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Bitcoin und Kryptowährungen – ein Massensterben?

BITCOIN UND KRYPTOWÄHRUNGEN
Ein Massensterben?

Vor gut einem Jahr hat der Hartmut Walz Finanzblog aufgrund vieler Nachfragen und Wünsche sowohl den Bitcoin als auch Kryptowährungen generell analysiert. Das Ergebnis war sehr kritisch. Heute spricht…

 

… die Finanzpresse vom „Massensterben der Kryptowährungen“ und bezeichnet den Bitcoin als „Albtraum“. Zeit für einen sachlichen Blick auf die Entwicklung eines turbulenten Jahres. Und Zeit für die Frage, was man hieraus lernen kann.

 

Ein kurzer Blick zurück

Im Laufe des Jahres 2017 stieg der Kurs des Bitcoin (alle Angaben in diesem Beitrag leserfreundlich in Euro) zunächst konstant, dann exponentiell – bis er Mitte Dezember 2017 einen Durchschnittskurs von ca. 13.500 Euro erreichte.

Unglücksraben deckten sich zu Preisen bis 19.740 Euro pro Bitcoin ein. Zum Jahreswechsel 2017/2018 lag der Bitcoin-Kurs dann immer noch bei rund um 10.000 Euro. Um dann bereits im Laufe des Januars 2018 mit heftigen Schwankungen auf rund 8.000 Euro zu fallen.

Den Rest sehen Sie im nachstehenden Einjahres-Chart:

 

Bitcoin ist kein Einzelfall

Jedoch ist der Kursrückgang beim Bitcoin kein Einzelfall. Im Gegenteil ist es eher ein „milder“ Fall. Denn die Kursrückgänge vieler anderer Kryptowährungen waren noch stärker.

Die nachfolgende Tabelle zeigt ein paar ausgewählte Beispiele, der in meinem vorjährigen Blogbeitrag genannten Kryptowährungen:

 

 

Diversifikation über verschiedene Kryptowährungen war nutzlos

Ein Blick auf den kollektiven Niedergang der Kryptowährungen zeigt, dass der von vielen Finanzzeitschriften und Ratgebern im Internet gegebene Tipp, der Privatanleger solle über verschiedene Kryptowährungen diversifizieren, eine sehr schlechte Idee war.

Und die Menschen eher noch in scheinbarer Sicherheit (scheinbare Risikominderung) wog. Und damit die Investition in Kryptogeld noch beförderte.

 

Wie gewonnen so zerronnen

Im Ergebnis ist die Marktkapitalisierung aller handelbarer Kryptowährungen in Höhe von ca. 700 Milliarden Euro (Anfang 2018) binnen Jahresfrist um ca. 610 Milliarden Euro zurückgegangen.

Und beträgt aktuell nur noch rund 90 Milliarden Euro. Tendenz aktuell: weiter sinkend.

 

Bevorstehende Eiszeit bei den Kryptowährungen?

Marktinsider beobachten, dass von den über 2.100 unterschiedlichen Kryptowährungen der Euphorie-Phase noch ca. 300 am Markt aktiv sind. Das heißt: Nur bei diesen gibt es noch Kurse und regelmäßige Umsätze.

Und natürlich haben viele „Miner“ angesichts sinkender Kurse die Lust am Generieren neuer Währungseinheiten verloren. Und sparen sich… und der Umwelt… nun lieber die Stromkosten.

Kurz gesagt: eine negative Abwärtsspirale.

 

Ursachenanalyse: Kein schwarzer Schwan

Hinterfragt man die heute im Nachhinein genannten Ursachen für den kollektiven Kursverfall der Kryptowährungen, so ist die Antwort sehr unspektakulär.

Es gibt kein sogenanntes „Schwarzes-Schwan-Ereignis“, keinen spektakulären Zwischenfall, keinen überraschenden Totalzusammenbruch einer großen Kryptowährung und kein weltweites Verbot.

Ganz Im Gegenteil: Im letzten Jahr ist nichts wirklich Relevantes passiert, was nicht zuvor als Nachteil bzw. Risiko bekannt war.

Oder etwas unbescheiden, dafür aber deutlicher formuliert: Es ist nichts Schlimmes, was nicht in den beiden Finanzblogbeiträgen vom Januar 2018 bereits ausführlich beschrieben und erläutert wurde.

 

 

Ex-Post Erklärungen überzeugen nicht

Folgende drei Hauptursachen werden aktuell in den Medien für den kollektiven Rückgang der Kryptowährungen genannt:

  • Einige Länder hätten in 2018 eine strengere Regulierung von Kryptowährungen diskutiert.
    Diese wurden tatsächlich zwar diskutiert – aber nicht wirklich umgesetzt. Na ja, meines Erachtens ist das eher ein nachträglich eilig herangezogenes Scheinargument.
  • Es habe Betrugsfälle und Hackerangriffe auf Kryptowährungen und -börsen gegeben.
    In Wahrheit gab es diese aber auch schon vorher. Und die Ereignisse in 2018 waren weder neu noch spektakulär.
  • Die Erwartung, dass die hinter den meisten Kryptowährungen steckende Blockchain-Technologie zeitnah viele Anwendungen erschließen könne, habe sich nicht bewahrheitet.
    Dazu kann ich nur sagen, dass eine solche Erwartung von Anfang an völlig unrealistisch war, jedoch einseitig von denen befeuert wurde, die von der Anlegereuphorie für Kryptowährungen profitierten.

 

Und was bedeutet das nun konkret für Sie?

