GOLD GLÄNZT
Physisches Gold als Inflations- und Krisenschutz? – Teil 1
Auch heute wieder ein Thema, das durch Anfragen von BlogleserInnen motiviert ist: Ist physisches Gold als Inflations- und Krisenschutz derzeit sinnvoll? Weitergehend: War es jemals sinnvoll? Erscheint es auch für die Zukunft sinnvoll?
Mit anderen Worten: Sollte man physisches Gold trotz der Ertraglosigkeit bei der Geldanlage berücksichtigen, um sich grundsätzlich gegen die Gefahr von Kaufkraftverlust und (Währungs-)Krisen zu schützen?
Vorab: Was versteht man unter einer Anlage in physisches Gold?
Der Anleger erwirbt hier das Edelmetall in Form von Barren, Münzen, Nuggets oder Goldstaub. Er nimmt es als Sachwert in seinen eigenen Besitz und hat damit im besten Wortsinne etwas Handfestes.
Das Thema „physisches Gold als Anlageklasse“ polarisiert seit vielen Jahren Privatanleger und auch deren Berater
Schon während meiner Banklehre lernte ich die umstrittene Anlegerweisheit und Empfehlung für Gold als Inflationsschutz kennen: „Die Inflation lehrt dem Goldpreis das Laufen.“ Die Botschaft dahinter: Es gibt keine bessere Anlageklasse zum Inflationsschutz als Gold.
Jedoch las ich auch die Gegenthese und Warnung vor Gold: „Gold macht keine Jungen.“. Hier lautet die Botschaft: Gold stellt zwar eine Sachanlage dar, die jedoch im Gegensatz zu Aktien, Immobilien oder bewirtschaftetem Ackerland oder Wald keinen intrinsischen Ertrag schafft. Kapital, das in Gold gebunden ist, sei eben „totes Kapital“ – schade darum.
Diese Kontroverse soll durch die nachfolgenden Überlegungen aufgelöst werden. Dabei helfen auch ein langfristiger Blick auf die Preisentwicklung von Gold und der Vergleich mit den entsprechenden Inflationsdaten.
Unterschiedliche Anlagemöglichkeiten für die Anlageklasse „Gold“
Die nachstehende Abbildung zeigt die wichtigsten Anlagemöglichkeiten eines Investments in Gold.
Während der Investor bei physischen Goldanlagen direkt in das Metall investiert, erwirbt er bei den Zwischenformen sowie virtuellen Goldanlagen sogenannte Investmentvehikel. Dies sind zum Beispiel Goldzertifikate, Fondsanteile, ETCs, ETFs auf Goldminenaktien sowie Aktien von Goldminengesellschaften.
Diese können zum einen über- oder unterproportional an Goldpreisveränderungen teilhaben. Zum anderen könnten die Vehikel selbst unterschiedliche Kosten und auch Risiken aufweisen, auf die im Rahmen dieses Blogbeitrages nicht eingegangen werden soll. Nur ein Beispiel: Ein Goldzertifikat von Lehman Brothers hätte seinen Zweck schon deswegen nicht erfüllt, weil die Bank als Emittent bankrottging und Zertifikate keinerlei Schutz gegen das Ausfallrisiko bieten. Das hat mit dem Risiko einer physischen Goldanlage überhaupt nichts mehr zu tun.
Im Folgenden wird daher lediglich der Fall einer physischen Goldanlage weiter verfolgt. Das entspricht auch am besten dem Gedanken des Inflations- und Krisenschutzes.
Eine vertiefte Erläuterung der verschiedenen virtuellen Formen der Goldanlage sowie möglichen Zwischenformen finden Sie im Kapitel D 3 „6.000 glänzende Jahre“ in meinem Buch „Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen“.
Physische und virtuelle Erscheinungsformen von Goldanlagen erkläre ich – passend gekleidet – hier:
Unbestrittene Vorteile einer Anlage in physisches Gold
Wer Geld in physisches Gold anlegt, schätzt meist eines oder mehrere der nachfolgenden Argumente.
- Physischer Goldbesitz führt nicht zu Verbindlichkeiten eines Dritten. Kein Dritter schuldet etwas, es kann folglich kein Ausfallrisiko oder Bonitätsrisiko geben.
- Physischer Goldbesitz ermöglicht einen Sparprozess (man könnte auch sagen eine Verschiebung von Kaufkraft in die Zukunft), ohne dass man das Bankensystem in Anspruch nehmen muss. Folglich ist der Anleger auch vor Problemen im Bankensystem sowie einem Zusammenbruch desselben in Hinblick auf diese Anlage geschützt.
