Goldmarie und Pechmarie
Warum (scheinbar) hohe Einstiegspreise Sie nicht vom Investieren abhalten sollten
In den letzten Wochen melden sich verstärkt Leser bei mir, die Geld zur Verfügung haben, welches sie langfristig nicht benötigen – das sie also am Kapitalmarkt investieren könnten. Sie wissen, dass sie es „eigentlich“ anlegen sollten, aber sie trauen sich einfach nicht, ihr Wissen in die Tat umzusetzen.
Wohlgemerkt, es geht hier nicht um riskante Zockereien mit einzelnen Aktien. sondern um maximal diversifizierende Vermögensanlage in günstige, prognosefreie Indexfonds oder ETFs. Also ganz nach den Erkenntnissen des wissenschaftlichen Investierens.
Was hält die Anlagewilligen vom Investieren ab?
Folgende Hinderungsgründe habe ich aus den Kontakten gesammelt:
- Die aktuelle Wirtschaftslage sei unsicher und unberechenbar.
- Die Kurse könnten gerade aktuell jederzeit einbrechen – sogar richtig heftig.
- Ein Börsencrash sei derzeit nicht ausgeschlossen.
- Das persönliche Bauchgefühl sei zurzeit einfach schlecht.
- Alles sei viel zu teuer! Das allgemeine Kursniveau sei „hoch“ bzw. „überhöht“ – alle bekannten Aktienindizes seien nahe am „All-Time-High“ und auch der Goldpreis und der Bitcoin seien ja nahe ihrer Höchst-Stände.
- Und der gleich mehrfach genannte „Knaller“:
Man habe mit dem Investieren kein „gutes Händchen“, also ein schlechtes „Börsen-Karma“ bzw. sei beim Anlegen ein „Loser-Typ“, eine echte Pechmarie.
Also Schlussfolgerung der Anlageunwilligen : Lieber mit dem Investieren abwarten – dann mache man nichts falsch. Im nächsten Crash, der ja sicher bald komme, werde man dann viel billiger einsteigen.
In der Tat gibt es viele (selbsternannte) Börsenexperten, die teuren Rat für den Tipp auf den „richtigen“ Einstiegszeitpunkt geben. Dies ist in der Fachsprache als „Market Timing“ bekannt. Oder noch besser: „Buy the Dip“ – also nach Kursrückgängen zu absoluten Tiefstständen kaufen.
Market Timing funktioniert nicht zuverlässig
Sie wissen bestimmt, dass Market Timing in Wahrheit nicht funktioniert. Es bringt lediglich ein paar Zufallsgewinner hervor, denen jedoch ungleich mehr Zufallsverlierer gegenüberstehen. Market Timing ist ein typisches „Loser´s Game“.
Lesen Sie bei Interesse hier nach:
An der Börse wird nicht geklingelt:
⏱️Teil 1: Der unerfüllte Traum vom Market Timing
⏱️Teil 2: Unsere besten und unsere schlechtesten Tage
Der überschätzte Unterschied
Aber wussten Sie eigentlich, wie gering der Unterschied in der langfristigen Performance ist, wenn Sie einerseits über Jahre hinweg das perfekte Market Timing schaffen würden und andererseits immer mit sicherem Griff die höchsten Einstiegskurse treffen würden?
Wenn Sie also die Rendite vergleichen zwischen einer
- Goldmarie, die immer zu den niedrigsten Einstiegskursen kauft und einer
- Pechmarie, die immer zu den höchsten Einstiegskursen kauft?
Wenn Sie in Ihrem Bekanntenkreis eine solche selbsternannte Pechmarie haben, geben Sie ihr unbedingt diesen Beitrag zu lesen 😊
Auch Pechmaries sollten investieren
Sowohl dauerhaftes Glück (perfektes Timing) als auch dauerhaftes Pech (Loser-Karma) sind extrem unwahrscheinlich bis unmöglich.
Trotzdem sollen diese Maximal-Annahmen im Folgenden getroffen werden, um zu zeigen, wie schwach sich maximales Glück bzw. maximales Pech selbst im Extremfall auswirken.
Die nachstehende vereinfachte Skizze verdeutlicht den Gedankengang, die spätere Berechnung[1] erfolgt dann mit Echtdaten des Deutschen Aktienindex DAX®.
