Finanzfluss-Video als Dauerwerbesendung?
Steuerfokus soll Nettopolicen pushen
Dass der wichtigste Trieb der Deutschen der Steuerspar-Trieb ist, hat sich hinlänglich herumgesprochen.
Ebenso aber auch, dass eine Minimierung der Steuerlast nicht automatisch die Maximierung des investierten Vermögens bedeutet.
Denn es besteht das nicht unwesentliche Risiko, dass man im Bestreben, einen Euro Steuern zu sparen, gleich mehrere Euro an vermeidbaren Kosten und somit weniger Ertrag in Kauf nimmt.
Und am Ende steht manchmal sogar ein steueroptimierter Verlust. Zumindest für den Privatanleger.
Vielleicht profitieren ja aber andere – zum Beispiel der Vertrieb…
Warum macht Finanzfluss das?
Deshalb sollte man stets hellhörig werden, wenn mit Steuerspar-Argumenten hantiert wird. Das war ich bei einem Video von „Finanzfluss“, dem mit großem Abstand reichweitenstärksten Finanzausbilder im deutschsprachigen Raum.
Das fragwürdige[1] Video trägt den Titel „Nettopolice vs. Sparplan – mit ETF-Nettopolice Tausende € an Steuern sparen?“.
Allein mit diesem Titel ist der falsche Fokus schon gesetzt und der Steuer-Spar-Trieb der Community angefüttert.
Hier geht es zu meinem Reaction Video(bei Klick öffnet sich das Video auf meinem YouTube-Kanal)
Nervig: Steuern sparen mit Nettopolice versus ETF-Sparplan
Ich hatte ja gehofft, die nervige Diskussion „Steuervorteile durch Fondspolice“[2] mit Hilfe eines ausgewiesenen Fachexperten, nämlich Honorar-Finanzanlagenberater und Versicherungsberater Kevin Kronauer, nun endlich abhaken zu können.
Falls Sie die Inhalte nicht bereits kennen, finden Sie diese hier:
- den Gastbeitrag von Kevin Kronauer: Fondspolice oder ETF-Sparplan: Wie Vermittler:innen Fondspolicen schönrechnen – und welche Tricks Sie dabei kennen sollten. Also mit Fokus Steuern.
- das Video-Interview mit Kevin Kronauer: Fondspolice oder ETF-Sparplan? – Gehören ETFs in einen Versicherungsmantel? Also eine ganzheitliche Betrachtung.
Leider haben unsere Versachlichungen die Finfluencer-Aktivität in den sozialen Medien aber eher noch angeheizt. Die vielen „Tschaka-Tschaka“-Einklatscher mit eher primitiven Versprechungen ignorieren ich einfach.
Wenn jedoch der Sympathieträger Thomas Kehl von „Finanzfluss“ und „Überfluss“ Anfang Juni ein einschlägiges YouTube-Video zum Thema – und einem verzerrenden Steuer-Fokus herausbringt, dann ist das eine Analyse wert. Noch dazu, da hier eine Vertriebspartnerschaft (maiwerk) samt „Vergleichs“rechner beworben wird.
Frage: Ist das Video von Finanzfluss nun noch neutrale Finanzbildung? Oder gemeinsame Produktvermittlung?
Noch dazu, als der immer wieder beworbene Vergleichsrechner (Fondspolice vs. ETF-Sparplan) mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet.[3]
Sie sollten daher jetzt unbedingt weiterlesen, denn Sie werden keine Wiederholung von Argumenten zum Vergleich zwischen Fondspolice und ETF-Sparplan erleben, sondern ein spannendes Hinterfragen von Qualität und Ausgewogenheit einer viel geklickten – jedoch heiklen – Form von „Finanzaufklärung“.
Ist das Finanzfluss-Video neutrale Finanzbildung oder eine Dauerwerbesendung?
Hier geht es zu meinem Reaction Video(bei Klick öffnet sich das Video auf meinem YouTube-Kanal)
Entscheiden Sie nach dem „Genuss“ meines Reaction Videos am besten selbst, ob Sie die Finanzfluss-Information als ausgewogene und nützliche Finanzbildung empfinden. Oder ob Sie meinen, dass eine Einblendung „Dauerwerbesendung“ angebrachter wäre.
Das betreffende Finanzfluss– und mein Reaction Video
Wie in meinem Reaction Video angekündigt, gehe ich hier nur noch ergänzend auf einige Punkte ein, die ich im Video nicht in voller Tiefe darstellen konnte.
Sind die von Finanzfluss unterstellten Annahmen realistisch?
Zu der beeindruckenden, aber für den sich entscheidenden Privatanleger irrelevanten These von Finanzfluss:
„Wenn ihr keine weiteren Einkünfte habt, dann müsst ihr allein 1,2 Millionen in der Rentenversicherung drin haben, damit ihr euch steuerlich schlechter stellt als bei ETF-Sparplan“
(Screenshot aus dem Finanzfluss-Video)
Kritikpunkt: Es gibt wohl im realen Leben so gut wie keinen Menschen in Deutschland, der zwar Erträge aus einer Fondspolice erhält aber gleichzeitig überhaupt keine steuerpflichtigen Einkünfte hat.
Wie – neben vielen anderen Quellen – die Studie „Der Armutsnachteil“ von Finanzwende Recherche aktuell bestätigt, verfügt die ärmere Hälfte der Bevölkerung über ein Vermögen von durchschnittlich 6.000 Euro – bereits einschließlich Kfz.
Bei solchen Haushalten müssen wir ganz sicher keine Fondspolice suchen, da die ärmere Hälfte überhaupt keine Sparfähigkeit besitzt.
Fondspolicen-Besitzer gehören klar zu einer Bevölkerungsgruppe, die auch gleichzeitig ein höheres sonstiges Ruhestandseinkommen bezieht. Das ist in den meisten Fällen eine staatliche Rente (wenn auch diese vielleicht allein nicht auskömmlich ist), zusätzlich noch ggfs. Betriebsrenten und oder andere Einkünfte. All diese Einkünfte[4] werden nachgelagert besteuert.
Sie reduzieren also zumindest den Einkommensteuer-Grundfreibetrag von rund 12.000 Euro. So dass zusätzliche aus dem Halbeinkünfteverfahren resultierende tarifbesteuerte Zahlungen eben gerade nicht auf einen ungenutzten Grundfreibetrag treffen (Linie A).
Günstigenfalls trifft Linie B zu, bei Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen.
Linie C zeigt die Situation eines Durchschnittsrentners oder -pensionärs, vielleicht mit ein paar Zusatzeinkünften.
Häufig trifft die Steuerpflicht auf Gewinne aus Fondspolicen jedoch ehemals gutverdienende Rentner oder Pensionäre mit gehobenem Lebensstandard (Linie D).[5] Genau dieser Personenkreis ist nämlich die typische Zielgruppe von Fondspolicen.
