ES GIBT NICHTS UMSONST
Hüten Sie sich vor euphorischen Renditeversprechen, vermeintlichen Schnäppchen und kostenlosen Mittagessen
Beginnen wir mit dem scheinbar kostenlosen Mittagessen. Über viele Jahre hinweg gingen schlechtverdienende US-Amerikaner einem primitiven Trick auf den Leim.
Nach harter Arbeit gleichermaßen gelangweilt wie hungrig, fielen sie auf Werbeschilder von Restaurants herein, die eine kostenlose warme Mahlzeit („free lunch)“ versprachen. Die Mahlzeiten gab es auch wirklich. Jedoch wurden sie in absichtsvoll überheizten Saloons serviert. Und es waren stets fette und stark gesalzene Mahlzeiten.
Sie merken es bereits: Zu diesen Mahlzeiten brauchten die hungrigen Arbeiter mindestens einen, meist sogar mehrere Drinks, deren Preise ebenso „gesalzen“ waren, wie das „kostenlose“ Mahl.
Aus dem scheinbaren Gratisgericht wurde letztlich also ein teures Mittagessen– nix war mit einem „free lunch“.
Der spätere US-amerikanische Nobelpreisträger Eugene Fama hat im Jahr 1970 die Metapher der getäuschten Arbeiter genutzt, um uns Anlegern aufzuzeigen, dass scheinbare Übergewinne bei Geldanlagen eben auch nicht „gratis“ sind, sondern entweder durch höhere Risiken oder versteckte Kosten und andere Nachteile „bezahlt“ werden.
Das weltberühmt gewordene Zitat von Fama lautet im Original
Also sinngemäß: auf effizienten Kapitalmärkten bekommen Sie keine Überrendite, ohne dafür einen Preis (z. B. ein zusätzliches Risiko) zu zahlen.
Die zentrale These von Fama prägnant zusammengefasst lautet:
Übergewinne sind entweder das Ergebnis von
- Insiderinformation (das ist illegal),
- Schnelligkeitsvorteilen (das ist in der digitalen Welt für den Privatanleger kaum mehr machbar und selbst die „Flash-Boys“ (Ultra-High-Frequency-Trader, Hochfrequenzhändler) tun sich schwer oder
- schlicht Glück und Zufall. Das bedeutet, dass man zwar manchmal zu einem Übergewinn kommt, jedoch ein andermal mit einem Verlust „bezahlt“. Und die Transaktionskosten kommen noch obendrauf…
Famas Effizienzmarktthese wird – trotz Nobelpreis – von „Fachleuten“ und zwar meist von solchen, die ein eigenes finanzielles Interesse bei diesem Thema haben – bis heute bestritten. Das verwundert überhaupt nicht, wenn man bedenkt, wie viele Menschen (z. B. Analysten und Fondsmanager) davon leben, dass sie die Hoffnung auf Übergewinne – mit anderen Worten darauf „den Markt zu schlagen“ – nähren.
Dabei wird dann z. B. argumentiert, dass die Finanzmärkte keineswegs immer effizient seien, sondern zu Unter- und Übertreibungen neigen, die ein cleverer Marktteilnehmer – insbesondere natürlich ein Fondsmanager – sehr wohl zum Vorteil der investierenden Anleger ausnutzen könne.
Ohne in diesem Blogbeitrag zu sehr ins Detail zu gehen und Sie mit wissenschaftlichen Spitzfindigkeiten zu langweilen, darf ich im Ergebnis für Sie aber festhalten.
Fama hat in seinen Annahmen drei mögliche Abstufungen von informationseffizienten Märkten unterschieden (nämlich schwache, mittelstarke und starke Informationseffizienz) und seine Aussagen hierzu sehr wohl differenziert.
Er hält es durchaus für möglich, dass manche Finanzmärkte (oder bestimmte Marktsegmente) nur schwach informationseffizient sind. Fama akzeptiert durchaus, dass es Phasen von Kursübertreibungen bzw. -untertreibungen gibt und auch künftig geben wird.
Nur postuliert er, dass wir dies nicht systematisch nutzen und daraus zuverlässige Übergewinne ableiten können.
Dies einerseits nicht, da Transaktionskosten immer das Ergebnis nach unten ziehen. Und andererseits, weil es keine dauerhaften Muster gibt, nach denen wir die Entwicklung von Fehlbewertungen – also Über- oder Untertreibungen für die Zukunft voraussagen können.
Mit anderen Worten: Kaum haben wir die Spielregeln verstanden, so werden diese geändert.
Und was bedeutet das nun für Sie?
- Es lohnt sich für Sie regelmäßig nicht, – wenn man Wunder ausschließt – bei Anlagen nach einen „Schnäppchen“ zu jagen, also eine Überrendite erzielen zu wollen.
- Zwar kann es im Einzelfall schon klappen. Es funktioniert jedoch nicht dauerhaft und verlässlich sondern nur vereinzelt und erratisch.
- Seien Sie sich bei Berichten über vermeintliche Erfolgsmeldungen im Bekanntenkreis oder der Regenbogenpresse immer bewusst, dass „Anlegerlatein“ der große Bruder von Anglerlatein ist. Und außerdem: (Zufalls-)Gewinner protzen mit ihrem Erfolg, während die Verlierer schamvoll schweigen. Das war schon immer so.
- Bedenken Sie schließlich die „Kosten“ der Jagd nach Überrendite. Nicht nur die Spesen und Transaktionskosten. Sondern auch Ihre (Lebens)Zeit und Mühe.
Wenn Sie die – objektiv sinnlose – Suche nach Überrendite erst gar nicht versuchen, bleibt mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Sei es Yoga, Qualitätsfreizeit mit der Familie, die Verbesserung Ihres Golf-Handicaps oder sogar das Weiterleiten des Links zu diesen Blogbeitrag.
Alles Gute!
Herzliche Grüße
Hartmut Walz
Sei kein LeO!
Erschienen am 25. August 2017.
…. es ist doch völlig klar, dass die ganzen Berater und Experten zum aktiven Handeln und häufigen Umsichten raten.
Sonst wäre ja an der Börse echt wenig los und damit auch die Umsätze und die damit verbundenen Gebühren/Erträge entsprechend geringer.
Und wenn der (teure) Fondsmanager nicht versprechen würde, den Markt zu „schlagen“, könnte er ja gleich daheim bleiben.
Wenn man das mal verstanden hat, ist eigentlich alles klar – oder?
Ch. Baumgarten
Liebe/r Ch. Baumgarten, Sie sprechen einen fundamentalen Interessenkonflikt an. Die Finanzindustrie profitiert stets vom aktiven Handeln und von vielen Umschichtungen. Der private Anleger hingegen nur selten. Meist gilt “hin und her – Taschen leer”.
Herzliche Grüße, Hartmut Walz – Sei kein LeO!