Die Abbildung zeigt den angenommenen langfristigen Kursverlauf einer im Wert schwankenden (Sachwert-)Anlage (z.B. Einzelaktie[2], Aktienfonds, Gold usw.). Falls Ihnen der Chartverlauf insgesamt zu steil und damit zu optimistisch vorkommt, bedenken Sie bitte, dass sich das Kursniveau unter Schwankungen zwar von 17 auf 74 Euro erhöht – was einem Wachstumsfaktor von 4,35 entspricht. Über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg ergäbe dies jedoch lediglich eine Rendite von 7,6% p.a..
Wie bei Langfrist-Charts von Sachwerten üblich, ist der Trend positiv (die Charts verlaufen von links unten, nach rechts oben), jedoch eben unter schwächeren oder stärkeren Schwankungen. Der perfekte Timer (die Goldmarie) schafft es immer wieder, zu den Tiefstkursen der Betrachtungsperiode[3]. einzusteigen. Der Loser (die Pechmarie) kauft jeweils stets zum teuersten Kurs der Betrachtungsperiode (also z.B. eines Jahres).
Berechnung mit DAX®-Echtzahlen
Wie weit liegen nun Goldmarie und Pechmarie mit ihrem Anlageerfolg auseinander? Nachfolgend eine beispielhafte Betrachtung mit Überraschungseffekt auf Basis tatsächlicher Kursdaten des DAX®.
1. Beispiel – DAX®-Echtzahlen
Lassen Sie uns im ersten Beispiel annehmen, dass Goldmarie und Pechmarie in den letzten 20 Jahren (also von 2005 bis 2024) jeweils Jahr für Jahr 1.000 Euro – insgesamt also 20.000 Euro angelegt haben. In 2025 ruht die Anlage. Wir vergleichen die Endvermögenswerte und die erzielten Renditen der beiden zum Ende des ersten Halbjahres 2025, damit wir einen aktuellen Bezugspunkt haben. Beide investierten in den deutschen Leitindex DAX®.
Statistisch am wahrscheinlichsten wäre allerdings ein Normalo, der beim Kaufen mal Glück und mal Pech erlebte. Er hätte letztlich langfristig dicht am Durchschnittskurs des jeweiligen gesamten Börsenjahres gekauft. Also stellen wir neben den beiden Maries noch das Ergebnis des Normalos dar.
Hinzu kommen noch ein Sicherheitssparer, der sein Geld auf einem verzinslichen Konto anlegt sowie ein Kopfkissen-Sparer (Rendite 0%). Nun ist das Quintett komplett.
Kein Wunder, dass Goldmarie das höchste Endvermögen und die mit 10,43% p.a. höchste Rendite erzielte.
Überraschend ist jedoch, dass der Normalo immer noch eine jährliche Rendite von fast 9% p.a. auf sein eingesetztes Kapital erzielte.
Und selbst die Pechmarie mit 8,07% p.a. erreichte einen enormen Vorsprung gegenüber der „sicheren“ Geldanlage auf einem verzinslichen Konto.
Wobei der Durchschnittszins von 2% p.a. für das verzinsliche Konto schon sehr großzügig angenommen wurde – wahrscheinlich wäre eine geringere Renditeannahme sogar realistischer.
Die renditefreie „Kopfkissen-Anlage“ beschreibt die Situation von Menschen, die ihr Geld jederzeit verfügbar auf einem zinslosen Giro- oder Verrechnungskonto bereithalten – um es beim nächsten Crash zu investieren. Es entspricht zudem dem Kapitaleinsatz (20.000 Euro), der allen Säulen identisch zugrunde liegt.
2. Beispiel – DAX®-Echtzahlen
Im zweiten Beispiel verkürzen wir den Betrachtungszeitraum von 20 auf 10 Jahre. Nun geht das Quintett mit jeweils insgesamt 10.000 Euro ins Rennen. Goldmarie, Pechmarie und Normalo investieren ab 2015 jedes Jahr 1.000 Euro in den DAX®. Wieder vergleichen wir die Endvermögenswerte und die erzielten Renditen des Quintetts zum Ende des ersten Halbjahres 2025.