  • Die aus der Erfahrung mit anderen Mustern (Goldrausch, Tulpenkrise, Dot-Com-Bubble, etc.) resultierende Skepsis gegenüber dem schnellen Siegeszug der ersten Kryptowährungen hat sich gelohnt.
  • Es ist einfach normal und völlig natürlich, dass die „Säuglingssterblichkeit“ bei Innovationen hoch ist. Und je disruptiver die Technologie und je höher der Innovationsgrad, desto höher ist auch die Säuglingssterblichkeit.
  • Die „Lindy-Regel“ ist eine wertvolle Orientierung für derartige Marktsituationen und hilft uns im Kampf gegen die eigene Gier und überschwängliche Euphorie.
  • Wenn Sie mehr über die irrationale Höherbewertung von Neuem, und damit von scheinbaren Finanzinnovationen wissen möchten, dann lesen Sie bitte das Kapitel B 3 „Die Lindy-Regel“ in meinem Buch „Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen“. Oder den Blogbeitrag „Der Lindy-Effekt“.
  • Die Kernaussage der Lindy-Regel lautet, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit von Systemen und Organisationen umso höher ist, je länger diese bereits existieren.

  • Die Entwicklung des Marktes der ersten Generation von Kryptowährungen im Jahr 2018 rechtfertigt jedoch keinesfalls einen Abgesang auf das Konzept von Kryptowährungen allgemein.
  • Es ist sehr wahrscheinlich, dass Kryptowährungen der Generation 2.0 oder 3.0, welche die bekannten Schwachstellen von Bitcoin & Co überwunden haben, in Zukunft eine große Rolle spielen werden. Ganz nach dem Motto: „den ersten der Tod, den zweiten die Not und den dritten das Brot“.

 

Die optimistische Langfristperspektive wird durch zwei Argumente gestützt:

Erstens: die Problemlösungsfähigkeit der Blockchain-Technologie für viele wichtige Anwendungen (Smart-Contracts). Und mit wichtigen Anwendungen meine ich nicht die Bezahlung eines Biers in einer Berliner Szenekneipe.

Zweitens: die Verknüpfung von Kryptowährungen mit elektronischem Zentralbankengeld (digitalem Zentralbankgeld) oder die Begebung von Kryptowährungen durch Zentralbanken selbst.

Jedoch ist der Weg zur Marktreife solcher Konzepte noch unklar und seine Länge schwer abschätzbar.

 

Kurzfristig ist und bleibt der Kauf von Kryptowährungen daher eine reine Spekulation.

Wer noch weiter lesen möchte, dem sei Kapitel D 9 „Mehr als eine verrückte Spielerei? – Digitale Währungen“ in meinem Buch „Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen“ empfohlen.

Dort gehe ich intensiver auf die Blockchain- bzw. Distributed-Ledger-Technologie ein und beleuchte die Frage, ob sie das realistische Potenzial hat, das klassische Bankensystem nachhaltig zu verändern.

 

Und für alle, die es kurz mögen: Geldanlagen in digitale Währungen sind nach wie vor hoch spekulativ.

Und ansonsten gilt: Bitte diesen Blogbeitrag weiter empfehlen.

Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!

 

Erschienen am 15. Februar 2019.

Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.

 

4 Gedanken zu „Bitcoin und Kryptowährungen – ein Massensterben?“

  1. Hallo Herr Prof. Walz,

    „Kryptos“ werden im meinem Freundeskreis immer heißer diskutiert. Ich selbst überlege auch, ob ich einen kleinen Teil des Portfolios investieren soll.
    Aufgrund Ihrer Bücher und Ihres Blogs bin ich aber eher vorsichtig und würde höchstens den kleinen Zeh ins kalte Wasser stecken wollen.
    Bei meiner Recherche stieß ich nun auf das Thema ETN.
    Auf den ersten Blick eine unkomplizierte Möglichkeit zu investieren. Aber worum genau handelt es sich hierbei?
    Es sieht zwar aus wie ein ETF mit Sondervermögern und entsprechender Regulierung, scheint aber eher ein Zertifikat mit Emittentenrisiko zu sein.
    Können Sie mir weiterhelfen bzw. lohnt sich dafür vielleicht ein Blogbeitrag?

    Viele Grüße
    Matthias Hofmann

    Antworten
    • Lieber Matthias Hofmann, auch aktuell hat sich an meiner kritischen Haltung gegenüber den Kryptos nichts geändert – ganz im Gegenteil. Trotzdem habe ich gar nichts dagegen, wenn neugierige Mitmenschen ein wenig „Spielgeld“ dafür einsetzen – das ist exakt Ihr Zeh im kalten Wasser (tolles Bild 😉

      Jedoch sollten dies eher 2% als 5% des freien Finanzvermögens sein. Bei höheren Anteilen hätte ich Sorgen angesichts der vielen Kinderkrankheiten dieser noch sehr jungen exotischen Anlageklasse.

      Zu Ihrer Frage mit den ETNs – das sind Exchange Traded Notes – also ein Schwesterprodukt der ETFs. Großer Unterschied ist, dass Sie auf die Besicherung achten müssen, da Ihr Geld nicht – wie bei ETFs – in einem Sondervermögen separiert wurde. Auch die deutschen Anlagezertifikate gehören in die Gruppe der ETNs. Und bei Zertifikaten sind Sie voll im „Vehikelrisiko“ (schauen Sie mal hier: https://hartmutwalz.de/anlagezertifikate-dinge-die-keiner-braucht/). Das heißt, bei einer Insolvenz der Emittentin schauen Sie in die Röhre. Das war exakt der Fall bei der Lehman-Brother-Insolvenz.

      Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!

      Antworten
  2. Lieber Hartmut,

    vielen Dank für Deine professionelle Einschätzung zur Thematik bitcoin, etc. Ich lese immer gerne Deine block-Beiträge, die amüsant aber sehr profund sind – weiter so!

    Gruß
    Stephan

    Antworten
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Prof. Dr. Hartmut Walz
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