Auch Selbständige werden sich bei ihrer Altersvorsorge meist nicht allein auf eine Fondspolice verlassen, sondern haben noch weitere tarifbesteuerte Einkünfte (z.B. aus vermieteten Immobilien)[6].
Ist die spektakuläre Aussage von Finanzfluss „steuerlicher Vorteil bis knapp 1,2 Millionen Euro Ertrag“ korrekt und relevant?
Hier die von mir rekonstruierte Rechnung, die zum im Video behaupteten steuerlichen Break Even bei 1.182.551 (also knapp 1,2 Mio.) Euro zwischen Fondspolice und ETF-Sparplan führt. (Alle Werte – wie von Finanzfluss angenommen ohne Kirschensteuer, äh, Kirchensteuer)
Korrekter Ausgangspunkt: Die Steuerbelastung aus ETF-Erträgen liegt (unter Berücksichtigung der Teilfreistellung von 30% bei Aktien-ETFs) konstant bei 18,46% (nämlich 70 % von 26,375%). Versteuert man nun 1.182.551 Euro mit 18,46% ergibt sich eine Steuerlast von 218.290 Euro für das ETF-Portfolio.
Zweiter korrekter Ausgangspunkt: Durch das Halbeinkünfteverfahren beträgt die Steuerquote von Erträgen aus der Fondspolice nur die Hälfte von 85% der Erträge (85%, da bei der Police nur 15% und nicht 30% Teilfreistellung anerkannt werden).
Korrekte Schlussfolgerung: Da das rein steuerliche „Patt“ also der Break Even der beiden Alternativen bei einer Steuerzahlung von 218.290 Euro vorliegt – wegen des Halbeinkünfteverfahrens aber nur 42,5% des Gewinns steuerpflichtig werden, müsste der tatsächliche Gewinn in der Police 218.290 Euro geteilt durch 42,5% betragen.
Oder kurz: 218.290 Euro / 0,425. Und das sind 513.644 Euro.
Um die Angabe von Finanzfluss zu prüfen, kann man nun anhand des amtlichen BMF-Rechners zu Einkommensteuerberechnung ersehen, welches zu versteuernde Einkommen zur Steuerlast von 513.644 Euro führt. Der gesuchte Wert beträgt 1.124.697 Euro (vgl. nachstehenden Screenshot).
Während Finanzfluss den Break Even mit 1.182.551 Euro angibt, ermittle ich lediglich 1.124.697 Euro. Die Differenz von 57.854 Euro stellt erneut das ETF-Depot zu schlecht dar.
Die Ursache für die Abweichung lässt sich weitgehend dadurch erklären, dass Finanzfluss den Solidaritätszuschlag bei der Besteuerung der Fondspolice nicht berücksichtigt hat, sondern sich nur an der Einkommensteuer ohne Soli orientierte (vgl. nachstehenden Screenshot).
1.124.697 Euro
1.182.551 Euro
Zwischenergebnis: Abgesehen von der Differenz wegen des Solidaritätszuschlags ist die Berechnung von Finanzfluss zwar korrekt. Jedoch kann man auch zahlenmäßig korrekte Ergebnisse falsch interpretieren.
Oder noch schlimmer: Zahlen errechnen, die überhaupt nicht relevant sind.
Ist die spektakuläre Aussage von Finanzfluss „steuerlicher Vorteil bis knapp 1,2 Mio. Euro“ für die Entscheidung Police oder Depot überhaupt relevant?
Kurze Antwort: Nein.
Die Berechnung ist eine „Nebelkerze“ und beeindruckt mit einer präzisen siebenstelligen Zahl und verstärkt erneut den Steuer-Fokus
Anstatt andere – für private Entscheider viel wichtigere – Aspekte zu diskutieren. Ich kann keinen Wert in dieser Rechnung erkennen. Außer, dass die Zuschauer von der großen Zahl beeindruckt und angefixt werden sollen.
Doch entscheidungsrelevant ist sie nicht.
Erstens bewegt sich kaum ein Versicherter in solchen Einkommensregionen. Zweitens kommt ja der Break Even zwischen den beiden Alternativen dadurch zustande, dass bei kleineren Policen-Gewinnen und folglich niedrigeren persönlichen Steuersätzen die Police einen Vorteil hat. Jedoch der Steuerpflichtige bei wirklich extrem hohen Volumina trotz Halbeinkünfteverfahren Grenzsteuerbelastungen trägt, die über dem Niveau der KESt liegt.
Und warum sollte ein kluger Gutgestellter sich den Vorteil des Halbeinkünfteverfahrens (bei kleineren Beträgen) durch einen Steuernachteil bei großen Beträgen wieder zunichtemachen, bis er den Break Even bei 1.124.697 Euro Millionen Ertrag (also wahrscheinlich knapp 2 Millionen Gesamtauszahlung aus der Police erreicht)?
Lassen Sie uns hierzu die im Video gezeigte nachstehende Darstellung mit traumhaft niedrigen Steuersätzen, die zwangläufig voll den Steuerspar-Trieb ansprechen, betrachten und den von mir errechneten Zahlen gegenüberstellen.
(markiertes Screenshot aus dem Finanzfluss-Video)
Mit den grün umrandeten Teilen der Abbildung bin ich einverstanden. Die Richtigkeit des roten Teils möchte ich jedoch bestreiten und ihr die nachstehende Tabelle entgegenhalten.
Die nachstehende Tabelle errechnet ergänzend zu den von Finanzfluss gezeigten Durchschnittsbelastungen die entscheidungsrelevanten Grenzsteuersätze. Dies alles der Vergleichbarkeit halber unter der von Finanzfluss getroffenen unrealistischen Annahme, dass keine sonstigen steuerpflichtigen Erträge vorliegen.
(1) Dieser Wert wurde von Finanzfluss wahrscheinlich gewählt, da bis zu dieser Einkommenshöhe aufgrund des Grundfreibetrags 2025 keinerlei Einkommensteuer anfällt (Annahme Finanzfluss: Keine sonstigen Einkünfte).
(2) Hier werden im BMF Rechner leider als Grenzbelastung konstant 42% (ohne Soli) ausgewiesen. Also habe ich nach Rücksprache mit dem BMF vereinfachend händisch 5,5% hinzugerechnet. Das BMF kennt das Problem und arbeitet daran.
Beispielhafte Erläuterung der Tabelle (gelbe Zeile):
Eine Anlegerin erzielt aus ihrer Fondspolice einen Gewinn von 50.000 Euro, von denen 42,5% steuerpflichtig sind – also 21.250 Euro.
Folglich bezahlt sie (ohne Kirchensteuer) 1.953 Euro ans Finanzamt, was einer durchschnittlichen Steuerbelastung von 9,19% entspricht.