Die drei Renditen von Goldmarie, Pechmarie und Normalo liegen nun höher als im 1. Beispiel. Was ganz einfach daran liegt, dass der DAX®,, in den alle angelegt haben, in den letzten 10 Jahren trotz Corona und Ukraine-Krieg sich besonders gut entwickelte. Und zwar unabhängig davon, ob man nun Timing-Glück oder -Pech hatte.
Gleichzeitig wachsen auch die Renditeabstände zwischen den drei Sachvermögensanlagen. Doch auch hier hat selbst die Pechmarie mit 9,31% p.a. Rendite einen enormen Vorsprung gegenüber der „sicheren“ Geldanlage auf einem verzinslichen Konto mit 2% p.a..
Über die renditefreie „Kopfkissen-Anlage“ bzw. die Opportunitätskosten von Liquiditätspositionen, die zinslos auf den „günstigen Einstiegszeitpunkt“ warten, müssen wir gar nicht mehr sprechen.
Starke Schlussfolgerungen
Die errechneten Werte basieren nur auf zwei Beispielen. Jedoch sind diese typisch und nicht etwa die Ausnahme.
Eine Vielzahl anderer Simulationen mit abweichendem Start- und Endzeitpunkt sowie längeren Zeiträumen[4] kommt zu den gleichen Tendenzaussagen:
- Stets ist die Differenz zwischen Goldmarie und Pechmarie (also die Folgen von Glück und Pech) überraschend klein.
- Gleichzeitig ist der Abstand aller 3 Aktienanlagen zur 2%-igen Zinsanlage oder der renditefreien „Kopfkissen-Anlage“ überraschend groß. Dies zeigt die enorme Auswirkung der Eigenkapitalprämie = Equity Prämie.
Auch die Wahl anderer Aktien-Indizes ändert nichts an dieser Erkenntnis:
| Wer als seriöser Langfrist-Investor Market Timing betreibt oder auf günstige Einstiegkurse hofft, überschätzt die Auswirkungen des Einstiegspreises auf die Langfristrendite. Und unterschätzt die Nachteile des Abwartens (Cash-Drag, Opportunitätskosten und Gefahr des „Davonlaufens“ der Kurse). |
Kurz: Dabeisein ist alles!
Langfristiges Investieren über alle Marktphasen hinweg (auch Buy-and-Hold genannt) klingt primitiv, ist jedoch kaum bzw. nur mit extrem viel Glück und um den Preis hoher Risiken zu schlagen.
Zeit im Markt schlägt also Market Timing – oder viel eleganter auf Englisch:
Time in the market beats timing the market!
Und für die ganz Ängstlichen zum Abschluss noch mein Lieblingsspruch:
| Angesichts von Inflation und mageren Zinsen ist es langfristig weniger gefährlich, in Aktien (Sachwerten) investiert zu sein, als nicht in Aktien (Sachwerten) investiert zu sein. |
Beruhigend ist dabei auch, dass Kursschwankungen breit gestreuter Sachwerte kein Deep Risk sind – sondern nur Pillepalle. Lesen Sie hierzu den Blogbeitrag: Deep Risk: Diese 5 Risiken gefährden Ihre Langfristanlage und Vorsorge
📀 Also legen Sie los – gerne auch nur mit Teilbeträgen – die ersten Schritte sind die wichtigsten! 📀
Und was bedeutet das nun konkret für Sie?
- Bauchgefühle sind manchmal nützlich, manchmal aber auch schädlich.
- Wenn Sie aufgrund eines schlechten Bauchgefühls immer und immer wieder die Entscheidung für eine verantwortungsvolle Sachwertanlage hinausschieben, überschätzen Sie wahrscheinlich spektakuläre Risiken und unterschätzen Inflation und Opportunitätskosten der nur scheinbar sicheren Liquidität.
- Die Geschichte der Aktienmärkte (auch anderer Sachgütermärkte wie z.B. Gold) ist eine nicht enden wollende Folge von All-Time-Highs. Nach jedem Rücksetzer oder schlimmstenfalls Crash kam die Erholung und – früher oder später – das nächste All-Time-High.
- Bitte lassen Sie uns wegen des letzten Punktes nicht zu euphorisch werden. Denn ein Teil dieser Entwicklung liegt einfach an der Inflation, die beständig an der Kaufkraft unseres Geldes nagt. Und so treibt die Inflation – natürlich unter Schwankungen – auch die Aktienkurse (Sachwertkurse) nach oben, da Aktien wie auch Gold ja Sachwerte sind und ihre Preise langfristig mit-inflationieren.