- Die laufenden Kosten des physischen Goldbesitzes sind im Idealfall Null (z. B. bei privater Lagerung), ansonsten überschaubar (Safekosten) und vor allem transparent. Versteckte Kosten gibt es nicht. Vergleicht man die mit den auftretenden laufenden Kosten verschiedener Anlagevehikel (und zwar nicht nur Anlagevehikel auf Gold, sondern auch auf andere Anlageklassen), so ergibt sich schnell ein jährlicher Vorteil von 1,5 % bis 2,5 %. Die Kosten des An- und Verkaufs physischen Goldes belaufen sich auf i. d. R. jeweils unter 2,5 %, was zwar zu bedenken ist, sich jedoch bei längerer Haltedauer stark relativiert, da Einmalkosten.
- Steuerlich ist physisches Gold ebenfalls attraktiv, denn bei Überschreiten einer einjährigen Haltedauer unterliegen mögliche Gewinne nicht der KESt, sondern sind komplett steuerfrei. Bei Gewinnrealisation von unter einem Jahr kann eine Freigrenze von 600 Euro genutzt werden. Darüber unterliegt der physische Golderwerb in Deutschland aktuell nicht mehr der Mehrwertsteuer (im Gegensatz zum physischen Erwerb anderer Edelmetalle).
- Schließlich kann Gold bis zum Betrag von unter 10.000 Euro (bis 26.06.2017 waren es noch unter 15.000 Euro) pro Person und konkretem Kaufvorgang völlig legal anonym erworben werden. Auch grundehrliche und “brave” Menschen schätzen diese – abgesehen von exotischen Anlageklassen eigentlich letzte – Möglichkeit bei ihrer Vermögensanlage nicht völlig gläsern zu sein.
- Langfristig ist Gold nach Inflation Steuern und Kosten attraktiv.
Die hohe Rentabilität von physischem Goldbesitz erkläre ich hier:
Wie kommt es angesichts dieser enormen Vorteile nun aber trotzdem zu den äußerst unterschiedlichen Meinungen zu einer Anlage in physisches Gold? Vorab ein kurzer Überblick:
Die Gründe für extrem kontroverse Empfehlungen zu physischem Gold
- Eigeninteresse von Goldhändlern einerseits und Banken- und Sparkassen andererseits
- Unterschiedliche Währungsbasen als Bewertungsgrundlage
- Mangelnde Berücksichtigung von Inflation, d. h. Orientierung an nominellen anstatt realen Größen
- Unterschiedliche Ausgangszeitpunkte und unterschiedliche Bezugszeiträume
Die tiefergehende Analyse der kontroversen Empfehlungen zum physischen Goldbesitz und die Gegenüberstellung von Goldpreisentwicklung und Inflationsraten lesen Sie im zweiten Teil des Blogbeitrages.
Bis dahin schön neugierig bleiben 🙂
Und schon mal diesen ersten Teil weiterempfehlen.
Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!
Erschienen am 30. März 2018.
Link zum 2. Teil ergänzt am 17. August 2019.
Guten Tag Herr Prof. Walz,
jeder Goldanleger sollte folgendes beherzigen: Ein nicht unerheblicher Teil des Goldes auf dem Weltmarkt (ca. 20-30%) wird von “Kleinschürfern” unter Bedingungen hergestellt, die für die Natur verheerende Auswirkungen haben: bspw. mit viel Wasser(-Pumpen) wird der Urwaldboden aufgelöst, über Filter geleitet. Gesteins-/Goldbrocken werden in Quecksilber aufgelöst, dieses dann mit Lötlampen erhitzt (sodaß das Quecksilber verdunstet / das Gold übrig bleibt). Das Quecksilber schlägt sich in der Umgebung mit dem Tau nieder (=> Vergiftung von Wasser, Flüssen, Menschen; riesige Areale werden auf diese Art und Weise zerstört).
Ich habe allen meinen Freunden / Bekannten daher von der Geldanlage in Gold abgeraten, es sei denn der Verkäufer kann nachweisen,
aus welcher Quelle das Gold stammt. D.h. z.B. Gewinnung mit umweltfreundlichen/freundlicheren Verfahren sichergestellt…
Stellen Sie mal Ihrem Goldhändler diese Frage… Bitte berücksichtigen Sie bei Ihren Empfehlungen doch auch den Öko-Aspekt.
Gruß, Wolfgang K.
Lieber Wolfgang K., Ihre Überlegungen teile ich uneingeschränkt und gebe Ihnen völlig recht. Man sollte sowohl den Öko-Aspekt als auch den Gesichtspunkt der sozialen Verantwortung und menschlichen Arbeitsbedingungen berücksichtigen. Im Kapitel D.3 zum Thema Gold meines Buches “Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen” habe ich dies auch ausführlich getan. Jedoch hätte ich diesen Aspekt im Blogbeitrag nochmals aufgreifen sollen. Vielen lieben Dank für Ihre wertvolle Ergänzung.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!