Vereinfacht ausgedrückt: Würde die Anlegerin z.B. einen Euro mehr oder weniger Einkommen erzielen, so würde dies zu einer Veränderung ihrer Steuerbelastung in Höhe von ca. 25 Cent (also 0,25 Euro) führen.
Allein diese Veränderung ist relevant, da sich durch die Veränderung des Einkommens ja der steuerfreie Grundfreibetrag der Anlegerin i.H.v. ca. 12.000 Euro nicht verändert.
Da Finanzfluss als Nenner nicht das zu versteuernde Einkommen von 21.500 Euro, sondern den Gewinn i.H.v. 50.000 verwendet, ergibt sich – mathematisch korrekt, aber eben der Intuition schmeichelnd – ein Wert von nur noch 3,9%.
Weder die 9,19% noch die 3,9% sind jedoch in irgendeiner Weise relevant.
Entscheidend ist für die Anlegerin vielmehr die Grenzsteuerbelastung, die der offizielle BMF-Rechner ebenfalls zeigt.
Diese beträgt (ohne Kirchensteuer) 25,31% (vgl. obigen Screenshot). Auf den Ertrag der Fondspolice bezogen, reduziert sich der Grenzsteuersatz der Anlegerin auf 10,8%. Und liegt somit unter dem (oben errechneten) konstanten Steuersatz von 18,46% beim ETF-Depot. Bei diesem kleinen Gewinn erzielt die Beispiel-Anlegerin also einen ordentlichen Steuervorteil.
Die nachfolgenden Zeilen entsprechen der gleichen Logik. Daher nur noch kurz die Interpretation der verschiedenen Grenzsteuersätze der Fondspolice im Vergleich zu den konstanten 18,46% beim ETF-Depot.
Bei einem Gewinn von 100.000 Euro, also 42.500 Euro nach Halbeinkünfteverfahren liegt die Police rein steuerlich noch vorn (13,4% statt 18,46%).
Aber schon ab 200.000 Euro Gewinn, also nach Halbeinkünfteverfahren noch immer 85.000 Euro zu versteuernden Einkommen, wandelt sich der Steuervorteil wegen des progressiven Steuertarifs plus Wirksamwerden des Solidaritätszuschlags zu einem Nachteil (18,8% statt 18,46% der KESt).
Zusammengefasst: Die nicht sachgerechte Orientierung an der Durchschnittskostenbelastung täuscht darüber hinweg, dass Einmal-Zuflüsse hoher Gewinne aus Fondspolicen steuerlich überhaupt nicht vorteilhaft sind und der Kipp-Punkt der Vorteilhaftigkeit eben nicht beim Break-Even von 1,1 oder 1,2 Mio. Euro liegt, sondern bereits bei Policen-Gewinnen von unter 200.000 Euro!
Sicherlich ziehen Sie nach diesen Erläuterungen Ihre eigenen Schlussfolgerungen über die Einschätzung von Qualität und Neutralität des Finanzfluss-Videos.
Finanzfluss-Vergleichsrechner – typische Bananenstrategie?
Da der von Finanzfluss zur Verfügung gestellte Vergleichsrechner in den wenigen Tagen seit Aufnahme meines Reaction Videos bereits „verbessert“ wurde, ist hier Kürze angesagt.
Humorvoll nennt man das, was wir hier gerade erleben, eine Bananen-Strategie: das Produkt reift beim Kunden (besser gesagt: durch Mitwirkung, Kritik und Korrekturvorschläge von Kunden und Partnern).
Dafür danke ich insbesondere dem Verbraucherschützer und Finfluencer Thomas Beutler – Investiert in Wissen, der mit kritischen Rückfragen bei Finanzfluss ganz offensichtlich bereits (erste) Überarbeitungen und Verbesserungen des Rechners ausgelöst hat[7].
Ich nehme an, dass Finanzfluss gemeinsam mit seinem Vertriebspartner aufgrund der Kritik von Thomas Beutler und mir weitere Korrekturen und Klarstellungen am Vergleichsrechner vornehmen wird.
Wünschenswert wäre insbesondere eine Ausgangsdarstellung (Voreinstellung, Default Option) mit realistischen Daten, die nicht automatisch in eine bestimmte Richtung weisen.[8]
Aber auch ein korrigierter Vergleichsrechner bewirkt die Gefahr, dass die Informationskunden sich viel zu stark auf erhoffte Steuervorteile fokussieren lassen und andere Aspekte wie z.B. völlig unbefriedigende ETF-Auswahl von Policen-Anbietern nicht hinreichend berücksichtigen.
Und was bedeutet das nun konkret für Sie?
- Sie haben erkannt, dass man Zahlen nicht nur korrekt errechnen, sondern auch korrekt interpretieren Und dass nicht jede „schöne Zahl“ (niedriger prozentualer Steuersatz) überhaupt für Ihre Entscheidung relevant ist.
- Sie haben erkannt, dass der starke / einseitige Steuer-Fokus Ihren guten Anlage- und Vorsorgeentscheidungen im Weg steht. Und dass die große Gefahr besteht, dass Sie mit der Konzentration auf (steuerliche) Detailfragen den Blick aufs große Ganze verlieren.
- Sie haben erkannt, dass Sie für ein Rebalancing bzw. gewünschte Umstrukturierungen Ihres ETF-Depots keinesfalls Ihre Altbestände vollständig verkaufen und damit hohe steuerliche Gewinne realisieren müssen („Steuerevent“).
- Sie haben nämlich erkannt, dass Sie Korrekturen Ihres Portfolios oftmals einfach dadurch umsetzen, dass Sie Ihre künftigen Sparplan-Einzahlungen oder Neukäufe auf andere ETFs umstellen.
- Sie haben erkannt: Auch wenn Sie die Aktienquote Ihres ETF-Portfolios mit nahendem Renteneintritt senken wollen, müssen Sie nicht unbedingt Altbestände verkaufen, sondern stellen Ihre künftigen Sparplan-Einzahlungen oder Nachkäufe eben ganz oder teilweise auf Anleihen-ETFs
- Und Sie haben erkannt, dass das allseits gehypte, wilde, Hin-und-Her zwischen ETFs auch in der steuerneutralen Fondspolice nicht sinnvoll ist: Zocken bleibt auch in der Fondspolice ein Nullsummen-Spiel.
- Erkannt haben Sie auch, dass die ETF-Auswahl in der Fondspolice stark eingeschränkt ist (z.B. nur 22 ETFs) und Sie leistungsstarke Welt-ETFs bei vielen Versicherern überhaupt nicht in die Police legen können. Ihre ernüchternde Gesamterkenntnis ist also, dass von der großen steuerneutralen ETF-Freiheit bei Fondspolicen nicht viel übrig bleibt.