- Für einen erfolgreichen Vermögensaufbau ist es wichtig, dass Sie überhaupt in Sachwerten investiert sind – und zwar am besten langfristig und ununterbrochen – über all die unvorhersehbaren Börsenzyklen und Preisschwankungen hinweg.
- Wenn es Ihnen schwerfällt, sich für Investieren in Sachwerte zu entscheiden, beginnen Sie einfach mit kleinen Beträgen und gönnen sich damit die ersten guten Erfahrungen. Wie bei so vielem gilt auch hier: Der erste Schritt ist der schwerste – jedoch auch der wichtigste.
Als Leser dieses Finanzblogs haben Sie die ersten Schritte sicher schon getan. Ich wette, dass Sie mehr als eine „Pechmarie mit negativem Börsen-Karma“ kennen, der sie diesen Blogbeitrag weiterleiten können 😊
Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!
Erschienen am 08. August 2025. – Mit einem herzlichen Dank an Vanessa Thiel (vanessasfotografie.de), die uns die wunderhübsche Interpretation von Goldmarie und Pechmarie überlassen hat. ❤️Sie macht übrigens auch ansonsten wundervolle Fotos, schauen Sie doch mal.
Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.
[1] An dieser Stelle einmal mehr einen herzlichen Dank an meinen klugen Freund und Wegbegleiter Stefan, – ich nenne ihn respektvoll Stefan EXCELKÖNIG – der akribisch die DAX®-Daten für uns anwendbar gemacht und eine Vielzahl von Berechnungen durchgeführt hat.
[2] Vom Erwerb von Einzelaktien rate ich grundsätzlich ab (Klumpenrisiko ohne Risikoprämie).
[3] Die Betrachtungsperiode kann jeweils ein Jahr sein, muss es aber nicht. Ebenso könnte eine halbjährliche oder vierteljährliche Betrachtungsperiode in Frage kommen.
[4] Die Wahl von kürzeren Zeiträumen ist unzweckmäßig und führt zu erratischen Zufallsergebnissen in beide Richtungen, da die Wirkung des „Rauschens“, also zufälliger Kursschwankungen im Verhältnis zum Langfristtrend zunimmt.



Ein überraschendes Ergebnis !
Dachte auch, die Unterschiede zwischen Glück- und Pechmarie seien größer.
Sehr geehrter Herr Prof. Walz,
wieder ein toller und anschaulicher Beitrag. Vielen Dank.
Die Prozentzahlen sind schon beeindruckend, womit ich auch beim Thema wäre.
Mich interessiert mal der Rechenweg zu diesen Prozentzahlen. Wird hier mit dem arithmetischen, den geometrischen oder einem anderen Mittel gerechnet? Es ist ja nur Mathematik und nichts geheimes oder geschütztes, deswegen wäre ein aufgezeigter Rechenweg mal sehr spannend für mich.
Lieber Dr. Thomas J., in der Tat ist das kein Geheimnis. Wir haben mit dem geometrischen Mittel gerechnet – alles andere empfänden wir als beschönigend, da es sich ja um einen längeren Betrachtungszeitraum handelt. Interessant ist vielleicht für Sie noch, dass wir mit EXCELs Hilfe die Rendite tatsächlich exakt auf den Zeitpunkt der Kapitalbindung beziehen können. Lediglich der sogenannte „Cash Drag“, also die Tatsache, dass die Mariechen das Geld ggfs. minderverzinslich oder zinslos bereithalten müssen, ist nicht berücksichtigt. Aber das ist absolut üblich und alles andere würde eine Vielzahl zusätzlicher Annahmen erfordern.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Sehr geehrter Herr Walz, Ihr Artikel verdeutlicht anschaulich die Bedeutung im Markt investiert zu sein und wie relativ unbedeutend der Investitionszeitpunkt im Vergleich dazu die Rendite beeinflusst
Überrascht hat mich, dass die Pechmarie eine höhere jährliche Rendite vereinnahmen konnte als die angegebene durchschnittliche Jahresrendite von 7,6%. Intuitiv hätte ich einen niedrigeren Wert erwartet.
Vielen Dank für Ihre Aufklärungsarbeit!
