GASTBEITRAG DAVOR HORVAT, HONORAR-ANLAGEBERATER
Die Frage aller Fragen bei der Geldanlage – Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Einstieg?
Viele Anleger in meiner alltäglichen Praxis sind in der glücklichen Situation und verfügen gerade jetzt über einen größeren Geldbetrag. Ausgerechnet jetzt!
Jetzt, nach fast 10 Jahren steigender Aktienmärkte und einem Zinsniveau nahe null.
Doch die aktuellen Turbulenzen an den globalen Aktienmärkten verunsichern diese Anleger und die Frage nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt beschäftigt sie am allermeisten: „Jetzt ist es viel zu teuer, um einzusteigen. Zu dumm, dass ich das Geld nicht ein paar Jahre früher zur Verfügung hatte, denn dann wäre der Zeitpunkt viel besser gewesen. Jetzt zu investieren wäre absolut fahrlässig. Ich warte bis es besser wird.“
Mit solchen oder so ähnliche Gedankengängen konfrontieren mich Anleger, die einen größeren Geldbetrag in den Kapitalmarkt investieren möchten. Gut, dass es auch diejenigen gibt, die für das Alter vorsorgen und regemäßig über viele Jahre einen Sparplan bedienen. Sie müssen sich mit solcherlei Problemen keine Gedanken machen, denn der „Cost Average“ Effekt hilft und ist eine gute Lösung für das Problem.
Doch was machen die, die das große Luxusproblem haben und einen Batzen Geld anlegen möchten? Das Geld auf ein Festgeldkonto zu legen und abzuwarten, macht bei den Zinsen wenig Sinn – oder? In Schiffscontainer oder sonstige Kapitalanlagen des grauen Kapitalmarkts zu investieren endet oft mit dramatischen Folgen. Dann vielleicht doch besser am Kapitalmarkt investieren und zum richtigen Zeitpunkt wieder einsteigen – bevor die Börsenhausse wieder beginnt?
Eigentlich kann es ja gar nicht so schwer sein, den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden, um dann später bei hohen Kursen wieder auszusteigen. Hört sich doch strategisch sehr clever an, oder? Schließlich erspart man sich herbe Kursverluste und hat am Ende mehr Vermögen!
Warum Market Timing nicht funktioniert
Doch funktioniert das wirklich? Die Realität sieht nämlich ganz anders aus. Market Timing (der richtige Einstieg in den Markt) funktioniert nicht, auch wenn Fondsmanager und Vermögensverwalter suggerieren, sie wären dazu in der Lage. Schlimmer noch: Market Timing kostet nicht nur das Geld der Anleger, sondern belastet diese zudem auch noch emotional.
Wissenschaftler beweisen stets aufs Neue, dass Market Timing (die sogenannte Effizienzmarkthypothese) nicht funktioniert und weisen damit auf die Ergebnisse aktiver Fonds- und Vermögensverwalter hin.
Denn die lassen sich genau diese Eigenschaft als ihr Mehrwertversprechen teuer bezahlen. Ihre Wertentwicklung ist regelmäßig schlechter als die eines einfachen Vergleichsmaßstabs. Über einen Anlagehorizont von zehn Jahren konnten 83 Prozent der aktiv verwalteten Fonds, die in deutschen Aktien anlegen, den S&P Germany BMI nicht übertreffen, so ein Studienergebnis.
Noch schlechter sah es laut dem Indexanbieter für US-Fonds aus: Hier liegen sogar rund 98 Prozent der Produkte unter dem Vergleichsindex S&P 500.
Jede Market Timing Strategie hat im Betrachtungszeitraum gegenüber einer dauerhaften Investition Geld vernichtet.
Vielleicht sollte man es dann lieber als Anleger selber versuchen und seinem Bauchgefühl vertrauen? Machen Sie das nicht, denn Sie werden im Ergebnis folgende Erfahrung machen:
Sie werden gestresst sein. Sie werden am Ende weniger Vermögen haben und im Ergebnis wird Ihre Lebensqualität darunter leiden.
Hinzu kommt, wenn sich Anleger im Market Timing versuchen, dann werden sie nicht ständig investiert sein. Verpassen sie aber nur wenige erfolgreiche Börsentage innerhalb einer langen Anlageperiode, wird ihr Anlageergebnis empfindlich geschmälert.
Die nachfolgende Grafik zeigt, wie sich das Gesamtvermögen bei einer Anlagedauer von 1990-2017 entwickelt hat, wenn man bis zu 25 der besten Tage an der Börse verpasst hätte. Anlagebetrag von 100.000 $ für amerikanische Aktien (S&P 500).
Wenn also Market Timing nicht funktioniert, ist jeder Zeitpunkt so gut wie der nächste. Ob der Zeitpunkt gut oder schlecht war, zeigt sich erst im Nachhinein. Hierfür spricht, dass die Kapitalmärkte nicht zu prognostizieren sind und Bewegungen sehr konzentriert auftreten.