- Sie haben leider auch erkannt, dass es gar nicht einfach ist, korrekte und vollständige Informationen über entscheidungsrelevante Steuersätze zu erhalten. Es gibt keine amtlichen Steuertabellen. Und der offizielle BMF-Rechner berücksichtigt den Solidaritätszuschlag bei höheren Einkommen nicht bei den Angaben zum Grenzsteuersatz. Jedoch ist nur der Grenzsteuersatz für Ihre Entscheidungen relevant.
- Schließlich haben Sie erkannt, dass das Halbeinkünfteverfahren nur zum Tragen kommt, wenn die Bedingungen „12 Jahre Anlagedauer und Entnahme nicht vor dem 62. Lebensjahr“ erfüllt sind. Und dass diese Bedingungen aufgrund einer hohen Storno- bzw. Abriebquote (Expertenschätzung: rund 70% bei langlaufenden Verträgen) eben häufig nicht erfüllt sind.
👍Soweit die wichtigsten Punkte, die Sie sicherlich erkannt haben. 👍
Aber wir hoffen, dass auch Finanzfluss wertvolle Erkenntnisse aus meinem Reaction Video und diesem Blogbeitrag ziehen konnte.
Und Finanzfluss hat (hoffentlich) erkannt, dass wir und unsere Informationskunden die obigen kritischen Punkte erkannt haben und künftig noch sorgfältiger zwischen wirklich neutraler einerseits und durch Vertriebsinteressen andererseits beeinflusster Information unterscheiden werden. Aus dieser Erkenntnis wird Finanzfluss (hoffentlich) Konsequenzen ziehen und sein Informationsangebot entsprechend verbessern.
Vertrauen ist schnell verspielt. Bestimmt wird Finanzfluss neutrale Information von Vertriebsinteressen befreien und damit Vertrauen zurückgewinnen.
Das würde uns sehr freuen, denn wir lieben neutrale Finanzinformationen und möchten, dass Deutschland zu einem ehrlicheren und fairen Platz für private Anleger und Vorsorger wird.
Wir sind davon überzeugt, dass Finanzfluss das auch will. Und sich als reichweitenstärkster Anbieter von Finanzwissen in den sozialen Medien in Deutschland seiner Verantwortung gegenüber den Informationskunden bewusst ist. Damit all jene mündigen Selbstentscheider tatsächlich ausgewogene, von Vertriebsinteressen unbeeinflusste Informationen erhalten, ohne in eine Richtung gedrängt zu werden.
🤑Vertrieb, Werbung und Finanzmissbildung gibt es doch schon genug!🤑
[1] Frag-würdig bedeutet hier ganz respektvoll, dass das Video einer kritischen Hinterfragung würdig (also wert) ist.
[2] gerne auch in der Form der ETF-Nettopolice
[3] Und mit einem Geschäftsführer des Vertriebspartners maiwerk wird parallel in einem Podcast ein wohlwollendes Interview geführt, welches neben einer ausführlichen Selbstdarstellung des Vertriebspartners auch das Thema „ETF-Rentenversicherung gegenüber klassischem ETF-Sparplan für die Altersvorsorge“ erläutert.
[4] Mit Ausnahme von Kapitaleinkünften.
[5] Schon der sogenannte „Eckrentner“ überschreitet allein mit seiner gesetzlichen Rente den Grundfreibetrag
und unterliegt gemäß dem BMF-Rechner einem Grenzsteuersatz von rund 24%.
[6] Sonstige Kapitaleinkünfte sind hier explizit nicht gemeint, da diese ja mit der KESt pauschal besteuert werden.
[7] Wie gut, dass wir „sicherheitshalber“ die Ursprungsversion des Rechners und die damit erzeugten Ergebnisse gleich mal „gesichert“ haben.
[8] Nur ein konstruktiver Vorschlag: Man könnte die unrealistische Annahme „sonstiges Einkommen Null“ aufgeben und in das entsprechende Feld schon mal das zu versteuernde Einkommen des deutschen „Eckrentners“ eintragen.
Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!
Erschienen am 20. Juni 2025.
Der Hartmut Walz Finanzblog ist unabhängig, kosten- und werbefrei. Ich erhalte für Links und Empfehlungen keinerlei Honorar, Kick-back, Beteiligung o. ä.
Lieber Herr Prof. Dr. Walz!
Ich verfolge Ihre Arbeit aus Österreich und hier lobt sich ein Vermittler von Nettopolizzen (ja, so heißen Nettopolicen bei uns) für Kooperationen mit Kosumentenschützern, die solche Verträge durchaus befürworten:
– Verein für Konsumenten-Information (***Link vom Blogbetreiber entfernt***)
– Verbraucherschutz-Verein (***Link vom Blogbetreiber entfernt***)
– Arbeiterkammer (***Link vom Blogbetreiber entfernt***)
Kritisiert werden hauptsächlich provisionsbasierende Versicherungen; provisionsfreie Verträge werden hingegen klar befürwortet.
Ist das nicht ein Indikator dafür, dass Nettopolizzen nicht so schlecht sein können?
Vielen Dank für Ihre Arbeit!
Lieber Johann M., Sie schreiben aus Österreich. Daher sollten wir beide bedenken, dass die steuerlichen Regelungen von Fondspolicen in Österreich sehr unterschiedlich zu denen in Deutschland sind.
Als leider eines der wenigen Themen, in denen uns die gemeinsame Sprache gerne über grundlegende Unterschiede in der Bewertung von Produkten hinwegtäuschen könnte.
Leider verfüge ich nicht über ausreichende Kenntnisse zur Beurteilung von Fondspolicen für österreichische BürgerInnen. Jedoch gibt es eine Reihe von Quellen, die berichten, dass die Steuervorteile für Versicherte in Österreich erheblich günstiger seien als in Deutschland. Trotzdem bleiben Sie bitte vorsichtig und hellwach!
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Ist aber auch einfach eine absurde Gesetzgebung, die Depotanleger benachteiligt. Auch vor allem beim Thema internationale Fondsverschmelzungen bzw. Fondsumzüge.
Gerade Amundi hat genau das mit dem grenzüberschreitendem Umzug, auch großer MSCI-World-ETFs (der hatte ca. 6 Mrd. € Fondsvolumen), nach Irland, wieder auf den Tisch gebracht. Klar kann man sagen „nimmt man halt irländische Fonds“, da sie wohl *aktuell* die besten Bedingungen haben, aber auf 10, 20 Jahre gesehen ist das einfach eine absolut unnötige unterschiedliche Behandlung. Hoffentlich tut sich da was.
Liebe/r Stern, herzlichen Dank für Ihre Überlegungen.