Liebe/r Quadratus, Ihre Überraschung im 2. Teil Ihres Kommentares kann ich auflösen: Im Beitrag schrieb ich: „Die nachstehende vereinfachte Skizze verdeutlicht den Gedankengang, die spätere Berechnung erfolgt dann mit Echtdaten des Deutschen Aktienindex DAX®.“ Erst kam also das Veranschaulichungsbeispiel mit fiktivem Datenverlauf (daher so schöne Kurven). Später folgten die tatsächlichen Echtdaten.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Lieber Prof. Walz,
für mich (und vermutlich auch andere) ist die Frage manchmal NICHT (1.), ob ich jährlich eine „kleine“ Summe lieber (1.a) festverzinslich anlege oder lieber (1.b) in ETFs;
stattdessen ist die Frage manchmal (2.), ob ich eine „große“ Summe lieber (2.a) auf einen Schlag in ETFs stecke (nicht wissend, ob es gerade ein Tiefpunkt, Hochpunkt oder Flanke ist) oder lieber (2.b) über ein paar Monate verteilt (per Sparplan) in den Markt „pumpe“ — in jedem Fall, um das Geld dann 20 Jahre lang „arbeiten“ (wachsen) zu lassen.
Haben Sie für diese Fragen auch eine Abschätzung, unter welchen Bedingungen & mit welcher Wahrscheinlichkeit das eine (2.a) oder das andere (2.b) klüger ist?
Herzliche Grüße,
„Jochen S. aus E.“
Lieber Jochen Schütze, danke für Ihren Kommentar und die Anerkennung. Zu Ihrer Frage habe ich in einem gesonderten Blogbeitrag dazu geschrieben – hier der Link:
In aller Kürze: Hier gibt es einen Konflikt zwischen wissenschaftlich abgesicherter Ratio und dem Bauchgefühl. Wenn Sie ein schlechtes GEfühl haben, einen höheren Betrag auf einen Schlag anzulegen und auf ein paar Monate verteilen wollen, kann ich das gut verstehen. Trotzdem kann „der Crash“ eben auch gerade nach der letzten Investitionsrate eintreten. Die Verteilung dient also nur dem guten Bauchgefühl.
Herzliche Grüße und viel Erfolg, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Moin Jochen,
durch die Differenz-Messung des aktuellen Preises zu mehreren Gleitenden Durchschnitten (zB 12/24/36/48 Monaten) in einem breiten Welt-Index (oder ETF) kann man feststellen, wo man aktuell im Vergleich zu der Historie steht.
Das teilt man in zB 20% tiefer als normal, 20% hoeher als normal und 60% normal ein.
Bei a) 20% tiefer als normal (zB im April’25, Ende’22, Mrz/Apr’20) kann man getrost mit der Masse der Anlagesumme (80-100%) kaufen
bei b) 20% hoeher als normal (zB Ende’21, Anf’22) geht man mit max. 20% der Anlagesumme rein und kauft nach Zeit- (zB alle 6 Mo) und/oder Kursstempel (bei minus 10-15% vom ersten Kaufkurs) mit den anderen 80% der Anlagesumme nach, bis in ca. 12-18 m alles investiert ist).
bei c) 60% dazwischen geht man mit 30% der Anlagesumme rein und kauft je nach Zeit- oder Kursstempel (was eben eher erreicht ist) die anderen 70% nach.
Ratio behind: Kurse bewegen sich in Wellen. In einer Uebertreibungsphase, weniger kaufen, in einer Untertreibungsphase mehr.
Welches Regime gerade herrscht, ist nicht unbekannt, sondern messbar anhand von Abstaenden des aktuellen Kurses zu mehreren GDs zB im MSCI ACWI.
Warum GDs und nicht feste Prozentwerte vom letzten Top o.ae.? Weil in den GDs alle Info drinsteckt, feste Prozentwerte sind zu starr und zu reaktiv auf seltene Events.
Warum Kurs- und/oder Zeit-Stempel? Weil man das Geld ja regelbasiert unterbringen will. Bleiben die Kurse eben laenger in einem normalen Korridor, muss man rein (mit einer Zeitregel). Mit dem Kursstempel (soundsoviel Prozent Kurseinbruch bezogen auf Erstkaufkurs) geht man auch regelbasiert rein, selbst wenn die zB 6 Monate zum letzten Kauf noch nicht verstrichen sind, aber sich eine Gelegenheit bildet.