Somit bleibt als Handlungsempfehlung nur, das Vermögen entsprechend der persönlichen Risikoneigung zu investieren. Also ein Portfoliorisiko zu konstruieren, welches Anleger auch in schwierigen Marktphasen noch ruhig schlafen lässt.
Mit anderen Worten, das richtige Portfolio ist entscheidend und bestimmt über den Anlageerfolg und nicht der richtige Einstiegszeitpunkt.
Anleger sollten sich von dem Gedanken lösen, etwas kontrollieren zu wollen, was sie nicht kontrollieren können. Sie sollten stattdessen ihre Energie lieber in die Zusammenstellung eines optimalen Portfolios stecken. Denn das können sie beeinflussen.
Diejenigen, die mit der vorgeschlagenen Einstiegsstrategie gar nicht zurechtkommen, können den Betrag, den sie anlegen möchten, auf mehrere Zeitpunkte verteilen. Eine solche zeitliche Diversifikation, über mehrere Monate oder Jahre verteilt, hat das Ziel die Spitzen zu nivellieren, um einen attraktiven mittleren Kurs zu erhalten.
Diese Strategie bedeutet aber nicht nur, die Risiken fallender Kurse zu kompensieren, sondern kann ebenso bedeuten bei steigenden Kursen teurer einzukaufen. Zudem wird der Betrag, der noch nicht investiert worden ist, niedrig verzinst auf dem Konto liegen und meist entstehen auch noch zusätzliche Anlagekosten. Ob diese Strategie erfolgreicher ist, ist am Ende wiederum eine Frage des Zufalls.
Und Zufall ist sicherlich keine erfolgreiche Strategie.
Erschienen am 20. Juli 2018
Echt cooler Beitrag Hr. Horvat – hat mir sehr geholfen, meine Gedanken zu sortieren! Danke und viele Grüße Alex
Also mich überzeugt das überhaupt nicht. Wenn ich als studierter Finanzökonom den Markt nicht schlagen kann, dass sollte ich wohl meine Studiengebühr zurück verlangen. Und natürlich bezieh ich meine Daseinsberechtigung als Kundenberater auch aus der Fähigkeit dass ich Markettiming beherrsche und dieses Wissen mit meinen Kunden teile.
Und das soll nun alles nichts mehr wert sein??? Sorry Hr. Horvat, das überzeugt nicht
Sorry Sven B, aber mal wieder jemand, der sich anonym zu Wort meldet, Behauptungen aufstellt, die er nicht beweist. Wer Markttiming beherrscht (und nicht nur zufällig mal hin und wieder) wie Sie, dem gebnürt der Nobelpreis, der wurde aber u.a. dafür vergeben und die Statistiken belegen es, das so gut wie keiner es dauerhaft schafft und von denen die es schaffen sind es immer wechselnde. Evtl. sollten Sie Ihre Daseinsberechtigung in der richtung überlegen, die Marktrenditen dem Kunden zu liefern, dann wären alle glücklich und zufrieden. Es sei denn Sie treten den Gegenbeweis Ihrer anscheinend sehr erfolgreichen Beratung an. P.S. Wo kann ich den Studiengang, wie ich den Markt schlage, belegen 🙂
…dem ist nichts – aber auch gar nichts hinzuzufügen! 🙂
Mit Geduld und Disziplin gelangt man eben ans Ziel!!! Ich hoffe viele Kunden können durch diesen Artikel vor „Berater“-Fehlern bewahrt werden, den wer glaubt den Markt vorhersehen zu können, der irrt. Zudem kostet es (auch Rendite) getreu dem Motto: „Hin-und-her – macht Taschen leer“!
Vielen Dank für die treffenden Aussagen und den tollen Artikel!
Wie heißt es doch so schön: Wenn die Aktienquote zu dem Anlagehorizont passt, sollte man dann investieren wenn man das Geld hat und dann verfügen wenn man es braucht. Alles andere funktioniert kurzfristig ohnehin nicht und kurzfristige Geldanlagen funktionieren meist auch nicht :-). Sehr schöner Beitrag der hoffentlich dazu beiträgt, vertrauen in die Geldanlage zu gewinnen und strategisch zu denken statt taktisch.
Danke, sehr geehrter Herr Horvat,
das waren ja glasklare und mit Zahlen bestens fundierte Aussagen.
Ich habe vor allem gelernt, dass meine Gefühle bei diesem Thema ganz krass den Fakten widersprechen.
Und ich ständig Geld verliere, weil ich mich nach den Gefühlen statt den Fakten gerichtet habe.
So klar und deutlich habe ich das noch nie zuvor gesehen.
Dank Ihrer Hilfe auf dem Weg zum Anti-LeO!
Siegrid Schwarz