Ich würde Ihnen ja so gerne widersprechen, wenn Sie nicht uneingeschränkt Recht hätten. Tröstlich ist lediglich, dass der von Ihnen zu Recht zitierte Amundi-Fall eine absolute Ausnahme darstellt und ansonsten Verschmelzungen fast immer bei jungen, kleinen oder „exotischen“ Fonds und zudem steuerneutral erfolgen.
Viele herzliche Grüße und weiterhin alles Gute für Sie, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
BFM … Buchstabendreher 🙂
VG Tino
Lieber Herr Walz,
das Thema treibt mich immer noch herum. Inzwischen ist mir noch ein weiterer massiv verzerrender Aspekt aufgefallen.
Die Vorbelegung mit 0€ Einkommen müsste korrekterweise auch für ETFs berücksichtigt werden. Dank Günstigerprüfung zahlt man auch auf Kapitalerträge weniger als 25% sondern den persönlichen Steuersatz.
Es ist also nicht nur eine generell fragwürdige Voreinstellung – sondern diese wird auch fehlerhaft nicht für die ETF-Steuern verwendet, denn sowohl die absurd lächerlichen 3,5×40% Umschichtung als auch der Verkauf würden dann analog Versicherung mit niedrigem, individuellem Steuersatz versteuert.
Die Fehler des Rechners kann ich mit mittlerweile nicht mehr mit Fehler oder Versehen schönreden.
Auch das verschiebt den Vergleich fehlerhafterweise in Richtung Versicherung.
Beste Grüße
Liebe/r JoE, danke für Ihren Hinweis, Sie haben recht.
Einer von vielen Mängeln. Und alle in die gleiche Richtung, nämlich pro Police… Schade!
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Sehr geehrter Herr Prof. Walz,
vielen Dank dafür, dass Sie die Dinge klargestellt haben! Ich denke zwar nicht, dass Finanzfluss hier mit Profitabsicht gehandelt hat, aber dennoch empfand ich das Video als fragwürdig. Daher möchte ich noch auf ein paar mehr Punkte aufmerksam machen.
Selbst wenn man den Zahlen von Finanzfluss glauben schenkte, hätte selbst im vorteilhaftesten Fall der Policen-Sparer lediglich 3% mehr Endvermögen nach als der Sparplan-Anleger. [€348.133 vs. €337.851, Szenario mit dem zweifachen kompletten Umschichten aus dem Finanzfluss Video, Minute 13:49.] Selbst an ruhigen Börsentagen können die Kurse von ETFs um mehr als das schwanken. Wenn der Sparplan-Anleger an einem anderen Tag als die Versicherung sein Depot auflöst – bspw. nur einen Tag zuvor oder später – könnte das Ergebnis also wieder anders ausfallen. Ich würde diese 3% Vorteil als statistisches Rauschen betrachten.
Diesen – selbst im besten Fall – mikroskopischen Vorteil erkauft man sich mit einem massiven Vehikelrisiko. Die Fondsanteile bei der Versicherung sind gerade kein Sondervermögen und im Insolvenzfall besteht gerade kein Aussonderungsanspruch. (Gerd Kommer hat dazu schon viel auf seinem Blog geschrieben, er verweist insbesondere auf §314 Versicherungsaufsichtsgesetz. Ich empfehle die Lektüre dieses kurzen Paragraphen, er ist ein echter Hammer.) Bei angepeilten Vertragslaufzeiten von über 30 Jahren sagt die aktuelle finanzielle Situation eines Versicherers leider überhaupt nichts über das zukünftige Risiko aus. Auch sehr große Akteure können unerwartet Pleite gehen, das Risiko ist ganz und gar nicht nur theoretischer Natur. (Caritas Pensionskasse, Credit Suisse, der Staat Griechenland, Lehman Brothers, AIG, um nur einige zu nennen.)
Ferner bleiben mehrere Steuergestaltungsmöglichkeiten des ETF-Sparers unerwähnt. Mir fällt dazu Tax Loss Harvesting ein, also das gezielte Realisieren von Verlusten in Börsenkrisen und sofortige zurückkaufen von Fondsanteilen. Dies füllt den Verlusttopf und wirkt steuerstundend, sofern das Depot nicht auf einen Schlag sondern peu-à-peu entspart wird.
Wer auf Teufel komm’ raus unbedingt keine Steuern zahlen will, der kann auch jederzeit sein Depot beleihen anstatt Anteile zu verkaufen. Bei den aktuellen Zinsen ist das wahrscheinlich sogar am günstigsten. Natürlich geht man damit ein zusätzliches Risiko ein. Aber ob dieses selbst bei kleinen Beleihungswerten höher ist als das Insolvenzrisiko eines Versicherers über 30 Jahre, muss jeder für sich selbst einschätzen.
Lieber Matthias Kirchhart, danke für Ihre wertvollen fachlichen Ergänzungen.
Finanzfluss hat zwischenzeitlich still und leise sowohl Rechner als auch das ursprüngliche Video punktuell nachgearbeitet – schon besser, aber noch nicht gut.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Der Gesamttenor unseres Videos war, dass Nettopolicen ein komplexes Thema sind, das individuell bewertet werden muss. Wir haben sowohl Vorteile als auch Nachteile benannt – insbesondere die eingeschränkte ETF-Auswahl und fehlende Flexibilität. Diese kritischen Punkte fehlen im Reaction-Video vollständig, wodurch fälschlich der Eindruck entsteht, wir hätten nur den Steuervorteil thematisiert. So entsteht ein einseitiges Bild, das unseren tatsächlichen Aussagen nicht gerecht wird.
Sie werfen uns Framing vor, betreiben aber selbst an mehreren Stellen genau das. Sie kritisieren unsere Aussage, dass Nettopolicen oft verschwiegen werden, und zeigen stattdessen Makler, die Bruttopolicen verkaufen. Unser Punkt war: Nettopolicen werden verschwiegen – im Gegensatz zu provisionsgetriebenen Bruttopolicen. Sie behaupten, wir würden nur Steuervorteile betonen, obwohl wir im Video klar sagen, dass Kosten und Steuervorteile gegeneinander abgewogen werden müssen. Mit den mehrfachen Einblendungen Ihrer „Dauerwerbesendung“-Thumbnails im Video suggerieren Sie unterschwellige Werbung, was tendenziös wirkt.
Sie unterstellen uns, wir würden die Unflexibilität einer Nettopolice als generellen Vorteil darstellen. Das ist so nicht korrekt – unsere Aussage im Video war: Eine Nettopolice kann sinnvoll sein, wenn man selbst die disziplinierende Wirkung als Vorteil empfindet. Genau diese Differenzierung treffen Sie auch in Ihrem eigenen Buch „Ihre Finanzen im Griff“ (2020). Dort schreiben Sie im Abschnitt „Sie entscheiden!“: „Wenn die oben genannten harten Fakten bei Ihnen für ein Investieren im Versicherungsmantel sprechen und Sie zudem ein Typ sind, dem die disziplinierende Wirkung einer Police hilft, kann ich Ihnen guten Gewissens zu einer leistungsfähigen Nettopolice raten.“
Außerdem erwähnen Sie, dass ETF-Nettopolicen nur wenige ETFs anbieten. Das erwähnen wir in unserem Video auch. Wir kommen also zum gleichen Schluss: Es handelt sich um eine individuelle Abwägung, bei der sowohl harte als auch weiche Faktoren berücksichtigt werden müssen. Genau das sagen wir auch im Video.