Genauer steht das mehrmals bei finanzen-erklaert in den Kommentaren.
LG Joerg
Wow. So schön hats noch niemand mir erklärt. Dankeschön.
Lieber Norbert, oh, sehr gerne ☺️
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Hallo Joerg,
habe selten bisher so eine praktikable und pragmatische „Quasi-Anleitung“ zum regelbasierten sukzessiven Einstieg in den Markt mit einer größeren Einmalsumme gelesen, vielen Dank.
Wuerde gerne mehr Details dazu erfahren, auch in diesem oder ähnlichen Kontext.
Leider führte meine Recherche auf der oben erwähnten finanzen-erklaert.de web site zu keinen Ergebnissen.
Wäre toll, einen konkrete URL zu posten oder per PM zu mailen.
Vielen Dank im Voraus,
VG
–Reinhold
Moin Reinhold,
wenn es von allgemeinem Interesse ist, kannst Du – denke ich (oder Hr. Walz?) – direkt hier deine Detail-Fragen stellen.
Falls von nicht-oeffentlichem Interesse, kannst du mir gerne an diese Email schreiben:
cxwpxk11i@mozmail.com
LG Joerg
PS: Hr. Walz folgt der Idee, weil er nicht alle Links ueberpruefen kann, hier keine Detail-Links zuzulassen. Das ist OK (Hausrecht).
Lieber Herr Walz,
welch erkenntnisreicher Artikel, velen Dank! Man kann (und sollte) nicht nicht investieren 🙂
Viele Grüße
Qendrim Kashtanjeva
Lieber Qendrim Kashtanjeva, danke für Ihr Feedback! Mit der Schlussfolgerung haben Sie nicht unrecht – der von mir so geschätzte Paul Watzlawick würde sich ebenso freuen 😉
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Sehr geehrter Professor Walz
Ich möchte ihrer schönen Geschichte eine Weitere aus Luxemburg hinzufügen.
Der Pechvogel hatte Ende 2007 entschieden alle seine Ersparnisse von 100.000 anzulegen. So kaufte er Anfang Januar 2008 verschiedene ETF’s; für 37.500 MSCI World, für 10.000 Stoxx Europe 600 und für 2.500 einen Gold ETC. Den Rest von 50.000 plante er ohne Risiko kurzfristig zu einem Zinssatz von Euribor 3 Monate anzulegen. Nach einem Jahr, inmitten der grossen Finanzkrise war der Ärger gross, er hatte auf seinen ETF’s mehr als 35% verloren. Er versteckte den Ordner mit den Depotauszügen auf dem Dachboden und wollte nie mehr hineinschauen. Ab dann kümmerte er sich nur noch um seine Cash-Anlagen die er weiterhin zum Euribor Zinssatz anlegte. In den Jahren 2015 bis 2022 lag das Geld einfach nur auf einem Konto und es gelang ihm so die negativen Zinsen zu vermeiden. All die Jahre vermied er es, sich die Kontoauszüge anzusehen. Und da in Luxemburg die Erträge auf thesaurisierenden Fonds nicht besteuert werden, und es keine Vermögenssteuer gibt, gelang es ihm gut alle Daten zu ignorieren.
Anfang 2025, schaute er sich zum ersten Mal wieder die Depotauszüge an und staunte. Trotz aller Krisen (Finanzkrise, Eurokrise, Covid, Ukrainekrieg etc) hatten alle ETF’s beachtlich im Wert zugelegt. Der MSCI World ETF war um 363% gestiegen, der Stoxx Europe 600 war um 123% gestiegen und der Gold ETF war auch um 310% gestiegen. Das Cashdepot war dagegen nur um 18% gestiegen. Insgesamt war so sein Vermögen in diesen 17 Jahren um 165% gewachsen; fast 6% pro Jahr. Es gab zwar einige schlechte Jahre, wo sein gesamtes Vermögen Verluste machte; -15% in 2008, -4% in 2018 und -9% in 2022; aber meistens lief es gut.
