamte Wertzuwachs – die sogenannte „Total Performance“ (Gesamtperformance) relevant.
• Der einseitige Fokus auf Dividendenrendite oder Ausschüttungen ist zudem eine Psychofalle. Wenn eine Aktie zwar wenig Dividende ausschüttet, dafür aber im Wert stark steigt, dann könnte man sich die „Ausschüttung“ ja auch selbst herbeiführen, indem man ein paar Aktien verkauft. Der verbleibende Depotwert wäre trotzdem stärker gestiegen, als bei einer dividendenstarken Aktie, die jedoch insgesamt eine schwächere Gesamtperformance liefert.
• Es ist überhaupt nicht einzusehen, für Fonds oder ETFs mit einer Spezialisierung auf Dividendenaktien höhere Gebühren zu bezahlen. Relevant bleibt einzig die Gesamtperformance der Aktien – ganz unabhängig von deren Ausschüttungspolitik und Dividendenrendite.

Nun wünsche ich Ihnen in den nächsten Wochen, dass Sie sich über ein „passives Zusatzeinkommen“ freuen können – und vielleicht sogar schon wissen, was Sie mit dem „warmen Regen“ anstellen werden.

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Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!

[1] Die exakte Zahl ist noch nicht ganz sicher, da die entsprechenden Hauptversammlungsbeschlüsse noch nicht feststehen, jedoch geht Destatis von 54,3 Mrd. Euro aus und liegt damit in der Mitte eines schmalen Korridors von 54,0 bis 54,6 Mrd. Euro.

[2] Einzelheiten zur missbräuchlichen Steuergestaltung durch sog. CumEx-Geschäfte und CumCum-Geschäfte erläutert die Bürgerbewegung Finanzwende unter den angegebenen Links.

[3] Insbesondere wird im Ausland häufig ein sogenannter „Ex-Tag“ definiert, also ein von der Hauptversammlung völlig unabhängiger Tag, ab dem die Aktie ohne Dividende notiert wird. Wissenswert ist außerdem, dass in vielen Ländern quartalsmäßige oder halbjährliche Dividendenausschüttungen üblich sind.

[4] Lesen Sie hierzu die spannenden Überlegungen zu Stranded Assets – also Vermögenswerten, die zwar nicht verloren sind, jedoch in Zukunft vielleicht nicht mehr genutzt werden dürfen und somit wertlos werden können im Blogbeitrag: Droht die CO2-Blase? – Stranded Assets.

[5] Lesen Sie dazu auch das Kapitel 4 „Der große Friedhof der stummen Zeugen“ im Buch „Einfach genial entscheiden – Die 60 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren Erfolg“.

Beitrag aktualisiert am 25. April 2025 – Vorgängerfassung vom 13. April 2018.

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