Ein weiterer Vorwurf bemängelt, dass unser Nettopolicen-Rechner durch voreingestellte Werte suggestiv ist und einige Vereinfachungen vornimmt. Wir nehmen bewusst einige Vereinfachungen vor und haben nicht den Anspruch, damit jede individuelle Lebenssituation auf den Euro genau auszurechnen, sondern möchten eine Veranschaulichung anbieten. Das heben wir im Text unter dem Rechner auch hervor. Wir haben versucht, den Spagat zu schaffen, dass der Rechner nicht zu komplex wird und qualitativ den Unterschied zwischen Nettopolice und ETF-Sparplan aufzeigt. Wenn Sie finden, dass wir das nicht geschafft haben, dann lassen Sie uns den Rechner doch gemeinsam verbessern.
Sie sagen, dass die Rechner in Kooperation mit einem externen Partner entstanden sei. Dafür gibt es keine Belege. Der Rechner wurde redaktionell von uns konzipiert und von unserem Tech-Team umgesetzt. In unserer Tech-Roadmap ist für dieses Jahr geplant, all unsere Rechner Open Source zu stellen und auf GitLab zur Verfügung zu stellen, damit unsere Community daran kollaborativ mitwirken kann. Dazu sind auch Sie herzlich eingeladen. Einige Kritikpunkte an unserem Rechner sind valide und werden wir auch umsetzen, um das Endprodukt besser zu machen.
Der Rentenfaktor wurde in unserem Video sehr wohl behandelt – inklusive konkreter Darstellung je Police im Screentutorial. Den garantierten Rentenfaktor als Maßstab für sicherheitsorientierte Anleger heranzuziehen, ist nicht nachvollziehbar. Wer bewusst auf eine ETF-Police setzt, verzichtet auch in der Ansparphase auf Garantien. Warum sollte man dann ausgerechnet in der Auszahlphase auf Sicherheit pochen?
Wir sind uns einig, dass die Nettopolice sehr komplex ist. Unser Ziel ist, ein komplexes Finanzprodukt transparenter zu machen und unserer Community zu ermöglichen, das Produkt eigenständig zu bewerten. Aber Komplexität allein darf kein Ausschlusskriterium sein. Sonst dürfte niemand in einen Swap-ETF investieren oder eine Immobilie finanzieren.
Dass Nettopolicen komplex sind, darin sind wir uns einig. Auch in vielen anderen Dingen sind wir uns einig. Und hoffentlich auch darin, dass Finanzausbilder sorgfältig zwischen wirklich neutraler Info einerseits und durch Vertriebsinteressen beeinflusster Information andererseits unterscheiden sollten. Denn der mündige Selbstentscheider ist hier sicher mittlerweile sensibilisiert.
Nettopolicen sind komplex. Komplexität muss kein Ausschlusskriterium sein. Aber sie darf nicht dazu führen, dass zentrale Punkte und Entscheidungskriterien untergehen. In meinem Reaction Video mache ich klar, wo die Gewichtung und der Fokus Ihres Videos in dem Sie zwei Produkte vergleichen, liegen. Nicht nur den Steuerfokus – der zuerst und immer wieder bespielt wird – sondern auch Flexibilität, Zielgruppen-Geeignetheit, die Notwendigkeit einer individuellen Abwägung usw. betrachte ich.
Auf Ihre Aussage, dass „Finanzberater … [Nettopolicen] bewusst verschweigen“ habe ich vielmehr gesagt, das ECHTE BERATER Nettopolicen nicht verschweigen.
Dass Thumbnails oft überspitzt dargestellt sind, wissen Sie mit Blick auf Ihre eigenen Thumbnails doch selbst. Das Wort „Dauerwerbesendung“ in meinem Thumbnail ist für einen echten Eye-Catcher doch ziemlich klein, oder.
„Weniger Flexibilität ist für dich ein Vorteil“. Das sagen und visualisieren Sie in Ihrem Video explizit. Da unterstelle ich nichts. Das hört und liest die Community.
Dass ETF-Nettopolicen nur wenige ETFs anbieten, steht für uns beide außer Frage.
Ihr V E R G L E I C H S R E C H N E R soll nur „eine Veranschaulichung anbieten“, wie Sie sagen. Er nehme, wie Sie sagen, „bewusst einige Vereinfachungen vor“ und habe „nicht den Anspruch, damit jede individuelle Lebenssituation auf den Euro genau auszurechnen“.
Ihr Vergleichsrechner beinhaltet jedoch bei jedem Ergebnis die Möglichkeit des Vertragsabschlusses. Ohne Beratung. Er soll also die Beratung ersetzen für ein langlaufendes Produkt (mindestens 12 Jahre, mindestens bis 62 Jahre) für Ihre zumeist junge Zielgruppe.
Wenn Ihr Vergleichsrechner also nicht nur „eine Veranschaulichung anbieten“ soll, sollte er tatsächlich geändert werden. Denn er ist m.E. selbst jetzt noch mangelhaft, wie auch andere Kommentare kritisieren. Zum Zeitpunkt der Produktion meines Reaction Videos waren die Mängel noch schwerwiegender und die Voreinstellungen noch manipulativer, wie Screenshots der damaligen Version belegen.
Allein wegen der Tatsache, dass Sie nun den Vergleichsrechner mit Ihrem Tech-Team verbessern wollen, hat sich mein Reaction Video für Ihre Community doch gelohnt.
Wäre es nicht eine Überlegung wert, den Vergleichsrechner bis dahin vom Netz zu nehmen?
Denn nicht auszudenken, was passiert, wenn Menschen, die aufgrund verzerrter Ergebnisse und falscher Informationen über Ihren Vertriebspartner einen Vertrag abschließen und diesen später widerrufen und ggfs. Schadenersatz einfordern wollen. Die Problematik der bereits vermittelten Verträge kommt hinzu.
Von einem Unternehmen Ihrer Ertragskraft, Größe und Mitarbeiterzahl hätten die Nutzer m.E. erwarten dürfen, dass Sie einen Vergleichsrechner erst ein wenig testen und die Realitätsnähe der Default-Einstellung prüfen, bevor sie Menschen mit einseitig verzerrten Ergebnissen ihrem Vertriebspartner maiwerk zuführen. Immerhin haben schon über 56.000 Zielpersonen diese einseitige Information geklickt.