Da er mitgekriegt hatte, dass während der letzten Jahre die Preise stark gestigen waren, wollte er jetzt auch noch wissen was er heute mit dem Geld anfangen könnte. Er besuchte die Internetseite der Zentralbank und fand heraus dass zwischen 2008 und 2024 die durchschnittliche Inflationsrate bei +/- 2,1% lag aber dass der durchschnittliche Zins der EZB nur 0,5% betrug. Er hatte für seine Cashanlage mit durchschnittlich 1% etwas mehr verdient, aber es hätte nicht gereicht die Inflation zu kompensieren. Mit dem Abzug von Steuern wäre es noch schlimmer gewesen.
Er war froh dass er sein Geld gut angelegt hatte und fühlte sich überhaupt nicht mehr als Pechvogel. Er brauchte das Geld aktuell nicht und so liess er alle Anlagen einfach so weiterlaufen. Und wenn er nicht gestorben ist, dann legt er weiterhin sein Vermögen so an.
😉
Liebe/r Cluade, was für eine märchenhafte Geschichte!
Die gute Nachricht vorab: Diese von Ihnen so bescheiden als „schöne Geschichte“ bezeichnet, ist so gut, dass ich sie gerne ungekürzt veröffentliche und Ihnen die Hälfe meiner Blog-Vergütung weiterreiche.
Die schlechte Nachricht: Die Hälfte von Null ist leider immer noch Null.
Ich hoffe, auch Sie freuen Sie über die emotionale Rendite 😉
Mit herzlichen Grüßen, noch immer lächelnd, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Herzlich
Hartmut Walz
Ein sehr wertvoller Beitrag. Vielen Dank.
Das geflügelte Wort Time in the market beat timing the markt trifft voll zu. Wer einen langen Anlagehorizont hat (für mich sind das mindestens 10 Jahre), der sollte breit diversifiziert in die Welt-AG investieren, und zwar sobald Geld zur Verfügung steht, das 10 oder mehr Jahre nicht benötigt wird.
So ist es! 😉
Sehr geehrter Herr Prof. Walz, dieser Argumentation ist nicht´s hinzuzufügen, bzw. ich schließe mich voll und ganz an. Danke für den Beitrag. Als „Mitglied“ der Baby Boomer kann ich aus eigener Erfahrung sagen, daß der geschilderte Weg, lansam anfangen, Erfahrungen sammeln und dann tiefer in die Materie einsteigen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führt. Besser, als ständig abwarten, ist es zu handeln. Es gibt auch Fallstricke: Selbstüberschätzung, zu schnelles Aufgeben, hören auf vermeintliche (provisionsgesteuerte) „Berater“ auch in Banken und Sparkassen (dort sitzen Verkäufer und keine Berater), Trading. Heutzutage kann jeder investieren, wenn er seine Hausaufgaben macht. Sie leisten mit Ihrem Blog dankbarerweise einen sehr guten Beitrag. Weiter so.
Danke! 😉
Lieber Herr Walz,
Wie immer – ein super Beitrag. Vielleicht hätte eine Grafik der Realrendite ein noch stärkeres Argument geliefert – nämlich dass der Kopfkissensparer, und wahrscheinlich auch der Sicherheitssparer real einen Kaufkraftverlust hinnehmen mussten, also Geld verloren haben… während Pechmarie, Normalo und Goldmarie ihr Vermögen langfristig (nach Inflation) vermehren konnten.
Liebe Grüße aus Wien,
Roger Berg
Lieber Roger Berg, vielen Dank für die Anerkennung. Ihr Vorschlag ist interessant und ich werde ihn in künftigen Beiträge gerne berücksichtigen.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Ich hatte Glück und im Coronacrash gekauft und gleichzeitig Pech, weil viel zu wenig…
Liebe Nadja, damit entspricht Ihre Erfahrung dem Normalo 😉 – also überhaupt nicht schlecht!
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein Leo!
Hallo Prof. Walz
zuerst großes Lob für Ihren sachlichen, informativen Blog!! Lese die Beiträge immer mit Vergnügen. (Bin über 30 Jahre an der Börse investiert)
Bei den Histogrammen ist die Höhe der Balken nicht proportional zur Zahl.
Vermutlich damit die Beschriftung hineinpasst? Wäre sonst noch anschaulicher.
Bitte nicht der Tagesschau nachmachen 😉
Lieber Manfred, danke für Ihren Verbesserungsvorschlag! Recht haben Sie. Ich passe die Darstellung gerne an.
Es ist doch eine Ehre, insoweit ein Vorbild für die Tagesschau zu sein 😉
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!