Dass Sie mich als ehrenamtlichen Streiter für gute Finanzausbildung an der Korrektur Ihres Vergleichsrechners mitarbeiten lassen wollen, finde ich bemerkenswert. Aber Mitwirkung an einem Vertriebsrechner werde ich nicht leisten, sorry. Denn ich werde weiterhin in meinen Angeboten (YouTube, Finanzblog) unabhängig, kosten- und werbefrei und ohne Honorar, Kick-back, Beteiligung o.ä, tätig sein.
Beim Thema „garantierter Rentenfaktor“ geht Ihre Argumentation an der Problematik vorbei. Als Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des BdV weiß ich nur allzu gut, dass Sie hier Äpfel mit Birnen vergleichen. Das Risiko einer langfristigen breitgestreuten Anlage in Aktienmärkten ist etwas ganz anderes als das Risiko der Solvenz eines einzigen Versicherers.
Soweit zu dem was Sie schreiben. Nun noch zu dem, was Sie gerade nicht schreiben.
Dass die von Ihnen argumentativ ausführlich dargestellten Steuervorteile bei Vollumschichtungen des Depots an der Realität völlig vorbei gehen, haben Sie in Ihrem Kommentar „vergessen“.
Ebenso die kontrafaktische Annahme, dass die Anleger kein sonstiges steuerpflichtiges Einkommen hätten und damit den vollen Grundfreibetrag und niedrige Eingangssteuersätze nutzen könnten.
Gemeinsam mit Ihrer Community bin ich fachlich ehrlich interessiert daran, ob der neue Vergleichsrechner auf Basis von realistischen Annahmen ein Szenario findet, in dem die Nettopolice relativ vorteilhaft ist.
Sowohl Finanzfluss als auch ich bemühen sich um die Finanzbildung von Menschen. Es wäre schön, wenn monetäre Eigeninteressen dieses Ziel nicht ad absurdum führen.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Mein Problem mit Fond-Policen ist, dass sie ja keine zusätzliche Diversifizierung bieten. Stattdessen legt man sich die gleichen ETFs (oder noch schlimmere Anlagevehikel) in die Finanzvermögen, die man eh schon im klassischen Portfolio hat. Es ist halt ein noch komplizierteres Produkt, weil man ja „Fonds“ in einem Versicherungsmantel hat. Das wird ja immer teurer sein, als wenn nur die Fonds ins Portfolio packt, weil man da nicht für den Versicherungsmantel zahlt. Und dann hat man ja hier noch das Emittentenrisiko der Versicherung. Diverse Versicherung haben sich ja von ihren Lebensversicherungsportfolios getrennt. Wer weiß schon, ob die Fond-Police nicht irgendwann mal ein Fall für den Protektor wird. Lediglich eine klassische Annuität, die regelmäßig Geld auszahlt (auch wenn man sich vll mit 87 Jahren nicht mehr ums Portfolio kümmern kann), würde m.E. nach irgendwann neben Rente und Portfolio Sinn machen.
Liebe/r LG, danke für Ihre Überlegungen. Nur auf 2 Aspekte möchte ich eingehen:
1. Die von Ihnen bemängelte Diversifizierung sehe ich nicht als zwangsläufig an. Denn Sie können ja durchaus auf die in der Police enthaltenen ETFs Einfluss nehmen.
2. Zum Thema Emittentenrisiko: Der Sachverhalt ist leider sehr kompliziert. Ihre Wertpapiere liegen zwar in einem Sondervermögen – jedoch gehört dies der Versicherungsgesellschaft. Und nach herrschender Meinung hat der Versicherungsnehmer nur einen schuldrechtlichen Anspruch – also das Insolvenzrisiko. Jedoch ist diese Rechtsauffassung nicht ganz unumstritten. Eine endgültige Klärung steht m.E. aus.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Guten Abend Herr Walz,
ich habe mir beide Videos angesehen.
Überzeugt hat mich die Abriebquote und der Hinweis, dass mit 67 noch nicht Schluss mit dem Depot ist und die Karten danach neu gemischt werden müssten.
Beruhigend war die Erkenntnis, dass sich alle Welt die Zähne daran ausbeißt, die behaupteten Vorteile rechnerisch zu überprüfen. Ich dachte, dass ich einer der wenigen wäre, der das nicht kann.
Ist es jetzt Werbung gewesen? Eher ja. Ich hätte das Video jedoch ohne Ihren Blogbeitrag nicht geschaut.
FG
H.
Guten Tag Herr Walz,
mein erster Gedanke zu dem Thema:
Ist tatsächlich das Finanzfluss-Video der Skandal oder sollten wir uns nicht lieber darüber ereifern, dass in Deutschland (unabhängig davon welche Coleur gerade regiert) Altersvorsorge-Sparer mit absurd hohen Steuerbelastungen zuzüglich Soli am Aufbau einer angemessenen Altersvorsorge zielgerichtet behindert werden?
Das ist doch der Grund für diese verrückten Steuersparmodelle.
Das Video und Ihre Reaktion darauf werde ich mir mal anschauen. Mir wurde eine solche Police vor einem Jahr von einem Honorar- Rentenberater vorgestellt (sie schien – wenn ich mich recht erinnere – Vorteile in Bezug auf eine Hinterbliebenenrente zu bieten (geringere Anrechnung auf die eigene Rente als beim normalen Sparplan) Ich weiß es aber nicht mehr genau, für uns kam das Produkt nicht infrage).
Sehr interessant fand ich die Ergebnisse der Finanzwende-Studie. Was ich mich immer frage: Wie war es einfachen Haushalten in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts möglich, mit einem Gehalt ein Leben zu führen, dass heute i.d.R. Nur noch Akademikerfamilien mit zwei Gehältern hinbekommen? (Haus, PKW und Urlaub)
Was hat sich da verändert? (Zumindest ist das eine Beobachtung, die man für die ländlichen Regionen in NRW aufstellen kann)
Haben wir heute weniger Netto vom Brutto oder woran liegt das ?
VG
H.
Liebe/r H.,
das liegt daran, dass Ihre Annahmen nicht stimmen. „Einfache“ Haushalte haben in den 60er Jahren natürlich auch nicht im eigenen Haus gelebt. Die Wohneigentumsquote ist in Deutschland kontinuierlich gestiegen, so z.B. zwischen 1993 bis 2018 von 38,8 % auf 46,5 %. Siehe auch: Entwicklung der Wohneigentumsquoten in Deutschland seit 1950.
PKW wiederum haben auch so viele Haushalte wie nie (siehe „Die Deutschen haben immer mehr Autos“ – „Der Trend zum Zweit- und Drittwagen hält an“ von 2023).
Das Netto vom Brutto ist heute viel höher. Damals hatten wir 56% Steuersatz (heute 42%), 50% Vermögensabgabe („Lastenausgleich“) und Vermögensteuer, dazu noch höhere Beiträge für z.B. Arbeitslosenversicherung (da damals noch Arbeitslosenhilfe das ganze Leben orientiert am bisherigen Einkommen gezahlt wurde, statt nur Existenzminimum wie heute mit dem Bürgergeld). Wir sollten nicht vergessen, dass die CDU (Ahlener Programm) und die SPD (bis Godesberger Programm) zu Beginn der Bundesrepublik noch ein offen sozialistisches Umverteilungsprogramm vertreten haben. Mittlerweile sind alle Partei deutlich „neoliberaler“ unterwegs – siehe z.B. die große Steuersenkung durch rot/grün mit Senkung Spitzensteuersatz von 53% auf 42% und Senkung Eingangsteuersatz von 26% auf 15%. Nur die Mehrwertsteuer ist zwischenzeitlich gestiegen. Die Sozialabgaben sind konstant, verschieben sich aber z.B. von der Arbeitslosen- zur Krankenversicherung (siehe von der Universität Duisburg-Essen: „Entwicklung der Beitragssätze in den Zweigen der Sozialversicherung“ sowie „Durchschnittliche Abgabenbelastung der Bruttolöhne und -gehälter“; ausführlichere Daten gibt es etwa in der „Datensammlung zur Steuerpolitik“, zuletzt 2024 aktualisiert). Die Reallöhne sind auch kontinuierlich gestiegen, allerdings nicht so stark wie die Produktivität.
Der Grenzsteuersatz ist eigentlich nur dann interessant, wenn man mehrere Einkommensquellen bzw. Geldzuflüsse hat. Wenn im Auszahlungsjahr nur eine einzige Einnahme da ist, zählt eher der Durchschnittssteuersatz.
Und das ist kein Zeichen von Armut – ganz im Gegenteil: Es zeigt, dass man von den Erträgen seines Ersparten leben kann.
Deshalb macht es Sinn, das Ganze auf ETFs und eine Fondspolice aufzuteilen. Zum Beispiel so: Mit 62 pausiert man die ETF-Entnahmen und greift in dem Jahr nur auf die Fondspolice zurück.
Beispiel bei 100.000 € Ertrag… Steuern in absoluten Zahlen:
ETFs: ca. 18.460 €
Fondspolice: ca. 9.100 €
Liebe/r Alex, danke für Ihren Kommentar. Die Unterscheidung zwischen Grenzsteuersatz und Durchschnittssteuersatz wollte ich an dieser Stelle nicht zusätzlich problematisieren, da ich befürchtete, damit vom eigentlichen Thema abzulenken. Außerdem habe ich ja mit dem Verweis auf die Armutsstudie von Finanzwende Recherche darauf hingewiesen, dass Besitzer von Fondspolicen meist zu den vermögenderen Menschen mit mehreren steuerpflichtigen Einkuftsarten gehören. Auf legale und einfache Möglichkeiten zur Minderung der Steuerlast im ETF-Depot gehe ich demnächst in einem gesonderten Beitrag ein.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Das würde aber bedeuten, dass man in diesem Jahr kein Gehalt, keine Rente, keine Ersatzleistung beziehen würde und aus der GKV Pflichtversicherung rausfällt.
Damit wird auf die LV dann noch voller KV Beitrag fällig.
Es ist also nicht ganz so trivial.
Lieber Herr Walz,
once again – herzlichen Dank für ihre Arbeit.
Ein Video dass einen als Finanzfluss-Fan wirklich wütend macht.
Der Rechner mit den völlig weltfremden und verzerrenden Default-Werten lässt mich sprachlos zurück.
Die Links zum teuren neuen Finanzfluss-Partner sind markiert als Ref-Links.
Den reinen Abschluss von MeinPlan von LV1871 bekommt man bei ***Namensnennung vom Blogbetreiber entfernt*** für den halben Preis und aktuell sogar für nur 110€.
Und wir reden hier über die ausschließliche Vermittlung eines Vertrages mit Beratungsausschluss.
Für die Eröffnung eines Depots gibt es via Shoop aktuell gerade mal 25€ von Scalable oder 20€ vom Finanzfluss-Testsieger als Provision.
Ich fühle mich leider an den Finanzwesir erinnert, der irgendwann auch gemerkt hat, dass man mit finanzieller Bildung weniger Geld verdient als mit Provisionen. Das wäre im Fall von Finanzfluss wirklich schade. Ich hoffe inständig, dass Finanzfluss realisiert, was sie da gerade riskieren…
Liebe/r JoE, danke für das Teilen Ihrer Erfahrungen und das zusätzliche Wissen. Diese Zusammenhänge im Hintergrund, die natürlich die Interessenlage und Motivation der Player aufzeigen können, gilt es – finde ich – immer wieder darzustellen. Das ist für mich dann eine Art Meta-Finanzbildung, die mittlerweile stark mit der Ausbildung der eigenen Medienkompetenz verschränkt ist. Danke nochmal.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!
Ich habe 2019 eine günstige Nettopolice mit über 100 ETF zur Wahl abgeschlossen, die es so günstig nicht mehr am Markt gibt. Daneben habe ich ein normales Depot, in das der Grossteil der Sparbeträge fliesst. Der Vorteil der Police liegt für mich in 62/12 und der Möglichkeit von Teilentnahmen, weswegen bei mir das Endalter 85 eingestellt ist. Verrentung kommt nicht in Frage. Zwischen 62 und 67 will ich weniger arbeiten, aber aufgrund der hohen Abzüge im Versorgungswerk noch keine Bezüge in Anspruch nehmen. Insofern kann ich mir dann einen Midijob/ Teilzeit und jährliche Entnahmen gut vorstellen, dann passt auch der Grenzsteuersatz. Das Produkt ist komplex und eine Entnahme der Gesamtsumme auf einmal keine gute Idee. Ich bin da bei den Annahmen von Finanzfluss auch zusammengezuckt, da meine Planung immer Teilentnahmen – zu einem Zeitpunkt wo ich sonst keine hohen Einnahmen habe – vorgesehen hat. Und als gesetzlich Krankenversicherter sollte man bei Entnahme auch nicht freiwillig versichert sein, sonst zahlt man nach meiner Kenntnis auf seine gesamte Entnahme inklusive der Einzahlung noch Krankenkassenbeiträge auf 10 Jahre verteilt, die Gefahr gibt es beim ETF-Depot bisher auch nicht so. Das ist dann wie eine Einmalzahlung aus einer BAV.
Liebe/r Siri, danke für diese guten Überlegungen. Das klingt auf alle Fälle gut durchdacht – und nicht wie von jemandem nur mit dem Steuerargument „überredet“. Danke auch für den wichtigen Hinweis mit der KV!
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!